Presseschau

NZZ vom 01.02.2021

Keine Zeit für grosse Träume

Der FC Basel verhindert gegen Lugano spät die nächste Heimniederlage – 2:2
Bernhard Brunner, Basel

Zum Auftakt ins neue Fussballjahr hatte der FC Basel am vergangenen Wochenende ein Debakel erlebt: 1:4 lautete das Resultat gegen den FC Zürich. Das Renommee des einst so dominanten FCB ist ohnehin bereits arg angeschlagen, die Art und Weise, wie die Basler gegen den FCZ untergingen, warf weitere Fragen auf. Die Äusserungen einiger FCB-Spieler nach der Partie legten nahe, dass es in der Kabine laut zu- und hergegangen sein dürfte.

Die deutliche Niederlage gegen den FCZ machte die Situation für die Basler mitten in der schwierigen zweiten Welle der Coronavirus-Pandemie nicht einfacher. Zumal sie den Klub in einer Umbruchphase traf, in der die Führungskräfte Bernhard Burgener und Roland Heri unter schwierigsten Bedingungen darum bemüht sind, den FCB in eine neue Ära zu führen. Doch Basel bleibt Basel – eine Fussballstadt, in der in guten Zeiten der Hype der Fans das Team tragen kann, in schlechten die Stimmung aber schnell kippt. Die neue Führung sieht sich mit Kritik von unterschiedlichsten Seiten konfrontiert, jeder Transfer wird hinterfragt, jede Zahl, jede Handlung des Klubs. Und gerade in der gegenwärtigen Corona-Krise ist es schwierig, einzuordnen, welche Kräfte welche Wirkungen entfalten.

Ist es ein gutes oder ein schlechtes Zeichen, dass rund 14 000 von 19 000 Abonnenten ihre Jahreskarten bis zum Sommer verlängert haben? Oder eine Misstrauensbekundung gegenüber der Klubführung? Oder gar bloss eine der unliebsamen Folgen der Corona-Krise, die alle vor grosse Herausforderungen stellt. Ein Klub-Insider fragt: Wo stünde der FC Basel in dieser Krise ohne einen Mann wie Bernhard Burgener? Unzählige Millionen gehen flöten, das Überleben wird zur Herkules-Aufgabe.

Am Sonntag empfingen die Basler mit dem FC Lugano eine Mannschaft, die seit langem schwer zu bezwingen ist, hartnäckig spielt, eine verschworene Einheit bildet. Die Luganesi sind das Überraschungsteam der bisherigen Saison. In Basel fehlte den Tessinern nur wenig zum Sieg; nach 87 Minuten gingen sie durch Christopher Lungoyi 2:1 in Führung. Doch zwei Minuten später gelang dem FCB durch Jasper van der Werff noch der Ausgleich. Der FC Lugano hatte nach einem Konter in der 37. Minute durch Asumah Abubakar das 1:0 erzielt, Cabral in der 84. Minute bereits einmal ausgeglichen. Der vom SC Freiburg ausgeliehene Amir Abrashi gab sein Debüt für den FCB, nach unauffälligen 45 Minuten war sein Arbeitstag jedoch bereits beendet. Der späte Ausgleich verleitete den FCB-Trainer Ciriaco Sforza zu Aussage, dass die «Mentalität, die Leidenschaft stimmt». Die spielerische Qualität war hingegen ungenügend. Zu selten gelang es den Baslern, Offensivaktionen zu kreieren. Diesen Mangel offenbart der FC Basel bereits seit dem Saisonbeginn. Und auch der FC Lugano ist nicht eben für furiosen Offensivfussball bekannt. Das Team des Trainers Maurizio Jacobacci errang im St.-Jakob-Park bereits zum neunten Mal in dieser Saison ein Remis.

Der FC Basel bleibt in dieser Saison weiterhin fragil. Das Torverhältnis von 26:24 ist vielsagend, ebenso die Tatsache, dass die Basler im eigenen Stadion immer wieder schwächeln. Gross zu träumen stünde dem FCB derzeit seltsam an. Doch wer tut dies schon in diesen unwirtlichen Zeiten?

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