Presseschau

Basler Zeitung vom 23.12.2004

Bundesrat will Hooligan-Datenbank und Präventivhaft

Im Hinblick auf die Fussball-Europameisterschaft 2008 soll Gewalt bei Sportanlässen mit griffigen Massnahmen verhindert werden
FLORIAN RAZ

Gewalttäter sollen vor Sportveranstaltungen in präventiven Polizeigewahrsam genommen werden dürfen.

Geht es nach dem Bundesrat, stehen Hooligans harte Zeiten bevor. Im Hinblick auf die Fussball-Europameisterschaft 2008 will die Regierung die gesetzlichen Grundlagen schaffen, um Gewalt innerhalb und ausserhalb der Stadien entgegenzuwirken. Kernstück der Gesetzesrevision ist eine Hooligan-Datenbank, die den nationalen und internationalen Informationsaustausch über Gewalttäter ermöglichen soll.

Der Vorentwurf einer solchen Datenbank wurde bereits im Jahr 2003 von der damaligen Justizministerin Ruth Metzler in die Vernehmlassung geschickt. Zusätzlich plant der Bundesrat nun weitere Massnahmen. So sollen sich potenzielle Gewalttäter während eines Spiels oder kurz davor auf einem Polizeiposten melden müssen, es kann ein Rayon-Verbot, ein Ausreiseverbot oder gar eine präventive, befristete Haft ausgesprochen werden. Diese vier Massnahmen sollen im Sinn einer Steigerung angewendet werden: Erst wenn die mildere Strafe keine Wirkung zeigt, wird die nächstschärfere angeordnet.

wie in england. Ein ähnliches Gesetz wurde in England nach den Krawallen englischer Hooligans an der Fussball-WM 1998 in Frankreich unter dem Namen «Football Disorder Act 2000» eingeführt. Dass die Schweiz erst jetzt mit einer Gesetzesrevision reagiert, liegt laut Guido Balmer vom Bundesamt für Polizei «an der bevorstehenden EM 08 im eigenen Land». Um dann gewappnet zu sein, hat sich die Schweiz während der EM in Portugal über mögliche Gesetzesmassnahmen informiert.

Völlig unumstritten ist das geplante Gesetz nicht. Vor allem die Datenbank stösst aus Gründen des Datenschutzes auf Skepsis. So etwa bei der basellandschaftlichen Regierung, die im Juni des vergangenen Jahres im Rahmen der Vernehmlassung festhielt, sie befürworte die Stossrichtung, halte jedoch die geplante Hooligan-Datenbank «für zu wenig ausgereift».

Trotz dieser Bedenken hat der Bundesrat gestern beschlossen, an der Datenbank festzuhalten. Allerdings erarbeitet das Justiz- und Polizeidepartement nun aufgrund der nach der ersten Vernehmlassung eingegangenen Reaktionen und der von der Regierung neu getätigten Vorschläge einen ergänzenden Vorentwurf, der bis Mitte 2005 fertig gestellt sein soll.

Noch stehen also die Kriterien nicht fest, nach denen jemand in der Hooligan-Datenbank erfasst werden soll. Eine rechtlich fragwürdige Regelung wie in England ist unwahrscheinlich. Auf der Insel reicht bereits der unbegründete Verdacht der Polizei, dass ein Fan an Ausschreitungen teilnehmen könnte, um ihm den Reisepass zu entziehen.

NICHT WIE IN ALTSTETTEN. «Die Massnahmen würden nur gegen Personen angewandt, die in der Hooligan-Datenbank erfasst sind», erklärt Balmer. Will heissen, dass das Gesetz keine Grundlage für eine Präventivhaft schaffen wird, wie sie die Zürcher Stadtpolizei beim Auswärtsspiel des FC Basel gegen die Grasshoppers angewandt hatte, als alle Insassen eines Sonderzuges im Bahnhof Zürich-Altstetten in Haft genommen wurden.

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