Presseschau

Basler Zeitung vom 17.12.2004

Holländer randalieren in der Innenstadt

Feyenoord-Fans zwingen Polizei zu Grosseinsatz und zu 50 Verhaftungen

CLAUDIA KOCHER

Bereits am Nachmittag herrschte gestern in der Innenstadt das Chaos. Rund 500 betrunkene holländische Fussballfans randalierten in der Steinenvorstadt und zerschlugen wahllos Schaufenster.

Schon am frühen Nachmittag waren die Fussballfans von Feyenoord Rotterdam nicht mehr zu überhören. Man traf sie auf dem Marktplatz, auf der Mittleren Brücke, am Spalenberg und dachte: «Wie nett, dass sie Basel besuchen.» Aber auch: «‹Gfürchtig›, wie sie aussehen.» Betrunken waren sie schon früh, sie belagerten die «Rio-Bar» und das «Pickwick-Pub» in der Steinenvorstadt.

Läden geschlossen. Die Polizei stand ebenfalls früh im Einsatz. Mit wie viel Mann, das wollte gestern niemand sagen. «Es waren viele», sagte Polizeisprecher Klaus Mannhart. «Ein Grosseinsatz.» Polizisten sagten, sie hätten einrücken müssen, obwohl sie eigentlich frei gehabt hätten. Überall warteten Kastenwagen. Polizisten beruhigten ihre Hunde. Alle schienen nervös. FCB-Fans sah man so gut wie keine.

Die Holländer rotteten sich vor allem in der Steinenvorstadt zusammen. Mehrmals drohte die Situation zu eskalieren. Die Fans putschten sich auf, indem sie leere Bierflaschen zerschlugen - das törnte die Betrunkenen ganz offensichtlich zu immer neuen Ausfällen und lauterem Grölen an. Wahllos pissten sie an die Hauswände. Die Polizei fuhr wild herum, die Ambulanz ebenso, teils mit Sirenenalarm. Ladenbesitzer fürchteten sich und fragten die Polizei besorgt, wie dieser Abend wohl enden werde. Diverse Läden wie Scooter, Exlibris oder Spengler schlossen die Türen - zum Teil auf Anraten der Polizei. «Infolge Ausschreitungen halten wir es nicht für sicher, den Laden weiterhin offen zu halten», informierte Spengler die verunsicherten Kunden.

Mit einbrechender Dämmerung stieg der Alkoholpegel, die Fans wurden noch besoffener. Im «Pickwickpub» fiel der Strom aus, es floss kein Bier mehr und das Lokal musste zum Ärger der Holländer schliessen. In Ermangelung besserer Ideen schlugen sie Schaufenster ein, so beim Messerladen Mayer und bei Spar. Dort wurde eine Frau durch Glassplitter am Knie verletzt. Eine Petarde verletzte eine Person am Auge. Sie musste ins Spital gebracht werden. Der Fan, der die Petarde losgeschossen hatte, konnte auf Video festgehalten und später festgenommen werden.

Auch das Schaufenster von Gamebox ging in die Brüche. Mitarbeiter Flavio Spaini ärgerte sich: «Die Polizei stand zwar im Grosseinsatz - doch es war nichts von ihr zu sehen. Die Holländer warfen Petarden in den City-Disc und schlugen unsere Scheibe kaputt. Eine halbe Stunde später kam die Polizei zufällig vorbei. In den letzten drei Stunden habe ich zehnmal die Polizei angerufen - sie sagte, vielleicht käme noch jemand.» Man habe die Ware vollständig ausgeräumt.

Wo ist die Polizei? Auch nach der Verhaftung verschiedener Fans besserte sich die Lage laut Spaini kaum. «Es befinden sich immer noch betrunkene Holländer in der Steinen - wir haben sehr lange gezittert.» Er kann nicht verstehen, weshalb die Polizei so lange nicht eingegriffen hat. «Die müssen doch vorbereitet sein.» Zerschlagene Blumentöpfe, umgeworfene Velos und Motorräder zeugten von der Zerstörtungswut der 500 Schlachtenbummler. Feuerwehrwagen waren im Einsatz. Die Szene verlagerte sich Richtung Heuwaage, wo gegen 80 Personen aufeinander losgingen, wie Polizeisprecher Mannhart sagte. Vor allem Holländer seien es gewesen, aber auch ein paar Basler. Die Polizei, so schien es, wusste nicht so recht, was tun. Sie hielt sich zurück, wohl wissend, dass ein Einsatz vor dem Match die Situation vollends zur Eskalation gebracht hätte. Ladenbesitzer empörten sich, dass die Polizei nichts unternommen habe.

50 verhaftet. Um 18 Uhr hatte Klaus Mannhart noch keinen Überblick über die Situation. «Chaosphase» nannte er sie. Bis zu diesem Zeitpunkt war auch noch nicht bekannt, ob jemand verhaftet worden war oder nicht. «Die Bilanz der Verwüstung ist noch nicht gegeben», sagte Mannhart. Gegen 19 Uhr aber konnte er mitteilen, dass gegen 50 Holländer verhaftet worden waren - und zwar bei der Unterführung beim Zeughaus, wo die Fans eingekesselt wurden. Es seien vorwiegend jene verhaftet worden, die in der Steinenvorstadt randaliert hätten, sagte Mannhart. Den entstandenen Sachschaden konnte er noch nicht beziffern.

Bei allem Chaos, das gestern herrschte: Die Fans von Feyenoord Rotterdam kümmert es wohl herzlich wenig, in welcher Erinnerung man sie hier behält. Auf ihren schwarzen Bomberjacken steht ihr Motto: «No one likes us - we don’t care».

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