Presseschau

Blick vom 14.02.2020

«Es spielt keine Rolle, wer an der Seitenlinie steht!»

Fabian Frei zur Trainer-Debatte

Für FCB-Taktgeber Fabian Frei (31) stehen die Spieler in der Pflicht und nicht Coach Marcel Koller. Der müsse es bloss ausbaden, wenn die Resultate nicht stimmen.

STEFAN KREIS

Fabian Frei, werden Sie jünger?

Fabian Frei: Warum meinen Sie?

Weil bei Fussballern für gewöhnlich gilt: Je älter man wird, desto weiter hinten wird man aufgestellt. Sie aber gehen den umgekehrten Weg.

Ja, vor einem Jahr habe ich noch in der Innenverteidigung gespielt, nun bin ich wieder im Zentrum, auf jener Position, wo ich ursprünglich war. Aber eines kann ich Ihnen versichern: Ich werde definitiv älter …

Nach Ihrem Führungstreffer gegen den FCZ sind Sie schnurstracks zur Ersatzbank gerannt. Was wollten Sie damit ausdrücken?

Ich wollte ein Zeichen setzen, dass wir zusammenhalten, dass es alle braucht.

Nach den beiden Pleiten gegen YB und St. Gallen listete BLICK jene Spieler auf, die den Ansprüchen nicht genügen. Das haben Sie nicht so toll gefunden, oder?

Warum? Mein Name ist ja nicht dort gestanden (lacht). Spass beiseite. Das ist eure Meinung, und damit müssen wir umgehen können. Korrekt finde ich es nicht. Weil die Spieler es draufhaben. Zudem haben gegen St. Gallen und YB weder ich noch andere Leistungsträger brillieren können. Darum ist es unfair, jene rauszupicken, die sonst schon wenig spielen.

War Ihr Jubel auch ein Statement für den Trainer?

Ja, er gehört genauso dazu. Wir halten alle zusammen.

Sein Vertrag läuft im Sommer aus, seine Zukunft ist noch immer nicht geklärt. Können Sie das nachvollziehen?

Das kann ich weder bewerten noch beeinflussen. Ich habe aber Vertrauen in jene Leute, die das entscheiden.

Sie sagen, es sei egal, wer an der Seitenlinie steht …

Schlussendlich stehen wir auf dem Platz, wir Spieler sind in den 90 Minuten verantwortlich und nicht der Trainer. Und wenn die Resultate gut sind, dann wird mit einem Trainer tendenziell verlängert. Wenn nicht, dann muss er oft gehen. So läufts im Business. Auch wenn bei Guardiola die Resultate nicht stimmen, ist das so.

Aber der Trainer bestimmt die Taktik, die Spielweise.

Korrekt. Der Trainer stellt die Mannschaft ein, gibt die Taktik vor, und die Spieler müssen es dann aber auch umsetzen. Dabei spielt es dann keine Rolle, was für ein Name an der Seitenlinie steht. Ob er alt oder jung ist, ruhig oder wild. Es zählt, was auf dem Platz passiert. Am Schluss müssen wir Spieler gewinnen.

Gegen YB hatte der FCB keinen Stich, weil die Berner das breitere, das bessere Kader haben. Einverstanden?

Das sehe ich anders. Ich habe das Gefühl, alle unsere Ersatzspieler hätten das Zeug dazu, in der Startelf zu stehen.

Trotzdem: Der FCB muss sparen, ist weniger gut aufgestellt als noch vor ein paar Jahren.

Natürlich, das sagt der Verein ja auch offiziell, dass man sparen muss.

Ihr Vertrag läuft im Juni 2022 aus. Machen Sie weiter?

Solange ich gesund bleibe, möchte ich weiterspielen, ja.

Beim FCB?

Wenn ich sehe, dass ich nicht mehr helfen kann, dann finde ich vielleicht sonst irgendwo noch einen Platz. Aber ich habe nicht vor, noch einmal wegzugehen. Basel ist mein Verein in der Schweiz.

Eine Rückkehr zu Ihrem Ex-Klub St. Gallen dürfte kein Thema sein, oder? Schliesslich spielen die einen Tempofussball, der Ihnen nicht unbedingt entgegenkommt.

Bis in zweieinhalb Jahren sieht die Welt auch dort vielleicht wieder anders aus. Drum: Sag niemals nie. Das habe ich in meiner Karriere gelernt.

Was trauen Sie der Mannschaft von Peter Zeidler zu?

Die machen das sehr, sehr gut. Aber es zeigt sich dann, wie’s läuft, wenn sie mal ein Spiel verlieren oder zwei. Dann geht nicht mehr alles so einfach, wie’s im Moment aussieht. Da spreche ich aus Erfahrung. Aber so, wie’s jetzt läuft, sind sie gefährlich für alle anderen.

Sie hatten beim 1:2 keine Chance gegen St. Gallen.

Das sehe ich anders. Das Spiel hätte auch anderes laufen können. Es hätte auch 2:0 stehen können in den ersten 30 Minuten. Hätte, wäre, wenn. Wir hatten unsere Chancen, und danach haben wir einfach nicht mehr gut gespielt.

Können Sie nachvollziehen, dass die Leute im Stadion sagen, solch spektakulären Zeidler-Fussball wolle man auch sehen?

Im Moment ist der Tempofussball à la Liverpool trendy. Vor zehn Jahren haben alle von Ballbesitzfussball gesprochen. Aber es braucht ein bisschen mehr als einfach nur laufen und hin und her zu rennen, damits erfolgreich wird.

Ist ein solcher Tempofussball mit der FCB-Mannschaft überhaupt möglich?

Für jede Spielweise braucht man auch die Spieler dazu, das ist ganz klar. Wir haben diese Saison gezeigt, dass wir mit unserem Fussball durchaus auch erfolgreich sein können. Und wenn wir am Schluss Meister werden, sind die Leute auch froh, dass wir bei unserem Fussball geblieben sind. Eine Frage: Welchen Platz belegte St. Gallen letztes Jahr?

Rang 6, die internationalen Plätze wurden ganz knapp verpasst.

Und sie haben den gleichen Fussball gespielt wie jetzt! Ich hatte nicht das Gefühl, dass damals alle geschrien haben, wir sollen jetzt auch diesen Fussball spielen. Solange er erfolgreich ist, möchte das natürlich jeder. Und dass es zum Zuschauen attraktiv ist, darüber müssen wir nicht reden. Aber hinten ist St. Gallen anfällig. Hätten wir gewisse Situationen besser gelöst, dann hätten wir mehr als ein Tor geschossen. Und wenns dann plötzlich mal nicht mehr funktioniert, dann wird schnell die löchrige Defensive kritisiert. Kurzum: Am Ende entscheidet der Erfolg.

Wirklich? Murat Yakin und Urs Fischer wurden beim FCB als Meister entlassen.

Und nachher kam Raphael Wicky mit einer neuen Spielidee, und dann wars auch wieder nicht recht. Am Schluss musst du gewinnen, dann sind alle zufrieden. Genau die Gleichen, die vor zehn Jahren zu Guardiola gesagt haben, er habe mit dem Tiki-Taka den Fussball revolutioniert, sagen jetzt, es sei langweilig. So schnell drehen die Meinungen im Fussball.

Man sagt, dass ein Rennfahrer langsamer wird, wenn er Vater geworden ist. Trifft das auch auf Sie als Fussballer zu?

Ich war noch nie der Schnellste, drum spielt das bei mir nicht so eine Rolle. Aber wenn ich Cristiano Ronaldo anschaue, der ist auch Papa, oder? Und ich habe nicht das Gefühl, er sei gross langsamer geworden (lacht).

Es geht ja auch darum, dass man wegen der Kleinen schlaflose Nächte hat und deswegen den Fokus verlieren könnte.

Das hängt an, ja. Aber das hat keinen grossen Einfluss. Das ist ja bei jedem Vater so. Natürlich gibt es solche Nächte, aber zu 98 Prozent überwiegt das Positive. Das gibt dir viel mehr.

Dann sind Sie doch jünger geworden?

Nein, dafür kosten mich meine Töchter zu viel Energie (lacht).

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