Presseschau

Tages-Anzeiger vom 04.02.2019

Dieses GC benötigt dringend Hilfe

0:4 gegen Basel in trostlosem Rahmen: Die Zürcher sind brav und chancenlos. Trainer Fink wartet auf Verstärkung.

Peter M. Birrer

Es könnte ja sein, dass der Mann jetzt Nervosität verraten würde, ein bisschen erhöhten Puls haben, vielleicht einen giftigen Ton von sich geben. Gründe gäbe es, ein 0:4 gegen Basel, eine bedenkliche Leistung...

... aber nein, es ist eben doch nicht der Moment, um Anzeichen von Beunruhigung zu zeigen, nicht für Thorsten Fink, den Trainer der Grasshoppers. Sein Schlusswort zum Sonntag ist eines mit erstaunlichem Inhalt: «Das wird schon noch.»

Fink ist entweder ein unerschütterlicher Optimist oder ein begabter Schauspieler. Unter der Woche hat er verkündet, sein Team sei viel weiter als noch im Sommer. Dann gibt es diese Ohrfeige gegen Basel, die Fink gelassen hinnimmt. Er reagiert so wie seine Spieler, wie Raphael Holzhauser etwa, der sagt: «Wir müssen nicht gegen Basel oder YB unsere Punkte holen.»

Jugend dominiert bei GC
GC ist wieder einmal in Turbulenzen geraten, weil mit Heinz Spross ein einflussreicher Geldgeber abgesprungen ist. Präsident Stephan Anliker erweckt mit seinen Kommentaren zum Thema den Eindruck, als wäre nichts passiert, das den Club durchschütteln könnte. Er ist beseelt vom Gedanken, die Marke GC aufzupolieren. Und er glaubt, dass die laufende Saison schadlos überstanden wird. Also: mit dem Ligaerhalt.

Basel kommt an diesem Sonntag in den Letzigrund, und GC - Basel, das tönt nicht ganz reizlos. Der Stadionspeaker ist mit Eifer bei der Arbeit, besonders als er die Aufstellung der Zürcher präsentiert. Aber damit hat es sich auch schon in Sachen Emotionen bei GC.

Fink schickt viel Jugend aufs Feld: Debütant Meriton Kastrati ist 20, Giotto Morandi, ein anderer Neuling, 19. Nikola Sukacev ist 20 wie Djibril Diani, Nedim Bajrami wird es Ende Februar, Aimery Pinga und Nikola Gjorgjev sind 21. Man kann das als mutig auffassen. Oder aber als Signal des Trainers: Seht her, es fehlen die Erfahrenen.

Zu zehnt nach 26 Minuten
Nach 3 Minuten sieht Verteidiger Arlind Ajeti für ein Foul die Gelbe Karte, nach 19 Minuten darf Ricky van Wolfswinkel zwei Anläufe nehmen, um das 1:0 zu erzielen. Von einem Zürcher wird er nicht gestört. Nach 26 Minuten stoppt Ajeti Kevin Bua, wird zum zweiten Mal verwarnt, und GC muss zu zehnt weitermachen. Holzhauser sagt später: «Da war das Spiel entschieden.» Das passt zum Eindruck von Fink: «Die Mannschaft hat das frühe Gegentor und den Platzverweis nicht verkraftet. Sie war überfordert.»

Das zeigt sich mehrmals. Zum Beispiel bei Van Wolfswinkels 2:0. Bua flankt, Jean-Pierre Rhyner verliert die Orientierung, der Basler nützt das aus. Der Gast nähert sich nach der Pause mit zwei grossen Chancen dem 3:0, lässt sich mit dem Tor aber Zeit bis zur 73. Minute. Für Van Wolfswinkel lohnt sich der Abstecher nach Zürich endgültig: Er ist zum dritten Mal erfolgreich, bevor der eingewechselte Albian Ajeti mit dem 4:0 an der Reihe ist.

Irgendwann meldet der Speaker die Zuschauerzahl: 5200. Dazu schneit und regnet es bei tiefen Temperaturen. So sieht Trostlosigkeit aus. Die FCB-Fans spotten: «GC Nati B!» Die Grasshoppers sehnen sich nach dem Schlusspfiff und geben danach Durchhalteparolen von sich. «Machen Sie sich Sorgen um GC, Heinz Lindner?» «Ich glaube nicht, dass wir uns Sorgen machen müssen», sagt der Goalie.

Am Samstag kehrt das Team in den Letzigrund zurück, das Derby gegen den FCZ steht an. Eine Woche später ist an selber Stätte Xamax der Gegner, der Aufsteiger, der mit vier Punkten Rückstand am Tabellenende liegt. In den nächsten Tagen soll sich bei GC personell noch etwas tun.

Fink vertritt mit einer bemerkenswerten Hartnäckigkeit die Haltung, dass der Verein eine schöne Zukunft haben kann – wenn der Jugend Routine zur Seite gestellt wird. Ein weiterer Aussenverteidiger dürfte verpflichtet werden. Ausserdem soll die Offensive verstärkt werden, und handeln könnte es sich dabei um einen alten Bekannten: Yoric Ravet, von 2014 bis Anfang 2016 bereits einmal bei GC. Derzeit steht der 29-jährige Franzose im Kader des SC Freiburg, kam in dieser Saison aber nur zu vier Teileinsätzen.

Fink wünscht einen, der sofort eine Verstärkung ist. Hilfe benötigt GC dringend und schnell, sonst drohen unangenehme Monate. Das 0:4 gegen Basel muss Warnung genug sein. Weil die Niederlage um kein Tor zu hoch ausfiel. Und weil sie schonungslos zum Vorschein brachte, wie leichtgewichtig die Grasshoppers sind.

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