Presseschau

NZZ vom 19.06.2019

«Es hätte ja sein können, dass ein anderer Klub Koller abwirbt»

Der FCB-Präsident Bernhard Burgener spielt die Verhandlungen mit dem Trainerkandidaten Patrick Rahmen als vorsorgliche Massnahme herunter

Aufgezeichnet: Michele Coviello, Basel

Am Anfang stand ein Mea Culpa. Bernhard Burgener leitete die Pressekonferenz am Dienstag mit einem Monolog ein und schloss ihn mit folgendem Satz ab: «Es gehört auch Selbstkritik dazu und das Eingeständnis, Fehler gemacht zu haben.» Damit lieferte der Präsident des FC Basel einen Steilpass, um die Geschehnisse der vergangenen Woche aufzuarbeiten.

Bernhard Burgener, Sie gestehen gerade Fehler ein. Welche?

Wir gingen davon aus, dass vertrauliche Gespräche intern bleiben. Gewisse Informationen gerieten aber an die Öffentlichkeit, und es war für Journalisten schwierig festzustellen, ob sie stimmten. Wir bitten deshalb die Medienschaffenden, Gerüchte direkt bei uns zu überprüfen. Auf jeden Fall müssen wir uns über unsere Kommunikation Gedanken machen, darin können wir uns verbessern.

Der grösste Fehler war doch ein anderer: Sie haben sich zum Saisonende weder für noch gegen den Trainer Marcel Koller ausgesprochen.

Wir haben einen festen Vertrag mit Marcel Koller. Die Saison haben wir bewusst zu Ende gehen lassen, um die Situation zu analysieren. Dabei müssen aber immer zwei Seiten berücksichtigt werden. Es kann sein, dass wir uns Gedanken über Veränderungen machen. Andererseits kann das auch der Trainer tun. Vor einem Jahr wollte ich zum Beispiel keine Spieler verkaufen, aber es wurden uns schliesslich doch die Besten weggenommen. Das passiert auch in vielen Klubs mit den Trainern. Deshalb erwarte ich von unserer sportlichen Leitung, dass sie bei einem allfälligen Wechsel bereit wäre. Für jedes Dossier müssen weitere Anwärter bereitstehen. Dass gewisse Informationen herausgekommen sind, darf nicht passieren – das ist unser Learning.

Sie wollen uns glaubhaft machen, dass die Verhandlungen mit Rahmen nur vorsorglich geführt wurden?

Es wurden zu viele Dinge geschrieben, die nicht stimmen. Da rede ich einfach nicht darüber. Wir haben mit Koller einen sehr erfolgreichen Trainer, der nicht hier sitzen würde, wenn wir ihn nicht wollten. Es hätte ja sein können, dass ein anderer Klub Koller abwirbt. Da erwarte ich vom Sportchef, dass er andere Dossiers bereithält. Aber es kann nicht sein, dass solch grosse Geschichten daraus in den Medien entstehen.

Laut «Blick» soll Marcel Koller kurzzeitig freigestellt worden sein. Er ist weiterhin Trainer, aber der Sportchef Marco Streller trat zurück. Was ist passiert?

Diese Fragen dürfen Sie gerne stellen, aber ich schütze alle. Es geht um Interna. Ich muss betonen, dass Unwahrheiten behauptet wurden. Es gehört dazu und ist selbstverständlich, dass die sportliche Abteilung mit anderen Kandidaten spricht. Dass aber solche Geschichten aufgebauscht werden . . . Marco Streller ist aus freien Stücken als Sportchef zurückgetreten, und er wird im Verein bleiben. Wir schätzen ihn sehr. Ich kann nur in den besten Tönen von ihm reden, das werde ich auch in Zukunft.

Wir haken nach: Wurde Marcel Koller freigestellt?

Nein.

Es gibt folgendes Gerücht: Sie hätten vorerst die Sportkommission in einem Trainerwechsel unterstützt. Weil aber der CEO Roland Heri auf der Seite Kollers stehe, seien Sie vom Plan abgekommen, und Streller habe aufgegeben.

Das kommt aus dem Reich der Phantasie. Es ist nicht der Präsident, der den Trainer macht. Wir haben Strukturen. Bei allen Trainern haben Gremien entschieden, nicht Burgener oder Heri. Sowohl bei Raphael Wicky wie auch bei Marcel Koller waren es 100-Prozent-Entscheide, auch vom Sportchef Streller getragen. Ich stelle mich nicht darüber, sonst brauche ich keinen Sportchef.

Schwerwiegendes muss dennoch geschehen sein. Heute ist Trainingsbeginn, und der Sportchef trat wenige Tage zuvor zurück. Wieso?

In Unternehmen gibt es immer Rücktritte, das muss nicht auf eine Krise schliessen lassen. Das Geschäft läuft trotzdem, und Streller bleibt im Verwaltungsrat. Gewisse vertrauliche Dinge tragen wir nicht in die Öffentlichkeit.

Der «Blick» hat eine Abschieds-SMS publiziert, in der Streller «2–3 Sache» anspricht, die er nicht akzeptieren könne. Was meint er damit?

Die SMS ging an ganz wenige Spieler und stand nach 11 Minuten auf dem Netz. Das ist unglücklich und müssen wir intern aufarbeiten. Wir sind dafür verantwortlich, dass solche vertrauliche Dokumente nicht an die Medien gelangen.

Aber wissen Sie, was Streller nicht akzeptieren konnte?

Darüber darf ich nicht reden. Ich halte die Vertraulichkeit ein, die hat Streller verdient – und auch der Verein.

Fakt ist jedenfalls, dass der FC Basel während der Transferphase ohne Sportchef dasteht. Wer erledigt jetzt Strellers Arbeit?

Wir wären schlecht dran, wenn wir diese Arbeit nicht bereits getan hätten. Und Streller hat diesen Job super gemacht. Die Planung ist perfekt. Gewisse Ängste habe ich dennoch. Wir haben einige begehrte Spieler. Es wird unsere grösste Herausforderung sein, diese bei uns zu behalten.

Wer macht derzeit die Sportchef-Arbeit?

(Burgener zeigt neben sich auf den CEO Roland Heri, der einer Kommission mit Ruedi Zbinden, Philipp Kaufmann, Remo Gaugler und Marcel Herzog vorstehen wird.)

Wird es einen neuen Sportchef geben?

Ja.

Sie haben von Verbesserungen in der Kommunikation gesprochen. Am Freitag hatten Sie auf diese Pressekonferenz vom Dienstag vertröstet, gewährten dem «Sonntags-Blick» dann aber doch ein exklusives Interview. Wieso?

Mit dieser Frage habe ich gerechnet. Wir wollten zuerst am Dienstag kommunizieren. Aber dann ging der Tsunami in den Medien los. Die Berichte waren durchgehend negativ, einseitig und nicht korrekt. Zudem haben mich viele Personen dazu aufgefordert, endlich zu reden. Deshalb habe ich mich alleine doch noch für ein Interview entschieden.

Was war in der Berichterstattung nicht korrekt?

Ich bin einer, der vergessen kann, und bin nicht nachtragend. Ich schaue nach vorne.

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