Presseschau

NZZ vom 15.10.2020

Brot, Spiele und Kasami

Der FC Basel startet ein Unterhaltungsprogramm, um Meister zu werden und sein Publikum zu besänftigen

Flurin Clalüna, Basel

Eigentlich könnten sie in Basel den roten Teppich jeweils gleich liegen lassen, es kommt immer sofort der nächste Prominente vorbei, um sich als neuer Mitarbeiter des FCB vorzustellen. Am Mittwoch ist es nach Timm Klose nun Pajtim Kasami, 28-jährig, der vielleicht kompletteste zentrale Schweizer Mittelfeldspieler seiner Generation, weil er etwas hat, was nur wenige haben: Härte und Sanftheit. Wenn man ihm zuschaut, fragt man sich immer, wie dieser wuchtige Körper zu den feinen Füssen passt. Kasami sagt: «Ich habe Spielintelligenz und Power, mit der ich weh machen kann – den Gegnern und mir selber.» Es ist bezeichnend, dass er sagt, er könne sich auch selbst weh tun. Kasami war jahrelang ein Suchender, mit sich und der Welt nicht immer zufrieden, in jungen Jahren war er in Liverpool, später in Palermo, Nottingham und Fulham.

Nach zuletzt unruhigen Jahren in Sitten wäre es an der Zeit, nun irgendwo anzukommen. Kasami sagt, er könne sich vorstellen, auch länger als die vereinbarten zwei Vertragsjahre in Basel zu bleiben. Sie wollten ihn im Verein schon länger haben, aber es sollte die längste Zeit einfach nicht recht klappen. Vielleicht ist der Moment nun gerade richtig. «Mein Karrierehöhepunkt kommt erst noch», sagt Kasami. Irgendwann sogar vielleicht auch wieder in der Schweizer Nationalmannschaft, in der er 2016 letztmals spielte und dann irgendwie abgehängt wurde und vergessen ging.

«Unbedingt Meister werden»

Der leise Kasami mit dem immer etwas leidenden Gesichtsausdruck ist Teil des neuen Unterhaltungsprogramms, das der FCB-Präsident Bernhard Burgener kürzlich gestartet hat. Nach mehr als drei Jahren im Amt hat er herausgefunden, wie er sein Publikum am besten zufriedenstellen kann. Mit Brot und Spielen, oder besser: mit Brot, Spielen, Kasami und ein paar anderen. Dass er als Filmproduzent aus dem Showbusiness so lange gebraucht hat, bis er auf diese Idee kam, ist eigentlich erstaunlich. Denn wenn zur Unterhaltung dann auch noch der Erfolg dazukommt, soll alles wieder gut sein in seiner bisher nicht so guten Präsidentschaft. Kasami sagt: «Mit diesem Kader können wir um den Meistertitel spielen. Ich will unbedingt Meister werden.» Das war er in der Schweiz noch nie, dafür zwei Mal in Griechenland mit Olympiakos Piräus.

Um Titel geht es bei Burgeners neuster Charmeoffensive auch, sie kommt überraschend, weil sie Geld kostet, Geld, das in der Corona-Krise eigentlich knapp ist, besonders wenn man nicht im Europacup spielt, so wie der FC Basel in dieser Saison. Es ist ein Zeichen nach innen, dass man wieder sein möchte, wer man einmal war. Aber ebenso sehr eines nach aussen in Richtung Meister YB. Der FCB investiert wieder, und er tut dies recht eindrücklich – mit Geld, von dem andere nur träumen können. Nun gibt er es nach vielen Abgängen im Sommer auch tatsächlich aus. Burgener sagt, er mache ja bloss, was er immer gesagt habe. «Alle schreiben nun positiv über unsere neuen Spieler. Das gefällt mir natürlich. Wir haben nun elf Spieler weniger unter Vertrag, sechs neue sind dazugekommen. Sehr teure Verträge fallen weg, davon profitieren wir. Die Lohnsumme ist weiter gesunken.» Der FCB kann es sich also leisten.

Der Klub hat den aufregenden Albaner Edon Zhegrova und den Brasilianer Cabral übernommen, er hat kürzlich die Verträge von Taulant Xhaka und Valentin Stocker verlängert und nun Klose von Norwich, Jorge von der AS Monaco und Kasami von Sitten verpflichtet. Der kennt sich in Basel zwar noch nicht recht aus und hat sich mit dem Auto und dem Fahrrad schon in der Stadt verfahren, doch für das Lokalkolorit ist ja auch eher der Basler Klose zuständig als der Zürcher Kasami. Und nun reden auf einmal alle in der Stadt wieder über Fussball und ihre Hoffnungen, für die die Neuen stehen. Die Transfers sind eine Ablenkung, um die Feindseligkeiten gegen Burgener vergessen zu machen. Und der Präsident ist nicht der Einzige, der sich darüber freut.

Burgeners aktivere Rolle

Der Trainer Ciriaco Sforza hat auf die Transfers mehr Einfluss als ein gewöhnlicher Coach, der FCB verfolge das «englische Modell», sagt Burgener, er wolle das so. Das bedeutet, dass Sforza als eine Art Manager wirkt, der die Mannschaft nicht nur trainiert, sondern auch mitgestalten darf. Er selber bringe sich bei Verhandlungen mit Spielern nun auch mehr ein, sagt Burgener. «Ich bin nun zum ersten Mal aktiv dabei. In der Vergangenheit hat der Sportchef die Transfers vorgeschlagen, und ich habe meistens Ja gesagt. Ciriaco Sforza hat mein ganzes Vertrauen. Er hatte den Auftrag, die Mannschaft anzuschauen und Bedürfnisse zu formulieren.» Die Suche nach einem Sportchef ist nach dem Rücktritt von Ruedi Zbinden vorerst auf Eis gelegt.

Dafür steht Sforza nun gleich doppelt in der Verantwortung. Er hat als Chefcoach-Manager bekommen, was er sich gewünscht hat, er trainiert nun eine Mannschaft, die auf dem Papier so gut ist wie keine in seiner Vergangenheit als Trainer. Um eines kommt er also nicht herum: Sforza wird YB in dieser Saison mehr als nur herausfordern müssen.

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