Presseschau

NZZ vom 16.12.2019

Die Super League bietet endlich wieder einen Spitzenkampf – hat das einen Wert?

IM SCHAUFENSTER

Stephan Ramming · Nach der Hälfte der Fussball-Saison präsentiert sich die Schweizer Super League in guter Verfassung. Zu diesem Befund mag gelangen, wer die Tabellenspitze betrachtet: YB, Basel und der FC St. Gallen liegen innerhalb von drei Punkten. Das verspricht Spannung für den Frühling. Nicht wie vor einem Jahr, als YB bereits 19 Punkte voraus war. Auch nicht wie im Dezember 2017, als YB zwar nur 2 Zähler vor dem FCB lag, am Ende aber mit 15 Punkten Vorsprung Meister wurde. Oder 2016, als Basel zur Halbzeit auch schon 12 Zähler Vorsprung hatte. So gesehen könnte man 2019 sogar den FC Zürich mit 8 Punkten Rückstand zur Spitze zählen.

Die Momentaufnahme mit drei Klubs innerhalb von drei Zählern mag erfreulich sein. Doch die Freude, dass nach einem Jahrzehnt der Alleinherrschaft des FC Basel und danach während zwei Saisons der Young Boys die Liga wieder mehr Spannung bietet, beantwortet die Frage nach der Qualität der Schweizer Liga nur am Rande. Spannung, Unterhaltung, auch sportliche Qualität sind dehnbare Kategorien. Wenig Interpretation lassen andere Kategorien zu: Eine ist die Konkurrenzfähigkeit im internationalen Vergleich. Eine weitere ist die Frage, wie die Sportwirtschaft die Verwertungsrechte beurteilt.

Letzteres dürfte sich in den kommenden Monaten in Gestalt von Franken und Rappen abzeichnen. Die laufenden Verträge mit Cinetrade/Teleclub (mediale Verwertung), Infront Ringier (Sponsoring) und Lagardère Sports (internationale Rechte) enden in anderthalb Jahren. Das ganze Rechtepaket hat derzeit den jährlichen Wert von brutto rund 40 Millionen Franken. Den Löwenanteil nimmt der Verkauf der medialen Verwertung mit den Live-TV-Rechten ein. Im Frühling, spätestens nach dem Ende der Meisterschaft im Mai, will die Liga die Rechte ab der Saison 2021/22 neu ausschreiben. Nur: Derzeit ist noch nicht einmal klar, welche Art von Wettbewerb ausgeschrieben wird.

Diese für die Rechteausschreibung zentrale Frage soll derzeit eine Arbeitsgruppe klären, damit die Klubs im Februar einen von der grossen Mehrheit getragenen Beschluss fassen. Dazu gehören auch die 1. Liga und die Amateure. Ohne diesen Beschluss hat die Liga keine Grundlage, um die Rechte auf den Markt zu bringen.

Noch Mitte November hatten die Vertreter der Vereine die Abstimmung über die Erhöhung von zehn auf zwölf Klubs in der höchsten Liga und die Einführung eines neuen Modus vertagt (Stichwort: zweite Saisonhälfte mit acht Klubs in der Meisterrunde). Das Zögern gründet letztlich in der Skepsis, dass aus dem Erlös des Rechte-Verkaufs pro Verein künftig nicht mehr, sondern weniger oder bestenfalls gleich viel Geld verteilt werden kann.

Das Ziel ist selbstredend, ab Sommer 2022 den Preis von derzeit 40 Millionen Franken möglichst weit zu übertreffen. Dafür wäre Konkurrenz zwischen allfälligen Bietern nötig. Konkurrenz entsteht dann, wenn das Produkt begehrt ist. Ist es das?

Im internationalen Geschäft ist der Wert der Schweizer Liga eine Marginalie. Die Super League erzielt nicht nur im Verhältnis zur deutschen Bundesliga oder zur Champions League, die beide ebenfalls im Frühling Rechtepakete auf den Markt bringen, deutlich weniger Erlös. Sondern auch im Vergleich zu ähnlichen Meisterschaften wie in Österreich, Dänemark oder Belgien. Ob sich das ändert? Es hängt weniger vom Faktor Spannung ab, sondern von strategischen Konstellationen wie im kleinen Schweizer Markt zwischen Swisscom/Cinetrade und UPC/MySports. Für globale Player wie Sky, Dazn, Amazon oder BeIn könnte die Super League im günstigsten Fall ein kleines Puzzlestück in einem internationalen Vorhaben sein. Ein Engagement eines solchen Players ist unwahrscheinlich.

Denn international schwindet die Sichtbarkeit der Schweizer Klubs weiter. Der FCB mag heute Montag auf ein attraktives Los in der Europa League hoffen. Aber das ist eine lokale Hoffnung. Insgesamt ist die Schweiz auch in diesem Herbst weiter abgerutscht und turnt im Uefa-Ranking um den 20. Platz herum. Sie verliert immer mehr den Anschluss an den europäischen Markt. Die Rückkehr des so lange ersehnten Spitzenkampfes hat einen emotionalen Wert. Aber keinen qualitativen.

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