Presseschau

Basellandschaftliche Zeitung vom 31.05.2017

Mit Benthaus zu den Azteken-Tempeln

Otto Demarmels · Er prägte die Ära Benthaus und der legendäre Trainer prägte ihn. Mit seinem Interesse für Kultur

markus brütsch

«Regen macht schön!», sagt Otto Demarmels und marschiert entschlossen über den nassen Rasen. Hier auf dem Sportplatz Landhof hatte er einst mit einem Paukenschlag seine grosse Karriere lanciert. Sechs Meistertitel und ein Cupsieg sorgten dafür, dass der heute 69-Jährige in Basel eine Kultfigur ist.

Als 19-Jähriger war er im Sommer 1967 zum FCB gekommen, nachdem er für Pratteln in der 2.Liga 40 Saisontore geschossen hatte. Aber Basel war unter Spielertrainer Helmut Benthaus eben erst Meister geworden und Demarmels brauchte etwas Geduld, bis er erstmals auflaufen durfte. Doch beim Debüt am 16.September schlug er dann gleich zu. Gegen YF gelang ihm nicht nur das entscheidende Tor, sondern ein fantastisches obendrauf. «Von dort drüben hat Hauser geflankt, und hier habe ich zum Fallrückzieher angesetzt», schildert Demarmels an alter Stätte jene Szene, die ihm heute noch präsent ist. Es war auch deshalb ein spezielles Tor, weil es das letzte überhaupt auf dem Landhof war. Danach zügelte der FCB ins Joggeli.

«Auf dem Platz war ich ein Spinner»

Demarmels wurde Stammspieler und von Benthaus im linken Mittelfeld eingesetzt. «Obwohl ich ein klassischer Rechtsfuss war», sagt Demarmels. Während zweier Jahre trainierte er wie ein Besessener seinen linken Fuss. Das Üben trug Früchte. Nicht weniger als 15 Jahre lang war Demarmels, wegen seiner feinen Statur von allen «Otteli» genannt, auf seiner Position einer der Besten des Landes, wurde 16-facher Nationalspieler. Auf dem Feld sei er ein Spinner gewesen, aber einen Platzverweis habe er nie erhalten, sagt Demarmels.

In Basel war er ein Star und wurde von jedem Zweiten gegrüsst. Als Held fühlte er sich aber nicht; zumal ja Karl Odermatt die ganz grosse Nummer war. Er arbeitete nun wieder bei Sport Gerspach und damit dort, wo er einst die Lehre absolviert hatte. In all seinen Jahren als Spitzenfussballer schuftete er Vollzeit, trainiert wurde erst um 18 Uhr. «Viele Mütter kamen mit ihren Kindern in den Laden, wollten eine Unterschrift und kauften dann auch noch etwas», sagt Demarmels, dessen Eltern aus dem Bündnerland zuerst nach St.Gallen und später, als Otto fünf war, nach Pratteln gezogen waren. «Ich war als Knirps oft im Espenmoos und habe den Geschmack am Fussball gefunden.»

Am grossen Fussball, muss man sagen. Denn Demarmels spielte im Bernabéu gegen Real Madrid, auch gegen Ajax und er war beim legendären 6:4 gegen Brügge im Meistercup dabei. «Ein Highlight war auch, als wir 1972 vor 56000 Zuschauern mit einem 4:0 über den FC Zürich Meister wurden», sagt Demarmels. Obwohl ihn Timo Konietzka zum FCZ locken wollte, blieb Demarmels dem erfolgreichen FCB treu. Nur im Cup wollte es nicht klappen. Von fünf Finals gewann er bloss einen, jenen von 1975 gegen Winterthur. Seine hochschwangere Frau sah von der Tribüne aus, wie ihr Ehemann das 1:0 schoss und den 2:1-Siegtreffer von Balmer vorbereitete. Kurz danach kam Tochter Nathalie zur Welt. Sie wurde später Schweizer Juniorenmeisterin im Tennis.

Zu Demarmels’ besten Freunden wurde Ottmar Hitzfeld. Sie teilten auf den vielen Reisen das Zimmer und profitierten davon, dass der kulturinteressierte Benthaus sie in den Trainingslagern in Thailand und Mexiko zu den Tempeln und auf die Spuren der Azteken führte. «Daran erinnere ich mich besser als an viele Spiele», sagt Demarmels, der später während der Präsidentschaft von René C.Jäggi drei Jahre lang in der Marketingabteilung des FCB tätig war, diese aber nicht in Minne verliess.

Vom ehemaligen Teamkollegen Bruno Michaud war er schon zuvor in die Versicherungsbranche gelotst worden. Nach anfänglicher Skepsis fand er so sehr Gefallen am Beruf des Brokers, dass er sich vor 17 Jahren selbstständig machte und noch heute täglich ins Büro geht. «Ende Jahr ist aber Schluss, das Geschäft ist verkauft», sagt Demarmels, der an der Heuwaage mitten in Basel lebt. Er wird dann mehr Zeit haben, zusammen mit dem früheren Teamkollegen Walter Mundschin seiner Leidenschaft nachzugehen: der Oper.

Mit Mundschin spielt er jeden Montag Tennis, manchmal trifft er Hitzfeld zum Kaffee oder er geht mit den Enkeln in den Zoo. Was den aktuellen FCB betrifft, ist Demarmels bestens informiert. Ab und zu sitzt er auch im Stadion. «Jetzt bin ich gespannt auf den Umbruch im Sommer», sagt Demarmels.

Als er 1982 im Alter von 34 Jahren den Rücktritt gab, hatte er 446 FCB-Pflichtspiele (73 Tore) auf dem Buckel. Doch das war ihm nicht wichtig. «Zu Hause gibt es nur zwei Bilder, die an meine Laufbahn erinnern», sagt Demarmels. «Ich will nicht in einem FCB-Museum wohnen. Lieber trage ich die Erinnerungen im Herzen.»

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