Presseschau

NZZ vom 02.12.2019

Alles frei nach Basler Drehbuch

YB kann Rhythmus und Intensität nicht mehr hoch halten und verliert in Basel 0:3

Bernhard Brunner, Basel

Der FCB-Stürmer Cabral (rechts, gegen Zesiger) trifft früh zum 1:0 – er hat, was YB fehlt: Esprit und unbedingten Willen. Keystone
Nun, es war nicht das hart umkämpfte Spiel, der spannungsgeladene Spitzenkampf, den man erwartet hatte. Man sah ein YB, das man in dieser Art schon lange nicht mehr hat besichtigen können: als ganz normales Team in der Super League ohne Extraqualitäten, ohne die gefürchtete Wucht. Der Sportchef Christoph Spycher sprach unumwunden von «unseren Tugenden, die man heute nicht gesehen hat», und von einer Leistung, die in der Summe nicht gut genug gewesen sei. Es bleibt ein wenig ein Rätsel, warum das so war. Der Mittelfeldspieler Christian Fassnacht sprach von einem «schwarzen Sonntag». Die Berner müssen über die Bücher. Das mussten sie schon lange nicht mehr.

Seoanes Kritik

Irgendetwas passte YBs Trainer Gerardo Seoane schon an der 1:2-Niederlage in der Europa League gegen Porto vor wenigen Tagen nicht. Unzufriedenheit war in seinem Gesicht zu lesen, in seinem mit Spannung aufgeladenen Körper. Sein Team hatte innerhalb von Minuten den Vorsprung und vorläufig die Qualifikation für die K.-o.-Phase verspielt. Seoane kritisierte die mangelnde Präzision im Passspiel und eine gewisse Inkonsequenz im Zweikampfverhalten. Auch die Intensität sei nicht auf dem hohen Niveau gewesen, auf dem die Berner an guten und sehr guten Tagen einem Gegner die Luft nehmen. Seoane konnte nach der klaren Niederlage in Basel in ein ähnliches Lied einstimmen. Und das tat er auch. «Viel Stoff» sei zu bearbeiten, er meinte unter anderem, «nicht die richtige Einstellung» gesehen zu haben. Was nach dem Porto-Spiel hätte korrigiert sein sollen, war als Schwäche in ganzem Umfang noch da.

Der FC Basel hatte YB früh da, wo er den Meister haben wollte: unter Zugzwang. Mit viel Bissigkeit und Überfallangriffen im Umschaltspiel fühlten sich die Basler wohl in der taktischen Ausrichtung. Zwei frühe Tore durch Arthur Cabral und Omar Alderete nach einem Eckball mit dem Kopf (6. und 13. Minute) zeigten, was die Berner in den letzten Wochen anfällig macht. Ein kleines Zögern hier, ein kleines Zögern da, nicht ganz so präsent in entscheidenden Duellen – und schon befindet man sich in Rücklage. Man kann darüber philosophieren, ob die lange Phase mit vielen Verletzten (teilweise standen acht Stammkräfte nicht zur Verfügung) jetzt an die Substanz geht. Man kennt das Phänomen, dass hohe Belastung über längere Zeit nicht unmittelbar Tribut fordert. Aber irgendwann schon.

In Basel entschied sich Seoane mit Jean-Pierre Nsame und Guillaume Hoarau für zwei Stossstürmer. Christopher Martins spielte für den operierten und verletzten Fabian Lustenberger (Kompartmentsyndrom), den Seoane in gewisser Weise als «unersetzbar» bezeichnete. Hoarau sollte ihn gemäss Seoane auch «auf der Persönlichkeitsebene» ersetzen, was nicht hinreichend gelang. Aber die Berner brachten vor allem eine gewisse Saturiertheit – oder war es doch physische und psychische Müdigkeit? – nicht aus ihrem Spiel. Sie blieben defensiv anfällig und in der Vorwärtsbewegung fehlerhaft. Basel hatte, was YB fehlte: Esprit, den unbedingten Willen, die letzten Prozente Energie, die für Details, die solche Partien entscheiden, elementar sind. Zum Beispiel in der Person des jungen Edon Zhegrova, der nach 48 Minuten mit einem präzis ausgeführten Schlenzer das 3:0 schoss und die Partie vorentschied. Zhegrova hatte das Vertrauen seines Trainers Marcel Koller erhalten, das er mit technischer Beschlagenheit, Schlauheit und Vehemenz rechtfertigte. Zhegrova war jener Spieler, der den Unterschied in der Spielart am meisten symbolisierte: quirlig, willig, Koller sprach von «Bewegungen, die nicht jeder macht». Der Schweizer Fussball hat nun an der Spitze drei Mannschaften, die vorderhand ganz vorne mitspielen. St. Gallen meldet Ansprüche an, und selbst der FC Zürich ist mit sieben Punkten Rückstand in Lauerstellung. Eine solche Konstellation hat es schon lange nicht mehr gegeben. Vor Jahresfrist gewann YB in Basel 3:1 und hatte 19 Punkte Vorsprung auf den ewigen Gegner.

Kollers Lob

Der Basler Trainer Koller triumphiert das erste Mal mit Basel gegen YB, es sei «schön, dass ich das erleben darf». Sein Team sei auf den Punkt da gewesen, die Eigenmotivation sei hoch gewesen. Das ist die Analyse zusammengefasst. In Basel war Aufatmen zu vernehmen, auch der Basler Sportchef Ruedi Zbinden gab zu, dass sieben Punkte Rückstand ungünstig gewesen wären. Die Basler brachten alle Energie auf, um dieses Szenario zu verhindern.

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