Presseschau

Basler Zeitung vom 15.12.2018

Spannung – weit über den Schlusspfiff hinaus

Der FC Basel bestreitet heute in Sion sein letztes Spiel 2018 und keiner scheint zu wissen, was danach passiert

Von Oliver Gut

Basel. Manchmal, da gibt es deutliche Zeichen dafür, dass ein Fussballtrainer vor seiner letzten Partie steht. Murat Yakin etwa hielt 2014 vor dem Heimspiel gegen Lausanne ein überraschend flammendes Plädoyer in eigener Sache, um Stunden später zu erfahren, was er im Glanz des Meistertitels kaum für möglich hielt: Dass er seine Zeit als FCB-Trainer hinter sich hat. Umgekehrt verhielt es sich bei Paulo Sousa ein Jahr später. Der modebewusste Portugiese wollte nicht mehr die rotblauen Geschicke beeinflussen, weil Florenz lockte – und entschied sich für ein nonverbales Statement, indem er zum Cupfinal im eigenen Stadion im Trainingsanzug an der Seitenlinie erschien.

Marcel Koller ist anders. Er sitzt so auf dem Podium im Medienraum des St.-Jakob-Parks, wie er seit August immer auf dem Podium gesessen ist. Mal mit einem ernsteren Gesicht, mal lächelnd. Immer mit ruhiger Stimme. Alle Fragen höflich beantwortend – auch jene, ob es denn sein könne, dass die letzte Hinrundenbegegnung in Sion gleichsam seine letzte Partie als FCB-Trainer sein könne.

«Ich gehe nicht davon aus.» Mehr sagt Koller dazu nicht. Es ist dasselbe, das er schon in der Vorwoche sagte, als ihm in Verbindung mit dem letzten Heimspiel 2018 inhaltlich dieselbe Frage gestellt wurde. Eine wirkliche Gefühlsregung, die von dem abweicht, was man von Marcel Koller sonst kennt, ist nicht auszumachen. Und es passt zu den Worten, die der 58-jährige Zürcher zuvor im Zusammenhang mit der Thematik benutzt hat: «Es ist keine Frage, die für einen Trainer angenehm zu beantworten ist», hielt er fest. Doch es sei keine unzulässige Frage, sondern Teil des Geschäfts. «Wenn Medienvertreter aufgrund dessen, was sie hören oder zu wissen glauben, danach fragen, dann akzeptiere ich das.»

Bilanziert wird erst am Mittwoch
Mit Spannung wird erwartet, was folgt. Und damit ist nicht primär die heutige Partie im Wallis gemeint (19 Uhr). Sondern vielmehr das, was nach dem Schlusspfiff passiert. Erst am Mittwoch will der FC Basel eine Bilanz-Medienkonferenz abhalten. Mit Koller, wie der clubeigene Medienverantwortliche Simon Walter betont. Und natürlich fragt man sich, ob der ungewohnt späte Termin allein der Verfügbarkeit der dort auftretenden Personen oder vielleicht doch eher der bis dahin erfolgten Aufarbeitung samt Massnahmen geschuldet ist. Denn auf den ersten Blick scheint nach einem 2018 mit verpasstem Cupsieg, verpasster Meisterschaft, verpasstem Europacup-Herbst und neuerlichem, enormem Rückstand auf den BSC Young Boys klar: Der FC Basel muss in dieser Winterpause auf verschiedenen Ebenen handeln – und zwar mit langfristigem Blick auf den Sommer und die Saison 2019/20. Die Trainerfrage ist dabei ein zentraler Punkt – und es ist schwer, in den bisherigen fünf Monaten seines Wirkens Argumente zu finden, die für Marcel Koller als Mann der Zukunft sprechen.

Auf den zweiten Blick ist man sich allerdings keineswegs sicher, dass auch tatsächlich etwas passieren wird. Rund um und aus dem FC Basel ist derzeit alles und nichts zu hören. Mal werden bereits Trainernamen heiss gehandelt. Mal heisst es, Marco Streller werde mehr Kompetenzen als Sportdirektor erhalten. Dann wieder heisst es, er werde gehen müssen, falls Koller freigestellt würde. Und schliesslich gibt es sogar Voten, die vermuten, Präsident und Besitzer Bernhard Burgener vergehe bald die Lust an seinem Amt.

All diese Widersprüche führen letztlich nur zu einem reichlich wirren Bild. Und vielleicht passt das ja zum momentanen Zustand eines in den Führungsetagen reichlich heterogenen FC Basel, in dem jeder ein bisschen Angst um seine Position zu haben scheint. So dass es in der Summe des Ganzen nicht überraschend wäre, wüssten die Protagonisten selbst noch nicht, ob überhaupt etwas passiert – oder ob die Unruhe in ein Abwarten mündet, hoffend, dass im neuen Jahr alles besser wird. Sicher ist: Marcel Kollers Worte und sein Auftritt würden hervorragend dazu passen.

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