Presseschau

SonntagsZeitung vom 11.04.2021

Jetzt soll Degen offenlegen, woher er das Geld hat

Im Kampf um die Macht beim FC Basel können sich Bernhard Burgener und David Degen auf treue Gefolgsleute verlassen. Die Burgener-Seite verschärft nun das Tempo

Thomas Schifferle und Christian Zürcher

In der Stimme liegt noch immer viel Kraft. Vielleicht liegt es auch daran, dass Karl Odermatt an diesem Freitagmorgen gerade im Auto unterwegs ist und darum den Ton härter anschlägt. Vielleicht liegt es aber auch an der Verärgerung, was gerade mit dem und um den FC Basel passiert, seinen FCB, bei dem er einst als Spieler zum Idol geworden ist.

Odermatt forciert das Tempo, nicht beim Autofahren, sondern in diesem Rechtsstreit, wem künftig der FC Basel gehören soll: Bernhard Burgener oder David Degen? «Am 12. April wird sich vieles entscheiden», sagt er.

Der 12. ist der morgige Montag, und dann soll Degen Belege vorlegen: Woher hat er das Geld? Mit wem arbeitet er zusammen? Will er über die Agentur seines Zwillingsbruders Philipp nur Spieler holen und wieder verkaufen? Und auch, so Odermatt weiter: «Er muss dem Verwaltungsrat beweisen, dass er nicht nur die 16,4 Millionen hat, sondern auch die nächsten zwei Jahre überstehen kann. Er muss uns zeigen, wie, wann, wo!»

Odermatt ist eines der vier Mitglieder im Verwaltungsrat der FC Basel 1893 Holding AG, neben Burgener, Degen und Peter von Büren. Die 16,4 Millionen Franken entsprechen dem Betrag, den Degen gemäss des Aktionärsbindungsvertrags (ABV) vorlegen muss, um den Anteil von Burgener an der Holding übernehmen zu können, sofern Burgener seinen Anteil von 80 Prozent verkaufen will. Und das will er: an die Basel Dream & Vision AG, an der er selbst beteiligt ist.

Degen hat sich von Wirtschaftsrechtsprofessor und SVP-Nationalrat Hans-Ueli Vogt ein Gutachten erstellen lassen, das er zu seinen Gunsten auslegen kann. Burgener kämpft mit seinen Mitteln, die er als Geschäftsmann in vielen Rechtsstreitigkeiten schon verfeinert hat. Und dazu gehört, dass Odermatt im letzten «SonntagsBlick» für ihn sagt: «Ich habe die Nase voll von David Degen!»

Der Montag also als entscheidender Tag?

Eigentlich müsste Degen gemäss ABV gar keine weitere Auskunft geben. Er muss nur sein Zahlungsversprechen belegen können - und das hat er bereits getan. Trotzdem will er auf einzelne Punkte eingehen. Zu anderen verweigert er sich: zum Beispiel zur Forderung nach seinem Steuerausweis der letzten vier Jahre.

Burgener gegen Degen: Es ist ein Duell, das auch von den Exponenten in den beiden Lagern geprägt wird. Beide werfen sich gegenseitig Unwahrheiten vor. Beide versuchen über Zeitungen Stimmung zu machen. Und beide haben sich für teures Geld Berater und Juristen geholt. Das sind sie:

Daniel Büchi Degens Spindoktor

Selbst David Degen wusste Mitte März, dass er nun professionelle Hilfe braucht. Er hatte gerade einen Bock geschossen und einen Beteiligungsversuch an GC als «Blödsinn» abgestempelt. Blöd nur, dass es dafür schriftliche Beweise gab. Degen wandte sich an den alten Bekannten Daniel Büchi, den ehemaligen CEO von Radio Energy, der heute strategische Beratungen für Tagesansätze von bis zu 6000 Franken anbietet.

Büchi bildet in diesen Tagen zusammen mit Degen und dessen Anwalt Thomas Hochstrasser von der renommierten Zürcher Kanzlei Niederer Kraft Frey das Kernteam bei der Mission Clubkauf. Gemeinsam versuchen sie Burgener zu entmachten. Büchi gibt dabei den Spindoktor, den Mann mit den Fäden in der Hand. Er muss die Leute in Basel von Degen überzeugen, er will Degens Image geradebiegen, weg vom Hallodri, hin zum seriösen Geschäftsmann. Kann er das?

Büchi schaffte es vom Praktikanten der Radiobranche zum CEO des grössten Privatradios der Schweiz. Er weiss, wie es nach oben geht. Er kennt den Weg durch Gerichtssäle. Er ist krisen- und streiterprobt, davon zeugen seine jahrelangen Kämpfe mit Roger Schawinski. Dieser bezeichnete Büchi 2014 beim Übernahmestreit um Radio 105 als Mann mit dem «zweifelhaftesten Ruf in der ganzen Radiobranche». Als Büchis Energy im Jahr 2016 Radio 24 vom Sockel des meistgehörten Privatradios stiess, schickte Büchi Schawinski einen Blumenstrauss. Eine kleine Provokation.

Als Degen Burgener ein selbst getragenes FCB-Shirt samt handgeschriebenem Kärtchen schenkte, war das eine ähnliche Provokation, sehr kalkuliert dazu, das zeigt der anschliessende Post auf Instagram. Die Medien sprangen sofort auf, die Sache nahm eine Dynamik an, die vor allem eines machte: Sie setzte Burgener unter öffentlichen Druck. Als Degen bereits Minuten nach den geplatzten Kaufverhandlungen in einer vorverfassten Medienmitteilung Machtansprüche formulierte, verfolgte das ein ähnliches Ziel. Burgener war überrascht, er musste reagieren.

Im Grunde gehören diese Aktionen zum Handwerk eines PR-Beraters: Druck aufbauen und Fehler provozieren. Im Team Degen ist man offenbar der Meinung, dass man solche Fehler provoziert habe, dass sie gar juristische Folgen haben könnten. Tatsächlich wird die Angelegenheit wohl vor Gericht entschieden. Büchi will sich darum nicht öffentlich äussern. Nur so viel: Eigenes Geld wird er beim FCB nicht investieren. Wäre ja auch sonderbar: Büchi ist GC-Fan.

Guido Tognoni Degens Netzwerker

«Ich stehe immer auf der Seite der Guten», sagt Guido Tognoni. Es ist ein salopper Satz, aber passend zum Selbstverständnis des jung gebliebenen 70-Jährigen aus Küsnacht, den Freunde nach seinem beruflichen Aufenthalt in Katar auch «Scheich» nennen.

Tognoni ist eine schillernde Figur in der Sportwelt. Jurist. Sportjournalist beim «Tages-Anzeiger». Sportchef von 1984 bis 1987 beim Zürcher SC. Gleichzeitig aber schon Pressechef der Fifa. Vom damaligen Präsidenten Sepp Blatter entlassen und Jahre später wieder zurückgeholt, als die Fifa wegen der Konkurse wichtiger Medienpartner in Not gerät. Dann wieder entlassen. Zwischendurch bei der Uefa. Dann ab 2004 für drei Jahre in Katar, um bei der Organisation der Asienspiele zu helfen.

Das ist Tognoni, ein Mann mit grossem Netzwerk und unstillbarer Lust, Journalisten schon frühmorgens mit seinen Kommentaren zu ihren Texten zu reizen. Im vergangenen August trifft er einen Elsässer, der gut bekannt ist mit Degen, und erfährt von ihm: Degen suche Geld, um den FC Basel übernehmen zu können.

Tognoni springt sofort darauf an. Er trifft sich mit Degen und erhält einen guten Eindruck von ihm. «Er hat mich mit seinem Konzept überzeugt», sagt er im Rückblick. Als Nächstes wendet er sich an Marcel Niederer. Das ist ein früherer Eishockey-Meisterspieler, der sein Geld als Unternehmer gemacht und Belinda Bencic auf ihrem Weg in die Weltspitze des Tennis finanziell begleitet hat. Niederer sagt Tognoni seine Unterstützung zu.

Tognoni schaut in seiner Adressliste nach, wer noch helfen könnte. Er findet Thomas P. Trinkler und Patrick Held, zwei frühere Basler Handballer, die inzwischen im Zürcher Seefeld eine Vermögensverwaltung betreiben. Auch sie versuchen, Unterstützer für Degen zu finden.

Als Degen vor jüngst in der «Basler Zeitung» ein dreiseitiges Interview gibt, wird er gefragt, welche Leute hinter ihm stehen. Degen sagt nichts dazu. Er sagt nur, dass er als künftiger Besitzer nicht Präsident oder CEO sein wolle, sondern nur Verwaltungsrat.

Im Hintergrund laufen allerdings die konkreten Arbeiten, ein Unterstützungskomitee für ihn zu bilden. Dabei soll es sich um Basler Persönlichkeiten handeln, die ihm moralisch oder allenfalls auch finanziell beistehen wollen. Und sie tun es in der Überzeugung, dass es Besseres gibt für den FCB als Bernhard Burgener.

Walter de Gregorio Burgeners Netzwerker

Walter de Gregorio, Kürzel wdg, ist wie eine Kopie Tognonis, nur arbeitet er im anderen Lager. Der 56-Jährige war Journalist, bei Tamedia-Titeln, beim «Blick», der «Weltwoche» oder der «Zeit», bevor er 2011 Kommunikationsdirektor der Fifa wurde.

De Gregorio wurde nach den vier Jahren beim Weltverband selbstständiger Kommunikationsberater. Burgener ist einer seiner Klienten. Ein anderer ist Centricus, die englische Investmentfirma, die über die Dream & Vision AG angeblich 200 Millionen Franken in den FCB stecken will. De Gregorio hat den Kontakt zwischen Burgener und Centricus hergestellt. Kommt es zum Abschluss, erhält er seine Provision. So sagt er das.

Mit Burgener ist er seit fünf oder sechs Jahren verbunden. Er versteht sich auch nicht als sein Berater, was darum glaubwürdig ist, weil Burgener in der Branche als beratungsresistent gilt. Trotzdem hat der FCB-Präsident mit Aloys Hirzel einen sehr teuren Berater für die Kommunikation engagiert.

De Gregorio sagt über seine Rolle: «Ich stelle ihm mein Netzwerk zur Verfügung.» Es ist ein buntes: Dazu gehört zum Beispiel der grosse Spielervermittler Jorge Mendes. Der Portugiese schlug ihm einmal vor, er könne doch CEO in Wolverhampton werden. De Gregorio wollte nicht, als er auf der Karte sah, in welchem Niemandsland diese Stadt liegt. Ihm war lieber, ein Mandat von Mendes zu erhalten, um sich im deutschsprachigen Raum für Cristiano Ronaldo einzusetzen, als der wegen einer Steueraffäre unter Druck geraten war.

De Gregorio stellte auch den Kontakt zwischen San Lorenzo und Basel her. Er begleitete Burgener nach Argentinien, als die Kooperation der Clubs bei Transfers besiegelt wurde. Burgener investierte dafür rund 2,5 Millionen Dollar. Der Kauf von Matias Palacios ist das erste Ergebnis dieser Zusammenarbeit. Der FCB gab zwischen 2,5 und 3 Millionen Dollar aus, um sich 50 Prozent an den Transferrechten des knapp 19-jährigen Mittelfeldspielers zu sichern.

Zu De Gregorios Netzwerk gehört eben Centricus. Am Geld dieser Firma soll auch Degen interessiert gewesen sein. Zumindest wurde das Degen in einem «Blick»-Artikel vorgehalten. Degen dementierte, was direkt aus der Burgener-Küche lanciert worden war.

Und jetzt, Walter de Gregorio: Wer setzt sich in diesem Streit um die Macht beim FCB durch? «Ich hoffe natürlich Burgener.»

Karl Odermatt Burgeners Gefolgsmann

In Basel braucht keiner näher zu erklären, wer Karl Odermatt ist. Er ist der Karli aus der Zeit, als der FCB Ende der Sechzigerjahre beginnt, Meisterschaften zu gewinnen und gleich den Puls einer ganzen Region zu bestimmen. «Karli no ne Goal», hiess ein Hit.

78 ist Odermatt inzwischen, und dem Club ist er bis heute eng verbunden, weil er bei ihm auch immer wieder Arbeit fand. Bernhard Burgener ist sein Freund, seit über 30 Jahren schon. Burgener gefällt es, ein Idol an seiner Seite zu haben. Und Odermatt ist ihm auch oder gerade jetzt treu ergebener Diener und Gefolgsmann.

Burgener ist das Gesicht des Niedergangs des FCB, der anhaltenden Diskussionen um einen Club, der kein Vorzeigeprodukt mehr ist, sondern in nicht einmal vier Jahren im Chaos versunken ist. Ach was, ruft Odermatt ins Telefon, «ich sehe doch, wie Burgener arbeitet. Im Gegensatz zur Presse sage ich: Er arbeitet hervorragend. Er hat ein Plus abgegeben. Also! Also!» Bei ihm enden Sätze oft mit einem Ausrufezeichen.

Wenigstens redet er selbst. In jüngster Vergangenheit ist es auch schon vorgekommen, dass Burgener das für ihn übernommen hat. Nun aber gründet seine Verteidigungsrede für den Präsidenten auf der Nachricht, dass der FCB für das Geschäftsjahr 2020 einen Gewinn von 48’800 Franken ausgewiesen hat - «das ist doch hervorragend, wenn man in diesen Zeiten einen Gewinn ausweisen kann», sagt Odermatt, «schauen Sie sich die anderen Clubs an».

Odermatt ist einer von zwei Vertrauten im Verwaltungsrat der FC Basel 1893 Holding AG, die die Kontrolle über die FC Basel 1893 AG und damit über die Profiabteilung hat. Der zweite Vertraute heisst Peter von Büren. Seit 1994 arbeitet er unter anderem als Finanzchef für die Firma von Burgener. Seit 2015 ist er Verwaltungsrat der Highlight Communications AG und diverser Tochtergesellschaften der Burgener-Gruppe.

Noch eine Frage an Odermatt: Was ist denn mit dem sportlichen Absturz? Hat Burgener damit nichts zu tun? «Sportlich ist er nicht verantwortlich, dafür gibt es andere Leute. Und das Geschäftliche ist bei ihm hervorragend. Es gibt keinen Besseren als ihn!»

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