Presseschau

NZZ am Sonntag vom 11.08.2019

Der Basler Ademi skort und läuft bis zum Krampf

Noch Minuten nach dem Schlusspfiff musste Kemal Ademi Luft holen. Das Spiel gegen Servette hatte den 195 Zentimeter grossen Stürmer des FC Basel derart ausgelaugt, dass er zusammen mit seinen Worten auch immer wieder ein Hecheln in die Mikrofone pustete. «Ich glaube, ich bin noch nie so viel gerannt», sagte der 23-Jährige. Er habe gegen Ende der Partie auch an Krämpfen gelitten, gab er offen zu.

Aber es hat sich gelohnt. Der FCB siegte 3:1 gegen den Aufsteiger und kann mit etwas Aufwind Richtung Osten reisen. Am Dienstag muss er in Linz ein 1:2 aus dem Hinspiel aufholen. Nur so bleibt der Traum von der Königsklasse am Leben, nur so kann er in die Play-offs vorstossen.

Ob das wirklich klappt, könnte auch mit der Form von Ademi zusammenhängen. Noch vor wenigen Monaten kämpfte er bei Xamax um einen Stammplatz und gegen den Abstieg. Er gewann beide Herausforderungen dank manch einem Tor, und kurz nach Saisonende wechselte er plötzlich vom Abstiegskandidaten zum Titelanwärter.

Dort hat Ademi wieder zwei Metamorphosen erlebt: Zuerst hiess es, er falle wegen einer Schulterverletzung wochenlang aus. Doch nur Tage später ist ­Ademi der Referenzstürmer im Kampf um die Spitzenposition in der Liga und um die Champions-League-Qualifikation. Am Donnerstag wurde bekannt, dass der Topskorer Albian Ajeti zu West Ham wechselt. Ricky van Wolfswinkel fällt mit einer Gehirnerschütterung aus und wird auch am Dienstag in Österreich fehlen.

Und so kann Ademi nun erzählen, wie es sich bei der Schulterverletzung um eine «positive Fehldiagnose» gehandelt habe, zum Glück für den FCB. Ademi war am Samstag in vielen Szenen involviert: Er provozierte das Eigentor Steve Rouillers zum 1:0 für den FCB, er schoss kurz vor der Pause das wichtige 2:1. Danach rannte er zu seinem Trainer. Er packte Marcel Koller mit beiden Händen am ergrauten Haupt und herzte den Coach. «Ich wollte mich entschuldigen», gab Ademi preis. Den Ausgleich der Genfer zum 1:1 hatte nämlich er mit einem Fehlpass eingeleitet.

Es waren Minuten, in denen die Partie und auch die Psyche in Hinblick auf das wichtige Europacup-Spiel hätten Schaden nehmen können. Denn Servettes Koro Koné verpasste beim Stand von 1:1 zweimal die Führung, und nach einem Gerangel hätte Taulant Xhaka durchaus Rot sehen können – der VAR war gnädig. Deshalb sagte Ademi zu Recht: «Ich bin so froh, dass wir gewonnen haben.» Sein Tor brachte den FC Basel auf die Siegesstrasse; es sei der Knackpunkt der Partie gewesen, befand auch der Servette-Trainer Alain Geiger. Basel hat in Ademi nicht die Explosivität Ajetis. Aber mindestens die gleiche Willenskraft.

Michele Coviello, Basel

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