Presseschau

Basler Zeitung vom 02.12.2019

Dieser Lausbub macht Spass und öffnet Türen

Torschütze Edon Zhegrova ist gegen YB der grosse Showman. Er verzaubert - und nervt immer mal wieder.

Samuel Waldis

Für viele Fussballer geht es während 90 Minuten nur um Fussball. Aber nicht für Edon Zhegrova. Der beschäftigt sich noch mit ganz anderen Dingen.

Da ist zum einen seine Kleidung. Die Hose rutscht andauernd hoch, ständig schiebt er sie wieder unter den Beckenknochen. Oder das Langarmshirt, das er unter dem Trikot trägt. Er liebt es, diese Ärmel bis über die Handballen zu tragen, wie Lionel Messi. Und dann ist da noch dieses Pflaster. Nach zehn Minuten kratzt im ein Berner die Haut am Kiefer auf, wie «ein Tiger», sagt Zhegrova. Als der Arzt ihm das Pflaster aufklebt, wirkt er ein wenig wie ein Kind, dem der Vater Sonnencreme auftragen will.

Vor der Pause ist das Pflaster weiss, danach hautfarben und dezenter, schliesslich schauen ihm an diesem Tag über 30000 Menschen im Stadion zu.

Äusserlichkeiten sind dem Kosovaren wichtig, das sieht man auf den Sozialen Medien, oder eben beim Spiel gegen die Young Boys. Zhegrova ist ein Schauspiel. Taulant Xhaka nennt ihn einen «Showman». Und er ist der Jüngste in Marcel Kollers Startaufstellung. Ihn spielen zu lassen, war richtig entschieden. Denn Zhegrova ist nicht nur der Mann mit den langen Ärmeln und dem Pflaster, sondern auch jener Spieler, der gegen YB den Unterschied macht. Oder wie es Sportchef Ruedi Zbinden sagt: «Edon kann in einem solchen Spiel die Türe öffnen.»

Nach sechs Minuten spielt sich Zhegrova per Doppelpass mit Fabian Frei durch die Berner Abwehr und lässt Cédric Zesiger mit einem Haken keine Chance. Seinen Pass zur Mitte verwertet Arthur Cabral zum 1:0. Das 3:0 erzielt Zhegrova dann selbst. Seine Körpertäuschung ist zu viel für Christopher Martins - und der Linksschuss für Berns Goalie David von Ballmoos sowieso. Diese Finte, mit der Zhegrova zur Mitte zieht, und der Linksschuss in die weite Ecke sind sein Markenzeichen.

FCB dürfte Option ziehen

Wenn man schon von einem Markenzeichen reden kann, denn der 20-Jährige hat noch nicht einmal 50 Spiele bei den Profis gemacht. 18 sind es beim FC Basel, für den er zweimal getroffen hat. Anfang Februar ist Zhegrova von Genk nach Basel gewechselt, der Leihvertrag endet nach dieser Saison. Der FCB besitzt eine Kaufoption und wenn man Sportchef Ruedi Zbinden zuhört, dann scheint es heute wahrscheinlich, dass der FCB diese Option ziehen wird. Vor allem, weil sich Zhegrova in kurzer Zeit entwickelt hat.

Der Mann liebt die Offensive. Und er scheint zu vergessen, dass auch der Gegner mal den Ball hat. Aber im Spiel gegen YB war seine Defensivleistung für seine Verhältnisse überdurchschnittlich. Allein in den ersten zehn Minuten gewann er drei Bälle in der eigenen Abwehrzone. Bis zu seiner Auswechslung legte er sich immer wieder mit Spielern an, die ihm physisch überlegen sind. Dem Schiedsrichter wurde das zu viel, er zeigte Zhegrova Gelb.

Er wollte nicht nach Serbien

An dieser Gelben Karte darf der FC Basel Freude haben. Sie zeugt davon, dass Zhegrova sich einsetzt. Das musste man ihm erst beibringen. Mitspieler Xhaka sagt: «Edon ist jung, man muss viel mit ihm Reden. Und er ist ein Lausbube. Aber das brauchen wir im Fussball.» Zhegrova ist auf dem Rasen ein frecher und gegen aussen selbstbewusster Fussballer: «Ich denke, dass ich viel zu bieten habe.» Für solche Spieler gehen die Menschen ins Stadion, sie machen Spass. Aber manchmal nerven sie auch.

Wenn Zhegrova gegen YB einen Fehlpass der gröberen Art in der eigenen Abwehrzone spielt oder später versucht, an vier Bernern vorbeizukommen und den Ball verliert. Dann wird er von den Mitspielern zurechtgewiesen.

Für seine Leistungen hat ihn Bernard Challandes, der Schweizer Nationalcoach des Kosovo, 2018 für die Nationalmannschaft aufgeboten. Bei seinem Länderspieldebüt erzielte Zhegrova den Siegtreffer gegen Madagaskar. Inzwischen hat er 15 Mal für sein Land gespielt.

Dieses Land war zuletzt ein Problem. Um ein Visum für Russland zu kriegen, hätte er nach Serbien reisen müssen, das die Unabhängigkeit des Kosovo nicht anerkennt. «Das wollte ich nicht», sagt Zhegrova. Statt in Krasnodar zu spielen, trainierte er zwei Tage mit dem Assistenten Nacho Torreño. «Wir haben zusammen das Spiel gegen YB vorbereitet», sagt Zhegrova. Und sso hat die Visumsgeschichte für den FCB eine wunderbare Wende genommen.

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