Presseschau

Basler Zeitung vom 05.02.2019

Der FC Basel streckt seine Fühler nach Asien aus

Strategische Beteiligung am Chennai City FC mit Fokus auf Nachwuchsakademie und wohl auch E-Sports

Von Oliver Gut

Basel. Überraschend waberte die Einladung durchs Internet: Der Chennai City FC hält morgen Mittwoch um 11.30 Uhr Ortszeit eine Medienkonferenz im Hotel Taj Mansingh in Delhi ab, um einen grossen Schritt in seiner Clubgeschichte zu verkünden – und anwesend sind dabei auch Bernhard Burgener und Roland Heri, der Präsident und der CEO des FC Basel.

Lange dauerte es nicht, bis die Gerüchte folgten. Von einem hohen einstelligen Millionenbetrag war die Rede, mit dem die Basler sich die Mehrheit eines Clubs aus der zweitbesten indischen Liga kaufen werden. Und auch davon, dass man an intensiven Spieleraustausch denke, während Chennai City fortan mit einem Budget von 15 Millionen Euro operiere. Der FCB sagt dazu wenig. Roland Heri jedenfalls mahnt auf Anfrage zur Geduld und bestätigt nur: «Wir gehen nach Indien.»

Ganz so heiss gegessen wird die Angelegenheit allerdings nicht, wie sie im Netz zuweilen gekocht worden ist. Recherchen der BaZ ergaben, dass sich der zwar FCB tatsächlich beim Chennai City FC engagieren wird – allerdings nur mit einer Minderheitenbeteiligung, die ihn kaum einen siebenstelligen Betrag kosten dürfte. Jedenfalls nicht bei einem Club, dessen gesamter Kaderwert vom Portal transfermarkt.com trotz stolzen 50 (!) Spielern auf überschaubare 700 000 Euro geschätzt wird.

Die Basler sollen beim Aufbau einer Nachwuchsakademie mitwirken. Dass daraus auch eines Tages eine Kooperation in Sachen Spielern entstehen könnte, wäre zwar naheliegend. Allerdings ist Indien momentan weit davon entfernt, Kicker hervorzubringen, die für den FCB taugen. In der Weltrangliste der Fifa belegt das einwohnermässig zweitstärkste Land der Erde lediglich den 97. Platz – hinter Estland und vor den Färöer-Inseln. Einen Inder, der es in Europas Fussball halbwegs Spuren hinterlassen hat, gibt es bislang nicht: Nationalmannschaftscaptain und Torhüter Gurpreet Singh Sandhu kam immerhin zu drei Einsätzen in der norwegischen Liga und zu einem Probetraining bei Wigan.

Interessant ist der 1,3-Milliarden-Einwohner-Markt für den FC Basel trotzdem, den Indien bietet – und zwar dann, wenn es darum geht, das zweite Standbein aufzubauen: Die E-Sports-Abteilung des FCB wurde nicht ins Leben gerufen, weil man die Fans der Muttenzerkurve damit verärgern wollte. Sondern weil man darin eine Möglichkeit sieht, sich mit einem überschaubar grossen Investment neue Einnahmequellen zu erschliessen.

Der indische Markt erscheint dabei alleine schon lukrativer als der europäische – ganz zu schweigen vom gesamten asiatischen Raum, wo E-Sports eine Milliarden-Industrie ist. Will sich der FC Basel davon eine Scheibe abschneiden, um anfallende Einnahmen in den realen Sport zu investieren, könnte sich der Schritt nach Indien womöglich als lukrativ erweisen.

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