Presseschau

Basellandschaftliche Zeitung vom 28.08.2020

Versetzt, vertrieben, vergrault

Céline Feller

Ricky van Wolfswinkel wird den FCB verlassen. Weil sein Vertrag endet – und er die Schnauze voll hat. Die Hintergründe.

Es ist ja in den vergangenen ­Tagen und Wochen durchaus ­einmal vorgekommen, dass die Verantwortlichen des FC Basel Dinge vergessen haben. Beispielsweise möglichen Nach­folgern von Marcel Koller als Cheftrainer der ersten Mannschaft abzusagen. Oder zu von ihnen gewünschten und arrangierten Treffen mit Vertretern dieser Zeitung zu erscheinen. Oder zu Terminen mit Spielern ihrer ersten Mannschaft. Spielern, deren Verträge am kommenden Montag, dem 31. August, auslaufen, und die gerne über das Saisonende hinaus beim FCB geblieben wären. Spieler, die jetzt aber die Schnauze voll haben. Spieler wie Ricky van Wolfswinkel.

Der Holländer, seit Sommer 2017 beim FCB und damals als Königstransfer des Ex-Sportchefs Marco Streller vorgestellt, wird keine weitere Saison in Basel bleiben. Dabei war das sein ursprünglicher Plan, wollte er doch nach seinen langen und vielen verletzungsbedingten Absenzen in diesen drei Jahren etwas zurückgeben. Er sprach davon, hier noch nicht fertig zu sein, dass er etwas vollenden möchte. Doch das wird er nicht tun können.

Erst ein Angebot über drei Jahre – dann das Ende

Zum einen, weil Präsident Bernhard Burgener und CEO Roland Heri den Noch-Sportchef Ruedi Zbinden vorgeschickt haben, um van Wolfswinkel zu eröffnen, dass er nicht bleiben kann. Obschon er noch vor wenigen Wochen ein Angebot über drei weitere Jahre auf dem Tisch liegen hatte. Zum anderen aber auch, weil diese unterbrachte Offerte und insbesondere das weitere Verhalten des Präsidenten und des CEO respektlos gewesen seien. So ist es aus dem Umfeld des Spielers zu hören. Dieser sei enttäuscht, wütend, und spreche von einem unfassbaren Verhalten seitens der Verantwortlichen.

Der Unmut des sonst so gelassenen van Wolfswinkels gründet nicht im Angebot, welches ihm eine um 40 Prozent tiefere Lohnsumme gebracht hätte, als er sie jetzt hat. Damit hätte er sich – unter leicht modifizierten, stark leistungsbezogenen Konditionen – vielleicht sogar noch arrangiert. Trotz zahlreicher, auch finanziell besserer Angebote. Nein, es geht darum, dass van Wolfswinkel zu einem Termin mit Heri und Burgener zitiert wurde, bei welchem ihm erklärt worden wäre, dass man ihn nun doch nicht mehr weitere drei Jahre, sondern gar nicht behalten möchte. Zu diesem Treffen sind jedoch weder Heri noch Burgener erschienen. Van Wolfswinkel wurde versetzt, und fasste den Entschluss, zu gehen, bevor Ruedi Zbinden ihm die Nachricht schliesslich überhaupt überbringen konnte. Die öffentliche Kommunikation nahm er dem Verein immerhin vorweg. Er verabschiedete sich am Mittwochabend via Instagram, die Bestätigung des Klubs folgte erst am Donnerstagmorgen.

Der Umgang mit dem Holländer, der sich nicht nur bei der Anhängerschaft grosser Beliebtheit erfreut, sondern auch bei den Teamkollegen, soll in der Mannschaft diversen Spielern sauer aufstossen. Weil es beispielhaft dafür ist, wie mittlerweile im Verein mit verdienten Mitarbeitern umgegangen wird. Denn das ist der 31-Jährige. Auch wenn er beinahe ein Jahr ausgefallen ist, nachdem ein Aneurysma in seinem Kopf entdeckt wurde. Und auch wenn er daneben wegen eines Mittelfussbruchs und Knieproblemen monatelang fehlte. Wenn es ihn brauchte und er gesundheitlich in der Lage war, war van Wolfswinkel immer bereit. Ob als Flügel, Zehner oder auf seiner angestammten Position als Stossstürmer. In seinen 85 Partien für Basel bringt er es auf 35 Tore sowie zwölf Assists. Und damit auf durchschnittlich mehr als eine Torbeteiligung in jedem zweiten Spiel.

Auch Xhaka wird langsam ungeduldig

Am Sonntag wird er wohl eine weitere Chance bekommen. Dann steht das letzte Spiel für van Wolfswinkel in Diensten des FCB an. Der Cupfinal in Bern gegen YB. Gut möglich, dass er dann erneut spielen wird, weil mit Samuele Campo und Arthur Cabral zwei Offensivkräfte noch immer fraglich sind, haben sie nach der Quarantäne doch einen Trainingsrückstand von zehn Tagen.

Wie es danach mit van Wolfswinkel weitergehen wird, ist unklar. Sein Berater prüft Angebote, der Spieler selber fühlt sich fit wie lange nicht. Glaubt man aber dem, was die Spatzen rund um den Joggeli-Turm von den Dächern zwitschern, dann könnte van Wolfswinkel nicht der Einzige sein, dem es zu bunt wird in Basel. Gar Spieler wie ein Taulant Xhaka, das Synonym von Verbundenheit mit dem FCB, soll ob der Vorgänge in der Chefetage wütend sein. Sein Arbeitspapier läuft zwar erst nächstes Jahr aus, er hat aber längst den Wunsch geäussert, länger bleiben zu wollen – am liebsten bis zum Karriereende. Nur: Auch er soll hingehalten werden. Wie ein Alex Frei oder wie ein Ricky van Wolfswinkel. Die Liste dürfte beliebig verlängerbar sein. Genauso wie jene der offenen Stellen, wenn es so weitergeht. Zwar hat der FCB immerhin in Ciriaco Sforza einen neuen Trainer gefunden, ein Sportchef ist aber ebenso wenig vorhanden wie ein Trainer für die U21. Und die Attraktivität des Vereins wird, gelinde gesagt, konstant kleiner.

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