Presseschau

Basellandschaftliche Zeitung vom 11.02.2019

Unentschieden mit Fan-Boykott

Der FCB und St. Gallen spielen 1:1 – die Fans protestieren gegen den Indien-Deal

Jakob Weber

Das erste FCB-Heimspiel im Jahr 2019 gegen St. Gallen hätte ein Fanfest werden sollen. Trotz des Einbruchs bei den Dauerkarten um 8,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gelang es den Verantwortlichen, mit Freikarten für Juniorenteams und auf 12,50 Franken reduzierte Tickets 27543 Billette zu verkaufen. Nur gegen YB kamen in dieser Saison noch mehr Zuschauer ins Joggeli. Doch die Unterstützung von den Rängen blieb aus.

«E witere Schritt in die falschi Richtig» prangt schon während des Aufwärmens auf einem Banner oberhalb der Muttenzerkurve. Kaum betreten die beiden Mannschaften das Feld, verlassen die Fans hinter dem Tor ihren Stammplatz und lassen ein zweites Banner zurück: «Es isch zum drvoo laufe». Die Kritik der FCB-Fans gilt der neuen Kooperation mit Chennai City. Der FCB hatte am vergangenen Mittwoch 26 Prozent des indischen Vereins übernommen. FCB-Präsident Bernhard Burgener sieht in Indien einen «schlafenden Riesen». Durch die Investition von rund einer Million Franken hofft der FCB, von einen möglichen Fussballboom in Indien zu profitieren. Die Entwicklung des Vereins weg vom Kerngeschäft in Richtung E-Sports oder Indien ist mit dem romantischen Fussballverständnis der Fans nicht vereinbar. Geht es nach ihnen, soll sich ihr FCB auf das das Sportliche konzentrieren und mit ihrem Herzensklub keine anderweitigen Geschäfte machen. In den Startminuten der Partie entrollen die Fans ein weiteres Banner in der verwaisten Muttenzerkurve: «Kai Frog vo dr Rendite – E Frog vom Standpunggt».

Eine kuriose erste Halbzeit
Fussball wird am Samstagabend auch gespielt. In der Startphase lassen beide Teams zwei hundertprozentige Chancen aus. Kaum hängt das nächste Banner: «Wo sin d Gränze? Was kunnt als näggschts?», bekommt der FCB nach Foul an Kevin Bua einen Penalty zugesprochen. Ricky van Wolfswinkel schnappt sich mit dem Hattrick-Selbstvertrauen vom GC-Match den Ball und schreitet zur Tat. Wie schon vor einem Jahr an selber Stelle scheitert er aber an FCSG-Keeper Dejan Stojanovic.

«S isch högschti Zit für e Debatte zur Zuekunft vom FCB», heisst es mittlerweile in der immer noch leeren Fankurve. Doch eines ist auch klar: Der FCB lässt sich durch die fehlenden Anfeuerungen nicht aus dem Konzept bringen. «Natürlich ist das schade und wir sind am Ende die Leidtragenden, doch es darf keine Ausrede sein», sagt Fabian Frei und auch Marcel Koller findet nach dem Spiel ähnliche Worte: «Es ist natürlich schön, wenn die Fans uns unterstützen und es im Stadion laut ist. Ich glaube aber nicht, dass wir dann Chancen besser verwerten oder den Penalty reinmachen.» Tatsächlich kombiniert sich Rotblau auch ohne Anfeuerungen immer wieder ansehnlich durch die St. Galler Verteidigung. Nach 37. Minuten trifft Luca Zuffi nur den Innenpfosten. Weil auch St. Gallen durch Simone Rapp und den 16-jährigen Innenverteidiger Leonidas Stergiou zwei weitere gute Möglichkeiten vergibt, hätte es zur Pause auch gut und gerne 2:2 stehen können.

Nach dem Seitenwechsel beendet die Muttenzerkurve ihren Boykott: «Unsri Gsäng für die Elf uff em Rase – nid für d Chefetage». So laut wie lange nicht, wird des FCB jetzt nach vorne gepeitscht. Doch nach der teilweise vogelwilden ersten Halbzeit konzentrieren sich beide Teams jetzt vermehrt auf die Defensive. Bis zur 79. Minute und einer guten Möglichkeit für van Wolfswinkel, verzeichnet weder der FCB noch St. Gallen Torchancen. Die Basler Fans richten sich jetzt direkt an Bernhard Burgener. In Anlehnung an sein Konzept erinnern sie den Präsidenten: «Mer sind für immer Rotblau». Es folgt eine dramatische Schlussphase. Erst nutzt St. Gallen den einen Konter und geht durch Axel Bakayoko vier Minuten vor Ende der regulären Spielzeit in Führung. Dann foult Nicolas Lüchinger Valentin Stocker an der Strafraumgrenze. Der FCB kommt in der 91. Minute zu einer letzten Chance.

Der zuvor eingewechselte Samuele Campo legt sich den Ball zurecht. Er weiss, dass er die Kugel gleich über die Mauer ins linke, obere Eck schlenzen wird. «Da habe ich eine Lücke gesehen», wird er später sagen. Unzählige Male hat er im Training diese Freistösse geübt. Der Schiedsrichter gibt den Ball frei, Campo läuft an und schaut dem Ball hinterher. Stojanovic kommt noch mit den Fingern dran, doch der Ball zappelt im Netz. Nach schweren fünf Monaten ohne Einsatz meldet sich Campo eindrucksvoll zurück: «Nach einer langen Verletzung so zurückzukommen, ist für mich persönlich natürlich perfekt», sagt er. Dem FCB rettet sein Treffer einen verdienten Punkt, doch auch nach dem Spiel steht der Fan-Protest schnell wieder im Mittelpunkt. Die Fans verabschieden sich mit einem letzten Banner: «Au wenn mir Erschte wäre, wär das s Letschte».

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