Basler Zeitung vom 20.12.2005
Die 24 Spieler des FC Basel und zwei Versprengte - Eine Besprechung zur Saisonhalbzeit
Lohn der Arbeit. Zu feiern hatte der Meister FC Basel mit seinen Fans im letzten Halbjahr ausreichend. Foto Keystone
Florian Raz/Christoph Kieslich
Die Torhüter
Pascal Zuberbühler.
Spaltet die Nation seit diesem Herbst noch tiefer in Befürworter und Gegner. An der Nummer 1 des FCB (und des Nationalteams) gibt es aber nichts zu rütteln. Dennoch: Dem 34-Jährigen fehlen zwei, drei Partien, in dem der Torhüter den Unterschied ausmachte: zum Beispiel in Bremen; einzige Ausnahme: das GC-Spiel.
Louis Crayton &
Riccardo Meili.
Nur einmal durfte einer der beiden bei einem Pflichtspiel zwischen die Pfosten: Crayton beim Cup-Derby gegen die Old Boys. Ansonsten erfüllen die beiden ihre Aufgabe: Zuberbühler im Training zu unterstützen und zu motivieren.
Die Verteidiger
Reto Zanni.
In 29 Pflichtspielen rechts in der Anfangsformation, in 28 auch beim Abpfiff auf dem Platz - mehr hat kein Feldspieler auf dem Buckel, besser lässt sich das Vertrauen des Trainers nicht spiegeln. Was den Marathonmann nicht davon entbindet, im Passspiel dringend präziser zu werden und das strategische Verhalten im Verbund mit David Degen zu verbessern.
Patrick Müller.
Er ist sich selbst manchmal das grösste Rätsel. So schwach wie der Innenverteidiger gestartet war, kann einer seiner Klasse eigentlich nicht spielen. Doch eine kurze Denkpause im Verein und die Auftritte im Nationalteam halfen ihm aus dem Tief. Danach war er das, was man sich von ihm erhofft hatte: ein in den meisten Fällen souveräner Abwehrchef mit der schönen Gabe zum ersten Pass.
Boris Smiljanic.
Neben dem Feld besticht der Aargauer mit seiner Ironie, auf dem Platz durch seine konstant guten Leistungen auf hohem Niveau. Zudem wächst er immer mehr zum Führungsspieler heran. Zuletzt vermochte er seine Lufthoheit gar in der Offensive in Assists und Tore umzumünzen.
Alexandre Quennoz.
Und wöchentlich grüsst die Ersatzbank. Um so höher ist dem Innenverteidiger anzurechnen, dass er jeweils bereit ist, wenn ihn das Team benötigt - so wie beim essenziellen 2:1 im Uefa-Cup in Belgrad.
Bruno Berner.
Beim SC Freiburg und von Köbi Kuhn ausgemustert, verletzte sich der linke Verteidiger im ersten Einsatz für den FCB (in Yverdon): Mittelfussbruch. Kam noch zu fünf Einsätzen in der Super League. Ob er auf der linken Seite ein Herausforderer für die Etablierten werden kann, muss er im Frühjahr erst noch beweisen.
Damir Dzombic.
Der 20-Jährige kam früher als von ihm selbst erwartet zum Einsatz in einem grossen Spiel. Wobei ihm gegen die Grasshoppers die Nervosität anzusehen war. Er muss weiter an sich arbeiten, um das Vertrauen des Trainers zu gewinnen.
Murat Yakin.
Der Ritter von der traurigen Gestalt in der FCB-Abwehr. Lächerliche 45 Einsatzminuten (gegen den FCZ am 30. Juli) sind im Protokoll festgehalten, ein Affentheater in Köln und viele Krankheitmeldungen. Nach operativem Eingriff am Rücken und immer neuen Rückschlägen hängt die schillernde Karriere des 31-Jährigen am seidenen Faden.
Kléber.
Ihm war bei seinen wenigen Auftritten eine gewisse Unlust anzusehen. Sein Abgang nach Brasilien war nach verpasster Champions League keine Überraschung mehr.
Die Mittelfeldspieler
Mile Sterjovski.
Die Höhepunkte für den Australier: eine Doublette in Yverdon zum 2:1-Auswärtserfolg und vier Tore im Swisscom-Cup gegen die fünftklasigen Old Boys - jeweils als Stürmer erzielt. Also aus der Position, die er eigentlich bevorzugt.
Papa Malick Ba.
Er kam, sah und grätschte. Der Senegalese mit dem kompromisslosen Zweikampfverhalten begann stark, ebenso stark liessen jedoch seine Leistungen mit sinkenden Temperaturen nach. War er in den ersten Spielen ein Antreiber, wirkte er zuletzt desorientiert.
Baykal.
Mit der Ankunft von Malick Ba fiel der U21-Nationalspieler aus den Traktanden - und das war nach dem dritten Saisonspiel. Danach reichte es nur noch für Teileinsätze als Defensiver vor der Abwehr. Nach einer Schaffenskrise braucht es jetzt Hartnäckigkeit und Geduld.
Scott Chipperfield.
Als «langweilig» taxierte der Australier zunächst seine neue Aufgabe als linker Aussenverteidiger - inzwischen spielt er ihn auch im Nationalteam. Trotzdem: Chipperfield hat im Abwehrverhalten Steigerungspotenzial. Dass die Formkurve gegen Weihnachten hin nach unten zeigte, hat wohl auch mit der WM-Barrage zu tun.
David Degen.
Nahm sich vor, so zu spielen, dass der Trainer nicht an ihm vorbeikommt. Et voilà: Alle Super-League-Spiele mitgemacht und jeden Europacup-Match. Acht Tore und zwei Assists sind nicht schlecht; wenn der bald 23-Jährige Dynamik und Ballfertigkeit noch effektiver einsetzt und im Rückwärtsgang noch geschickter agiert (siehe: Zanni), stehen ihm viele Türen offen.
Ivan Ergic.
Eine Formkurve mit Auf und Ab, aber da der letzte Eindruck hängen bleibt: Es geht bergauf mit Ivan Ergic. Mehr soll nach langer Krankheitsgeschichte und noch längerem Weg zurück in den Hochleistungsbereich gar nicht gemutmasst werden. Schlägt das Abspeckprogramm durch, wird er vielleicht noch das grosse Versprechen einlösen, das er einst im Herbst 2002 abgegeben hat.
Matias Emilio Delgado.
Er hat geschafft, was nicht einfach war: Hakan Yakin vergessen zu machen. Zu Beginn der Saison wählte er ab und an noch die falsche Variante bei Ballbesitz. Doch im Herbst verzauberte der 23-Jährige die Betrachter dermassen, dass momentan nur eine Frage interessiert: Wie lange kann der FCB dieses Juwel halten?
Zdravko Kuzmanovic.
Auf dem Papier sind es lediglich drei Kurzeinsätze in der Super League und eine Halbzeit im Cup (mit zwei Toren!). Welch grosses Talent da beim FCB heranreift, zeigte er in Bern, wo er aus dem Zentrum mit frappierendem Pass ein Tor vorbereitete. Ihn würde man im Frühjahr gerne öfter sehen.
Djamel Mesbah
Ein Abstecher nach Lorient, danach wieder unter «ferner trainierten» beim FCB, zudem immer wieder verletzt. Was dem Linksfuss zu denken geben muss, ist, dass nie der Eindruck entstand, er sei auf seiner Seite eine Konkurrenz zu Chipperfield und Rossi.
Ivan Rakitic.
Keine Frage, dass der jüngste Profi der FCB-Geschichte über die Klasse besitzt, eines Tages Druck auf die arrivierten Spieler zu machen. Das erste Halbjahr im Fanionteam fällt noch unter «Anpassung».
Die Stürmer
Julio Hernan Rossi.
Inzwischen zum linken, offensiven Mittelfeldspieler mutiert. Seine Präsenz auf dem Platz lässt selten zu wünschen übrig, sechs Tore sind auf seiner neuen Position ein zufrieden stellender Wert.
Mladen Petric.
Verletzungsfrei zu bleiben und konstant auf hohem Niveau zu spielen - zwei Wünsche Petric’, die sich nicht erfüllt haben. Dabei gab es - mit dem Höhepunkt gegen Bremen oder dem Hattrick gegen Thun - Gelegenheiten, sein aussergewöhnliches Talent zu besichtigen.
Eduardo.
Mit seinem Körper und seiner Technik ist er in der Lage, den Ball in der Spitze zu halten, was dem Basler Spiel gut tut. Zuletzt wurde jedoch immer deutlicher, was Eduardo nicht ist: ein kühler Vollstrecker.
César Andrés Carignano.
Noch eine traurige Gestalt. Einem Frühjahr zum Heulen folgte ein Sommer des fortschreitenden Vertröstens und ein Herbst, in dem der teuerste FCB-Transfer fast schon in Vergessenheit geraten ist.
Christian Gimenez.
Eines Tages hätten sie ihn wahrscheinlich irgendwo in Basel in Bronze gegossen - doch dann war er über Nacht weg und in Marseille. Ein fantastischer Goalgetter mit miserablem Abgang.