Presseschau

NZZ vom 29.06.2020

Späte Tore, späte Entspannung

Der FC Basel benötigt beim 2:0-Sieg gegen Sitten viel Geduld – die Kaderplanung des Klubs gestaltet sich schwierig

Bernhard Brunner, Basel

Irgendwann an diesem Sonntag setzte sich der Gedanke fest, dass ein so destruktiv agierendes Fussballteam wie der FC Sion für seine Leistung gegen den FC Basel doch nicht mit einem Punkt belohnt werden darf. Doch sehr lange sah es genau danach aus.

Bis der Verteidigungsdamm der Walliser in den letzten Minuten der Partie doch noch brach: Der FCB-Verteidiger Blas Riveros schlug abermals eine Flanke, doch diesmal erreichte die Hereingabe ihren gewünschten Ort: den Kopf des eingewechselten Stürmers Kemal Ademi, der in der 86. Minute zum 1:0 traf. Eine Erlösung sei das gewesen, sagte Samuele Campo, der kurz vor dem Abpfiff mit einem Freistoss gar noch zum 2:0 traf. Ademi, seit kurzer Zeit für die Schweizer Nationalmannschaft spielberechtigt, sagte, er habe gewusst, «dass noch eine Chance kommen wird, das Tor zu schiessen».

Bereits vor dem Anpfiff der Partie gab es eine Szene, die so nicht erwartet worden war: die wertschätzende Verabschiedung von zwei FCB-Spielern, deren Verträge Ende Juni auslaufen. Die lokalen Medien hatten stattdessen einen stillen Abgang vermutet. Kevin Bua sucht die Herausforderung bei einem neuen Arbeitgeber. Dass sein Vertrag ausläuft, ist wohl keine schlechte Ausgangslage, um irgendwo erneut einen gut dotierten Vertrag zu unterzeichnen – ohne dass eine Ablösesumme fällig würde. Zdravko Kuzmanovic hingegen muss den Klub verlassen. Nach diversen schweren Verletzungen und immer weniger Spielzeit erhielt er keinen neuen Vertrag mehr. Der Präsident Bernhard Burgener richtete ein paar nette Worte an die beiden Scheidenden. Dem FCB steht ein Umbruch bevor, von dem offenbar keiner so genau weiss, wie er gestaltet werden soll. Mit den Leihspielern Arthur Cabral, Edon Zhegrova sowie Emil Bergström wird weiter verhandelt, Eric Ramires bleibt vorläufig bis zum Ende der Saison. Die Zukunft von Ricky van Wolfswinkel ist ebenfalls offen.

Der Sportchef Ruedi Zbinden steht vor einer heiklen Aufgabe. Die Herausforderung lautet, ein Kader zusammenzustellen, das hohen sportlichen Ambitionen genügt, bei gleichzeitiger Ungewissheit über die finanziellen Möglichkeiten. Der FC Basel hegt noch in allen drei Wettbewerben Ambitionen, in der Meisterschaft, im Cup und in der Europa League. Trotzdem hat die Muttenzer Kurve in einem offenen Brief unlängst den Rücktritt fast sämtlicher Klubverantwortlichen gefordert. Bei aller Kritik geht vergessen, dass der FCB noch immer die Möglichkeit hat, die Saison erfolgreich abzuschliessen.

Ademis richtungsweisendes Tor war vor diesem Hintergrund kaum hoch genug einzuschätzen. Zum Gestaltungsprozess des Sportchefs sagte Koller nach dem Spiel, dass er hin und wieder um seine Meinung gefragt werde. Bis Ende August ist Koller noch der Coach, ob es darüber hinaus so bleibt, ist unklar. Der FC Basel übt sich zurzeit auf mancherlei Ebenen in Geduld.

Zurück