Presseschau

NZZ vom 09.12.2019

Im Schuss

Basel besiegt Sitten im letzten Heimspiel der Vorrunde mit Wucht und Klasse 4:0

Michele Coviello, Basel

Kurz nach Anpfiff der zweiten Hälfte durfte man sich eine Frage stellen: Wie hoch würde Sitten wohl verlieren? Denn die ersten 45 Minuten hatten nichts Gutes für den Gast aus dem Wallis erahnen lassen. Wer in diesen Wochen derart passiv nach Basel reist, muss mit einer Ohrfeige rechnen. Das Gefühl täuschte nicht.

Keine einzige Torchance konnten sich die Sittener während der gesamten Partie erspielen, der FCB hingegen neun nur schon in der ersten Hälfte. Der Sittener Goalie Kevin Fickentscher musste einmal spektakulär fliegen, ein anderes Mal endete ein Basler Versuch am Pfosten, andere Schüsse rauschten mit Schmiss am Tor vorbei – und zwei schlugen krachend ein. Eray Cömert traf aus rund 30 Metern via Lattenunterkante, Arthur Cabral vollendete einen Konter mit einem Heber aus vollem Lauf.

Und als die zweite Halbzeit mit neuen Basler Angriffswellen startete, war klar, dass die Sittener geprügelt heimreisen würden. Das lag nicht nur am abgelöschten Auftritt der Gäste, die weiterhin unter dem Interimsduo Christian Zermatten / Sébastien Bichard nicht aus der Krise finden. Es bahnte sich ein deutliches Resultat an, das vielmehr mit den Baslern zu tun hatte. Sie kehrten trotz 2:0 nach der Pause mit Hunger auf den Platz zurück. Sie sind im Schuss und rasen mit Wucht und Eleganz Richtung Tor. Am Donnerstag können sie im Heimspiel gegen Trabzonspor den Gruppensieg in der Europa League sichern und in einer Woche sogar die Vorrunde im 1. Rang abschliessen.

Jedenfalls hätten die Basler am Sonntag in einer anderen Liga gespielt, befand der Sittener Coach Zermatten. Nach dem 3:0 vergangener Woche gegen den Leader YB liess Basel nicht locker und entzückte gegen Sitten mit Angriffen à gogo, schnellen Kombinationen, Toren. Was auffällt, ist die geballte Klasse im Team. Der Topskorer Kemal Ademi startete von der Bank. Für ihn sorgte der Brasilianer Cabral für Gefahr. Nach dem 2:0 köpfte er zu Beginn der zweiten Hälfte einen Eckball ein. Später passte er per Absatz zu Afimico Pululu, der das vierte und letzte Tor erzielte.

Der FCB hat so manches, was ihm in den vergangenen zwei Saisons fehlte, als er die Titel an die Young Boys verlor. Mit dem Trainer Marcel Koller ist er inzwischen wieder fähig, die Berner zu schlagen, wie er am vergangenen Wochenende eindrücklich bewies. Er lässt zudem gegen die vermeintlich kleineren Gegner wie Sitten weniger Punkte liegen. Und er hat wie die Young Boys der vergangenen Jahre an Offensivkraft dazugewonnen. Neben den Stämmigen Ademi und Cabral wirbelt auf dem Flügel der Youngster Edon Zhegrova mit Finten, Dribblings, Assists und schnittigen Schüssen, die gar nicht zu diesem zierlichen Fussballer zu passen scheinen.

Eine konzentrierte und bissige Defensive sichert diese Offensivkraft ab. Noch könne er nicht von einem idealen Team sprechen, sagte Koller. Das sei erst der Fall, wenn er nicht mehr von der Trainerbank aufstehen müsse. Aber man sehe schon vieles, was er fordere: «Die Kompaktheit in der Verteidigung, der Hunger nach Toren, die Präsenz im Strafraum.» Und es erstaunt auch der Unterhaltungswert, den man von Koller eigentlich so nicht erwartet hätte.

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