Presseschau

SonntagsZeitung vom 19.04.2020

Auf diese Fragen droht der FCB mit Klage

Auf 12 Fragen zur wirtschaftlichen Perspektive an den Präsidenten des FC Basel antwortet dieser ausweichend und mit Androhung strafrechtlicher Schritte

Florian Raz

Die SonntagsZeitung wollte bloss ein paar Antworten. Darauf wurde ihr vom Medienanwalt von FCB-Präsdent Bernhard Burgener mit einer Klage gedroht.

Dabei stellen sich derzeit ganz viele Menschen Fragen, die den langjährigen Vorzeigeclub im Schweizer Fussball betreffen. Schliesslich streitet sich dieser in der Corona-Krise öffentlich mit seinen Spielern über die Höhe möglicher Lohnverzichte. Und die Anhänger fragen sich: Warum ist das so schnell eskaliert?

Es sind drei Themenkreise, die ganz besonders im Fokus stehen: Finanzen, Vertrauen, Führungspersönlichkeiten.

Finanziell gibt es mehrere Anzeichen dafür, dass der FCB weniger gut dasteht, als man es bei einem Club vermuten könnte, der per 31. Dezember 2016 noch Reserven von 90 Millionen Franken ausgewiesen hat. Am deutlichsten sagt FCB-CEO Roland Heri in einem Interview mit der Website «rotblauapp.ch» zu den Folgen der Corona-Krise, die weltweit den Wert von Fussballclubs vernichtet: «Besonderes Augenmerk verlangt die Liquidität, da wir zurzeit keine Einnahmen haben.»

Da der FCB die Zahlen für das Jahr 2019 noch nicht veröffentlicht hat, ist unbekannt, wie genau es um die Finanzen der FC Basel 1893 AG bestellt ist. Diese ist für das Profiteam zuständig. Sie ist zu 75 Prozent im Besitz der FC Basel Holding AG, die zu rund 80 Prozent Clubpräsident Bernhard Burgener gehört und zu 10 Prozent dem Ex-Spieler David Degen.

Der Einbruch des Transfermarktes

Beim Verkauf der Aktien an Burgener 2017 lagen rund 20 Millionen in der Holding. Zuletzt schrieb die «Basler Zeitung» mehrfach unwidersprochen, die Holding habe 15 Millionen Franken in die FC Basel 1893 AG überführen müssen, um Verluste aus dem Jahr 2019 zu decken. Stimmen die Zahlen der BaZ, wäre die Holding nur noch begrenzt in der Lage, weitere Löcher zu stopfen.

Und weitere Löcher wären keine Überraschung bei einer Firma, die in der Corona-Krise keine Einnahmen, aber laufende Kosten hat. Der FCB geht traditionell mit einem strukturellen Defizit ins Jahr, das er unter anderem mit Transfer gewinnen wettzumachen versucht.

Nun ist aber der Transfermarkt eingebrochen, was den FCB hart treffen könnte. Er plante damit, im Sommer seine drei besten Spieler zu verkaufen, was unter Vor-Corona-Zeiten 30 bis 40 Millionen Franken hätte einbringen können. Jetzt muss der Club damit rechnen, dass sich diese budgetierten Transfereinnahmen über Nacht mindestens halbiert haben dürften.

Das ergibt einen Schaden, der auch erklären mag, warum der FCB im Streit um den Lohnverzicht seiner Spieler selbst die Öffentlichkeit gesucht hat. Die Dringlichkeit scheint gross.

Das Misstrauensvotum der Spieler

Auf der anderen Seite schrieben die Spieler auf Instagram, sie seien zu Verzicht bereit. Aber sie wollten explizit wissen, «wo das Geld hinfliesst und für was es verwendet wird». Das kann nur als Misstrauensvotum der Profis gegen die Clubführung gelesen werden.

Wer nach möglichen Gründen für dieses Misstrauen sucht, stösst immer wieder auf einen Namen: Chameleo AG. Diese Firma wurde 2018 gegründet. Sie ist eine Tochterfirma von Burgeners Highlight Event & Entertainment AG. Burgener selbst ist ihr Verwaltungsratspräsident. Ihr Management besteht aus zwei langjährigen Mitarbeitern in Burgeners Firmenkonstrukt.

Die Chameleo AG hilft dem FCB gemäss ihrer eigenen Website unter anderem bei IT-Projekten, bei «Prozessen und Strukturen» und «Fan-Engagement». Wie viel der FCB der Chameleo AG für ihre Dienste überweist, ist der Öffentlichkeit unbekannt.

Die finanzielle Situation und die öffentlich gewordene Vertrauenskrise zwischen Clubführung und Mannschaft führen fast zwangsläufig zur letzten Frage: Wäre Bernhard Burgener bereit, nötigenfalls weitere Mittel zu investieren, oder überlegt er sich einen Verkauf der FC Basel Holding AG?

Gerne hätte die Sonntags Zeitung klärende Worte des Präsidenten des FC Basel geliefert. Stattdessen erhielt sie durch seinen Anwalt nur eine ausweichende Antwort von Bernhard Burgener sowie die Androhung, «Unterstellungen oder Spekulationen, mit denen Sie meine Klienten zu diskreditieren versuchen, zu unterlassen». Ansonsten werde «notfalls auch strafrechtlich» vorgegangen.

Wir veröffentlichen an dieser Stelle unsere 12 Fragen und das Statement von FCB-Präsident Bernhard Burgener. Frage Nummer 2 publizieren wir aus rechtlichen Gründen nicht.

Die 12 Fragen der SonntagsZeitung:

Stimmt es, dass der FC Basel kurz davor steht, in einen Liquiditätsengpass zu kommen?

[...]

Wären Sie, Herr Burgener, bereit und in der Lage, dieses Kapital bereit zu stellen?

Sind Sie, Herr Burgener, derzeit auf der Suche nach einem Abnehmer für Ihre Aktien der FC Basel Holding AG?

Falls ja, wären Sie bereit, die Aktien zu einem tieferen Preis als zu Ihrem Einkaufspreis zu verkaufen oder sie vielleicht sogar gratis abzugeben?

Welche Rolle spielt die Firma Chameleo beim FC Basel? Hat sie eine beratende Funktion? Wenn ja, in welchen Bereichen?

Bezahlt die FC Basel 1893 AG die Firma Chameleo für ihre Dienstleistungen?

Sind Sie selbst der Hauptaktionär der Firma Chameleo?

Falls ja: Ist es nicht merkwürdig, wenn die FC Basel 1893 AG eine Firma bezahlt, bei der Sie selbst Verwaltungsratspräsident und Hauptaktionär sind? Wenn also Ihre eigene Firma Einnahmen durch den FCB generiert?

Wird der FC Basel weiter darauf verzichten, seine Profifussballer für Kurzarbeit anzumelden?

Stimmt es, dass die FC Basel Holding AG 15 Millionen Franken in die FC Basel 1893 AG überführen musste, um die Verluste des Geschäftsjahres 2019 zu decken?

Wie viele Millionen Franken an Transfereinnahmen hat der FC Basel für die kommende Transferperiode budgetiert?

Die Antwort von Bernhard Burgener:

«Die Auswirkungen der Corona-Krise sind auch für die Sport- und Unterhaltungsindustrie gravierend. Die Fussballwelt und auch der FCB stehen vor grössten Herausforderungen, um den Clubbetrieb am Leben zu erhalten. Klar ist, dass alle im Schweizer Fussball sämtliche Möglichkeiten ausschöpfen müssen, um zu sparen. Dabei braucht es die Solidarität aller, welche in irgendeiner Weise mit dem Fussball verbunden sind. Sobald wir wissen, wann und wie der Spielbetrieb weitergeht, haben wir auch die nötige Planungssicherheit für den Clubbetrieb. Dann informieren wir die Öffentlichkeit. Eine detaillierte Information ist zum heutigen Zeitpunkt jedoch nicht möglich, weil die Entwicklung der Dinge nicht absehbar ist.

Bernhard Burgener

Präsident des FC Basel»

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