Basler Zeitung vom 15.04.2020
Analyse
Auf ein offizielles Communiqué in Sachen Lohnverzichtsverhandlungen folgen inoffizielle Informationen, die an die Oberfläche schwappen. Zwischen Clubführung und Mannschaft scheint eine grosse Kluft zu klaffen.
Oliver Gut
Es ist nicht gut, was beim FC Basel passiert. Zu dieser Feststellung kommt, wer in diesen Tagen das Wenige beobachtet, das es in Zeiten von Corona, Lockdown und Homeoffice zu beobachten gibt.
Dass der FCB sich nach drei Jahren, in denen er fast alle seine finanziellen Reserven verbraucht hat, nun schneller als erwartet in schwerwiegenden finanziellen Schwierigkeiten befindet, darf als gesichert gelten (die BaZ berichtete). Sonst würde CEO Roland Heri nicht im Interview vom besonderen Augenmerk reden, das derzeit auf die Liquidität des Clubs gerichtet ist.
Zumindest erahnen lässt sich, dass beim Versuch, diese Liquidität zu wahren, eine tiefe Kluft zwischen der Clubführung und der Mannschaft entstanden ist. Seit Wochen ist man im Austausch in Sachen Lohnreduktion der Profis. Doch was dabei zuletzt zu vernehmen war, ist nur noch irritierend und erinnert bald an jene Wirren, die sich der FC Basel bereits vor einem knappen Jahr leistete, als es um die Trainerfrage ging.
Am letzten Mittwoch hatte die Clubführung ohne Not kommuniziert, dass sie den Spielern einen Vorschlag zum Lohnverzicht unterbreitet hatte, der von diesen nicht akzeptiert worden war: 17,5 Prozent des Jahressalärs sollten eingespart werden, was in den Monaten April, Mai und Juni einer Reduktion um 70 Prozent entsprochen hätte. Nun taucht der «Blick» mit der nächsten Enthüllung auf: Er berichtet, die Profis seien lediglich zu einem Verzicht von 1,25 Prozent ihres jährlichen Fixsalärs bereit - was in den besagten drei Monaten einer Reduktion von fünf Prozent entspräche.
Das wirft zunächst kein gutes Licht auf die kickende Belegschaft des FC Basel und deren Solidarität, die wie bei jedem Fussballclub im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses steht. Doch genauso stellt sich wie schon in der Vorwoche die Frage, warum diese Information den Weg zu den Medien fand. Von den Spielern dürfte keiner daran interessiert gewesen sein, so etwas in die Öffentlichkeit zu tragen. Also steht zumindest die Vermutung im Raum, dass sich das Leck in den Reihen der Gegenpartei findet.
Indiz dafür ist auch, dass bislang niemand vom FCB zur neusten Information Stellung genommen hat - und dass diesmal auch kein Communiqué verschickt wurde. Das letzte Mal geschah dies ja mit der Begründung, Missverständnissen vorbeugen zu wollen, während in Abrede gestellt wurde, dass man damit habe Druck auf die Spieler ausüben wollen.
Anlass, um Missverständnisse auszuräumen, gäbe es indes durchaus. Denn hinzu kommt, dass die Information nicht als gesichert gelten kann: Gegenüber der BaZ behaupten nämlich mehrere Quellen, die Profis wären in der Zeit des fussballlosen Ausnahmezustands zu einer Reduktion um bis zu 20 Prozent ihres Monatssalärs bereit gewesen und hätten ausserdem den Lohnausfall der übrigen FCB-Mitarbeitenden übernommen, welche auf Kurzarbeit gesetzt wurden. Ausserdem soll die Spende, welche sie bereits zuvor an die Stiftung Pro UKBB und die Glückskette Schweiz getätigt hatten, immerhin 200’000 Franken betragen haben.
Gestern, spät am Abend, äusserte sich dann auch die 1. Mannschaft erstmals zu den Vorgängen und Spekulationen. In einer gemeinsamen Mitteilung (siehe unten) veröffentlichten die Spieler in den Sozialen Netzwerken eine Nachricht, in der sie klarstellten, dass die Spieler im letzten Monat mindestens 20 Prozent ihres Lohnes gespendet haben. Weiter heisst es: «Alle Spieler der 1. Mannschaft sind auch in den nächsten Monaten, in welchen keine Spiele stattfinden, bereit, auf Teile ihres Lohnes zu verzichten, vorausgesetzt, sie wissen, wo das Geld hinfliesst und für was es verwendet wird.»
Auch dieser offensichtliche Alleingang - über die offiziellen Kanäle des Clubs wurde die Mitteilung nicht verbreitet - verstärkt den Eindruck, dass die Führungsspitze um Burgener und Heri sich rund um die wichtige Lohnverzichtsfrage immer weiter von ihren wichtigsten Angestellten - das sind die Spieler, nicht der Trainer - entfernt. So, dass man sich als Beobachter nicht nur fragt, worauf man sich in Anbetracht der gegenseitigen Vorstellungen und der jüngsten Ereignisse einigen wird. Sondern auch wann. Und ob überhaupt.
Natürlich darf man an die Solidarität der Fussballer mit ihrem Arbeitgeber appellieren. Man muss das als Clubführung gar tun, wenn man seine Verantwortung gegenüber dem Gesamtunternehmen in finanziell schwierigen Zeiten wahrnehmen will. Zumindest jene Profis, die keinen per Ende Juni auslaufenden Vertrag besitzen, sollten ja auch ein Interesse daran haben, wie es um die nähere Zukunft des FC Basel bestellt ist.
Aber wenn man eine Chance darauf haben will, diese Solidarität im gewünschten Masse zu erlangen, dann geht dies nur durch Transparenz und Empathie im Umgang mit dem Gegenüber. Dazu zählt nicht nur, dass man die finanziellen Perspektiven des FCB aufzeigt. Sondern auch, dass man mit gutem Beispiel vorangeht: Bislang ist nicht bekannt, dass CEO, Verwaltungsräte oder Sportdirektor zu gleich grossem oder gar noch mehr Verzicht bereit sind, wie es von den Fussballern erwartet wird. Und das, obwohl sie ebenfalls Saläre beziehen, die in der Region der rotblauen Profifussballer anzusiedeln sind.
Ist die FCB-Führung nicht zu diesen Zeichen bereit und versteht es nicht, den Graben zuzuschütten, zu dessen Öffnung sie gewiss einen Beitrag geleistet hat, dann droht der FC Basel aufgrund der finanziellen Entwicklung gröberen Schaden zu nehmen. Bereits Schaden genommen hat nach den bisherigen Ereignissen das Image des Clubs und seiner Protagonisten. Es ist eine Geschichte, die sich unter der Führung von Bernhard Burgener zu wiederholen scheint.