Presseschau

Basler Zeitung vom 12.08.2019

Kemal Ademi, der Mentalitätsspieler

Der 23-Jährige erlebt beim 3:1-Sieg gegen Servette und vor dem Spiel in Linz das ganze Spektrumim Leben eines Stürmers.

Tilman Pauls

Vielleicht haben sie diese Variante im Training genau so einstudiert. Dass Valentin Stocker eben nicht zu Silvan Widmer spielt, der auf der rechten Seite plötzlich ganz viel Platz hatte. Dass sich Stocker stattdessen um die eigene Achse dreht, schiesst, den Pfosten trifft, damit der Ball genau auf die Stirn von Kemal Ademi springen kann und von dort ins Tor fliegt.

Viel wahrscheinlicher ist aber, dass beim Tor zum 2:1 gegen den Servette FC einfach eine ziemlich grosse Portion Zufall dabei war. Aber das war den Beteiligten im Anschluss natürlich völlig egal. Besonders Ademi, dem Torschützen. «Ich war einfach froh, dass ich meinen Fehlerwiedergutmachen konnte», sagte er.

Es spricht für Ademi, dass er sich auch nach dem Abpfiff und dem ersten gewonnenen Liga-Heimspiel des FCB dieser Saison nicht selbst loben wollte für ein Tor, das man unmöglich so nachstellen könnte. Stattdessen sprach der Stürmer zuerst über das, was ihm nicht so gut gelungen war an diesem Abend.

Mit Krämpfen
Einige Minuten vor seinem Treffer zum 2:1 hatte der 23-Jährige im Mittelfeld nämlich einen ungenauen Pass in Richtung Taulant Xhaka gespielt, den die Gäste umgehend zum 1:1 nutzten. «Das war schlechte Kommunikation», sagte Ademi, «aber ich wusste, dass ich eine Chance bekomme und diese nutzen werde.» Und so war es dann ja auch.

Der zwischenzeitliche Ausgleich der Genfer und die Basler Führung kurz vor der Pause, es waren die auffälligsten Szenen Ademis, der auch sonst einen relativ bewegten Abend erlebte. Ademi hatte mehrere gute Szenen in der Offensive, er sprintete, er arbeitete und grätschte. Einmal nahm er einen Ball hinter seinem Körper artistisch mit der Hacke an und scheiterte dann an Servettes Goalie Jérémy Frick.

Allerdings spielte Ademi auch einige Fehlpässe, nicht nur den vor dem 1:1. Der Ball versprang ihm immer wieder mal. Er sah Gelb, verhinderte das Tor durch Valentin Stocker, weil er im Abseits stand. Und mit zunehmender Dauerwar dergross gewachsene Stürmer dann immer seltener zu sehen. Am Ende der Partie lag Ademi mit Krämpfen am Boden und rang selbst Minuten nach dem Abpfiff noch immer nach Sauerstoff.

Kemal Ademi hat in seinen ersten Wochen in Basel schon viel erlebt. Den Abgang von Sportchef Marco Streller, derseinen Transfer begleitet hatte. Dann ein kleines Problem in der Vorbereitung, sein erstes Tor gegen St.Gallen, seine erste Verletzung, die er nur deshalb so schnell überstand, weil er seine Schulter von einem weiteren Arzt untersuchen liess. «Es war eine positive Fehldiagnose», sagte er.

Und jetzt ist Ademi vor dem wichtigen Spiel in Linz plötzlich die grösste Sturmhoffnung der Basler. Albian Ajeti ist zu West Ham United gewechselt, Ricky van Wolfswinkel fällt mit einer Hirnerschütterung aus – und die Basler brauchen beim Rückspiel in Österreich mindestens zwei Tore. «Jetzt muss ich halt ran», sagt Ademi und will gar keine Zweifel daran aufkommen lassen, dass diese Rolle zu gross sein könnte für einen Spieler, der vor kurzem noch bei Xamax Neuchâtel gespielt hat.

Mit Selbstvertrauen
«Ich weiss, wie man mit Druck umgeht, ich habe es immer wieder gezeigt», sagt Ademi. Und auch Marcel Koller zeigte sich nach dem Spiel gegen den Aufsteiger durchaus beeindruckt vom «Mentalitätsspieler» Ademi. «Er hat versucht, alles rauszuholen», sagt Koller, der ja zuletzt einen beachtlichen Qualitätsverlust im Sturm hinnehmen musste.

Ademi bietet dem FC Basel zwar die Chance, einen anderen Fussball zu spielen als mit Ajeti und Van Wolfswinkel. «Wir können mit Flanken und langen Bällen in Ballbesitz bleiben», sagt Koller. Die Frage stellt sich trotzdem, ob das reicht, um sich in Linz für die Playoffs zu qualifizieren.

Für Kemal Ademi stellt sich diese Frage hingegen überhaupt nicht, er zweifelt nicht an sich: «Die Mannschaft kann sich auf mich verlassen.»

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