Basler Zeitung vom 25.08.2020
Eine Woche nach Ruedi Zbindens Rücktritt hat auch Alex Frei gekündigt. Den Explosionen ging eine Posse um die Nachfolge von Marcel Koller voraus, in der die Clubführung den U21-Trainer mehrfach köderte und hinhielt, bis der Druck im Pulverfass zu gross wurde.
Oliver Gut
Eines ist klar: Alex Frei wäre gerne Profi-Trainer des FC Basel geworden. Er hätte sich - unabhängig von den kritischen Stimmen, welche die fehlende Erfahrung auf diesem Niveau bemängelten - bereit gefühlt für diese Aufgabe. Ganz so, wie es dem Selbstvertrauen und dem Ehrgeiz eines Alex Frei entspricht.
Klar ist nun auch: Der 41-jährige Biel-Benkener wird sich zumindest gedulden müssen. Denn am Sonntag warf er den Bettel als U21-Trainer des FC Basel hin. Er informierte die Clubführung um CEO Roland Heri per E-Mail von seiner sofortigen Kündigung, die er per Einschreiben abschickte. Dass er den Postweg wählte, lag daran, dass sein Brief zuvor bei einem Treffen mit den Nachwuchs-Verantwortlichen Percy van Lierop, Martin Dellenbach, Marco Schällibaum und Marcel Herzog nicht entgegen genommen wurde.
Die Episode belegt, dass mit Alex Frei kein gewöhnlicher U21-Trainer geht. Der ehemalige FCB-Torjäger ist eine rotblaue Legende. Und er war zumindest bis Juni 2019 auch eines der drei Gesichter des neuen FC Basel, dessen Ära im Sommer 2017 unter dem Motto «Für immer Rotblau» und der Übernahme durch Bernhard Burgener begonnen hatte.
Heiko Vogel als Assistent
Das Triumvirat ehemaliger FCB-Grössen im Verwaltungsrat der FC Basel 1893 AG hatte nur zwei Jahre lang bestand: Bereits im Winter 2018/19 war klar, dass Frei sein Mandat per GV im Juni 2019 niederlegt. Offiziell, um sich auf seine Trainerausbildung zu fokussieren. Aber auch - und das sickerte rasch durch - weil er sich bereits damals schwer tat mit der Entwicklung des Clubs, für die er nicht mehr die Verantwortung übernehmen wollte.
14 Monate später ist dies nicht anders, und zieht Alex Frei einen Schlussstrich unter seine Zeit beim FC Basel. In der Hoffnung, es möge sich um einen vorläufigen Schlussstrich handeln. Einen, der ausradiert werden kann, wenn sich im Club die Bedingungen verändert haben.
Dem Entscheid vorausgegangen war ein monatelanges Hin und Her, bei dem Alex Frei mehrmals mit der Aussicht konfrontiert wurde, Marcel Koller als Trainer zu beerben. Und das zunächst nicht nur per Ende Saison: Noch im Februar fanden infolge des enttäuschenden Rückrunden-Starts erste Gespräche zwischen Frei und der Clubführung um Präsident Bernhard Burgener und CEO Roland Heri statt, bei denen ein sofortiger Wechsel der Gedanke war. Frei signalisierte Interesse, wünschte etwas Bedenkzeit - und begann bereits, seinen Staff zu formieren.
Eine Schlüsselperson darin hätte der frühere FCB-Trainer Heiko Vogel sein sollen, der mit Frei als Stürmer in Basel in der Saison 2011/12 seine erfolgreichste Phase erlebte. Vogel wäre bereit gewesen, Frei zu assistieren. Doch als dieser erneut das Gespräch mit der Clubleitung suchte, war Burgener von einem sofortigen Trainerwechsel abgekommen. Finanzielle Überlegungen dürften dabei eine Rolle gespielt haben. Frei mahnte Vogel während mehrerer Wochen erfolgreich zu Geduld. Als der 44-jährige Pfälzer jedoch im Mai die Stelle als U23-Trainer bei Borussia Mönchengladbach angeboten bekam, mochte er nicht mehr länger zuwarten und unterschrieb einen Dreijahres-Vertrag.
Die Idee mit Christian Gross
Wohl noch vorher kam im Club ein neuer Gedanke auf: Freis Unerfahrenheit als Profi-Trainer auf der Rechnung, schwirrte plötzlich die Idee herum, Christian Gross könnte Cheftrainer werden - mit Frei als Assistenten und möglichem Kronprinzen.
Es ist dies ein Gedanke, den Christian Gross gegenüber der BaZ rückblickend als sehr vage und überhaupt nicht konkret umschreibt. Frei jedoch wurde damit konfrontiert. Zwischen ihm und Gross fand ein Telefonat statt, in dem er dem früheren FCB-Meistertrainer zu verstehen gab, dass er einen Posten als Assistenztrainer zum jetzigen Zeitpunkt nicht als passenden Karriereschritt erachte.
Christian Gross war danach kein Thema mehr. Anders als Frei: Im August gab es erneut Gespräche, dieses Mal mit Sportdirektor Ruedi Zbinden. Diese gingen so weit, dass Frei am Ende eine Offerte erhielt - im Gegenzug aber auch geäussert haben soll, dass sich die Strukturen auf Führungsebene verändern müssten, damit er sich in der Lage sähe, den Job als FCB-Trainer erfolgreich auszuüben.
Alex Freis Vertrauen in Burgeners und Heris Wirken in Sachen Trainerfrage hatte unter den Erfahrungen der vorangegangen Monate bereits gelitten. Hinzu kam, dass auch Luzern-Trainer Fabio Celestini ein Angebot auf dem Tisch hatte - etwas, das Frei nicht verborgen blieb, zumal er mit FCL-Sportchef Remo Meyer befreundet ist.
Nägel mit Köpfen wurde in keinem der beiden Fälle gemacht. Bei Celestini dürfte dies daran gelegen haben, dass der FCB nicht bereit war, eine Ablösesumme an Luzern zu bezahlen. Bei Frei soll es sich so zugetragen haben, dass Zbinden bei der Offerte weniger Rücksprache mit Burgener und Heri nahm, als es die beiden wichtigsten Entscheidungsträger für richtig erachteten, was zu bösem Blut führte.
Sicher ist, was am vergangenen Montag folgte: Zbinden gab frustriert seinen Rücktritt als Sportdirektor. Spätestens jetzt war Alex Frei klar, dass er für die Clubführung nicht mehr als FCB-Cheftrainer in Frage kommt. Eine Erkenntnis, die nach der ganzen Vorgeschichte ziemlich enttäuschend gewesen sein dürfte. Auch, weil Alex Frei gerne Trainer geworden wäre. Wohl aber auch, weil er die Vorgehensweise der Clubführung immer wieder als undurchsichtig und irritierend wahrgenommen hatte. So eben, dass sich für Alex Frei nach Gesprächen mit diversen Vertrauten ein fragwürdiges Gesamtbild ergab. Eines, das ihm auch eine Weiterarbeit als FCB-U21-Trainer verunmöglichte, wollte er weiterhin in den Spiegel blicken.
Weinzierl? Sforza? Berner?
Entsprechend setzte er sein Kündigungsschreiben auf, wartete mit Rücksicht auf die Mannschaft die englische Woche ab und stand am Samstag beim Promotion-League-Heimspiel gegen den FC Rapperswil-Jona noch an der Seitenlinie. Er erlebte seinen ersten Sieg auf dieser Stufe, wissend, dass es auch sein letzter sein würde.
Mit der Nachricht von Alex Freis Abgang wird der FC Basel ein zweites Mal innert Wochenfrist erschüttert. Die Clubführung um Bernhard Burgener und Roland Heri macht abermals eine schlechte Figur. Mit Nachbeben ist zu rechnen, während die Trainersuche weitergeht. Diese soll offenbar von einer Kommission fortgeführt werden, der neben Burgener und Heri auch Nachwuchschef Van Lierop und Alexander Staehelin (Leiter Strategie und Entwicklung) angehören - und bei der dem Vernehmen nach mit Walter de Gregorio und Bernd Fisa auch zwei persönliche Berater Burgeners mitreden.
Dabei stehen die Zeichen plötzlich wieder auf Markus Weinzierl, nachdem zwischenzeitlich Alexander Zorniger heiss gehandelt worden war. Aber eben: Manchmal taucht dann auch ein Name wie Bruno Berner auf. Und am Montag Vormittag machte gar das Gerücht die Runde, Heri hätte sich mit Ciriaco Sforza getroffen. Die Auflösung, wer neuer FCB-Trainer wird, folgt bestimmt bald. Doch all das zeigt: Der Fantasie sind momentan keine Grenzen gesetzt, wenn es um den FC Basel geht. Und das ist kein gutes Zeichen.