Presseschau

Aargauer Zeitung vom 26.02.2019

Die letzte Chance

Einzig der Cupsieg kann die Saison des FC Basel noch retten – am Mittwoch wartet im Viertelfinal der FC Sion

Jakob Weber

Zwölf Mal hat der FC Basel bereits den Schweizer Cup geholt. Doch richtig lieb gewonnen hat er ihn nie. Der Fokus lag vor allem in der jüngeren Vergangenheit immer auf der Meisterschaft. Die Sternstunden in der Champions League waren das Sahnehäubchen, der Cup bekam unweigerlich die Rolle eines Grappas. Ein Supplement, das der Fan nach dem Menü zwar gerne geniesst, weswegen er – wenn es ihn einmal nicht serviert bekommt – aber nicht schlecht gelaunt das Restaurant verlässt.

In dieser Saison ist das anders. Der Cup ist plötzlich das Mass aller Dinge für den FC Basel. Der Grappa wurde zur Hauptspeise. Weil der einstige Serienmeister die zweite Saison in Folge meilenweit hinter dem alten und wohl auch bald neuen Schweizer Meister YB herumkrebst, bleibt dem FCB auch gar nichts anderes übrig, als die Hoffnung, diese verkorkste Saison mit einem Cupsieg noch versöhnlich abzuschliessen.

«Wir brauchen Titel in Basel»

Durch das schlechte Abschneiden der Schweizer Klubs auf internationalem Parkett ist der Cup nur noch in diesem Jahr der schnellste Weg nach Europa. Der Sieger steht in der kommenden Saison vorerst ein letztes Mal direkt in der Gruppenphase der Europa League. Als Tabellenzweiter muss der FCB drei Qualifikationsrunden überstehen, bis er in die Gruppenphase der Champions League oder der Europa League kommt. Ein Cupsieg würde für Planungssicherheit sorgen und den Königsklasse-verwöhnten Fans im Joggeli zumindest drei Europa-League-Heimspiele garantieren.

In der Winterpause teilten die FCB-Verantwortlichen dem Team mit, es müsse alles Mögliche unternehmen, um den Cup 2019 wieder nach Basel zu holen. Mittelfeldspieler Valentin Stocker hat die Trophäe bereits dreimal mit dem FCB gewonnen und erklärt den Wandel im rotblauen Denken: «Wenn du immer Meister wirst, ist es schwierig, den Cup als wichtiger zu erklären. Aber in unserer jetzigen Situation ist klar, dass wir alle Karten auf den Cup setzen. Wir brauchen Titel in Basel.»

Wie sehr beim FCB alles dem Cupsieg untergeordnet wird, zeigt die Aufstellung von Marcel Koller am vergangenen Wochen ende gegen Xamax. Der FCB-Trainer setzte mit Fabian Frei, Luca Zuffi, Kevin Bua und Ricky van Wolfswinkel gleich vier Stammspieler auf die Bank und schonte weitere angeschlagene Akteure. Hauptsache, keine Verletzungen mehr vor dem grossen Spiel am Mittwoch. «Vorausschauend aufstellen», nennt Koller seinen Taktik-Kniff. Er selber weiss auch, dass in Basel nur Titel zählen und die Bewertung seiner Arbeit durch einen Erfolg gegen Sion deutlich positiver ausfallen würde.

Nachdem sich die FCB-Spieler Anfang Dezember 2018 bei Sportchef Marco Streller und Präsident Bernhard Burgener über den Trainer beschwert hatten, stand Koller vor dem Aus. Doch er durfte nach vielen Gesprächen bleiben und die Tendenz zeigt aktuell nach oben. Fünf Siege und ein Unentschieden hat der FCB nach der Spieler-Revolte geholt. Die Stimmung im Verein ist Ende Februar 2019 so gut wie noch nie, seit Koller im August 2018 das Traineramt von Raphael Wicky übernommen hatte.

Sion ist doppelt heiss auf Revanche

Mit dem Cup-Viertelfinal in Sion steht für Koller und sein Team am Mittwoch der erste grosse Prüfstein im neuen Jahr an. Für die Walliser ist der Cup schon immer wichtiger als die Meisterschaft. Christian Constantin wird wieder in die Trickkiste greifen, damit seine Spieler auf den Punkt voll motiviert sind. Diesmal muss der Sion-Präsident auch nicht lange suchen. Sion brennt doppelt auf Revanche. Zum einen, weil der FCB vor zehn Tagen die Generalprobe in der Liga wegen eines irregulären Penaltys 1:0 gewann. Zum anderen, weil es der FCB war, der im Mai 2017 mit dem 3:0 in Genf den Unbesiegbar-Nimbus des FC Sion in Cupfinals brach.

Damals war der Cupsieg für den FCB nur ein Supplement, ein Abschiedsgrappa für das scheidende Trio Bernhard Heusler, Georg Heitz und Urs Fischer. Jetzt ist er die letzte Chance für den neuen, sportlich weniger erfolgreichen FCB und seinen Trainer, eine unbefriedigende Saison zu retten.

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