Basler Zeitung vom 23.02.2021
Der Flügelspieler von Wolfsburg trifft bereits wieder und dieses Mal gleich doppelt. Ahmed Hamoudi hingegen muss sich gedulden – und Trainer Raphael Wicky gewährt einen Einblick in das amerikanische Leben.
Tobias Müller
Deutschland
Langsam, aber sicher kämpft sich der VfL Wolfsburg in der Tabelle nach vorn, und es ist sicher nicht übertrieben zu sagen, dass Renato Steffen einen grossen Anteil am Erfolg des Drittplatzierten der Bundesliga hat. Der 29-Jährige stand in den vergangenen zehn Ligapartien immer von Anfang an auf dem Rasen, schoss immer mal wieder ein Tor (meist mit dem Kopf) und war dabei Kämpfer und Antreiber auf dem Flügel. Beim jüngsten 3:0 gegen Bielefeld legte Steffen aber nochmal einen obendrauf, zwei Tore erzielte er selber. Der BaZ sagte Steffen jüngst, warum es ihm zurzeit so gut laufe: «Wenn ich etwas liebe, dann liefere ich streberhaft Leistung ab. Darum klappt das mit dem Fussball so gut.»
So würde es zurzeit bei Aleksandar Dragovic wohl nicht klingen, würde man ihm nach seinem Wohlbefinden und seinen Leistungen fragen. Nach dem eher durchzogenen Auftritt in der Leverkusener Innenverteidigung gegen YB in der Europa League (nach 45 Minuten hiess es 0:3, am Schluss 3:4) musste der Österreicher in der Liga beim 1:1 gegen Augsburg auf der Ersatzbank Platz nehmen. Nachdem sich das Team von Trainer Peter Bosz in der Vorrunde mit den Bayern um Tabellenplatz 1 duellierte, läuft es nun weit weniger gut. In neun Meisterschaftspartien konnte Bayer erst zweimal gewinnen. Zurzeit steht der Club auf Platz 5. Gar nicht zum Einsatz wird in den nächsten Wochen Manuel Akanji kommen, der Dortmund-Verteidiger zog sich einen Muskelfaserriss zu.
Häufig auf dem Rasen, jedoch selten allzu glücklich ist Omar Alderete. Der Verteidiger darf zwar oft von Anfang an die Abwehr von Hertha Berlin dirigieren, aber seine Kollegen scheinen seine Anweisungen nicht so umzusetzen, wie sich der Paraguayer das wünscht: In den letzten fünf Partien kassierten die Hauptstädter zwölf Gegentore, und den letzten Sieg gabs am Anfang der Hinrunde gegen die Krisen-Schalker.
Grund zum Jubeln gab es für Jürgen Gjasula in der 3. Liga beim FC Magdeburg: Nachdem der defensive Mittelfeldspieler lange auf Einsatzminuten warten musste, traf er in der vorletzten Runde gegen Türkgücü München – die Partie ging jedoch 1:2 verloren.
Ägypten
Bei Ahmed Hamoudi ist der Wurm drin. Der Mittelfeldspieler des Pyramids FC zog sich Anfang Jahr einen Achillessehnenriss zu und muss seither zuschauen, wie seine Mannschaft eher durchschnittlich auftritt. In der Meisterschaft gabs in den letzten fünf Partien nur einen Sieg. Immerhin: Der Club hat sich im Confederations Cup gegen Racing d’Abidjan durchgesetzt, im Hinspiel gabs ein 2:0, im Rückspiel am Sonntagabend ebenfalls. Doch allzu grossen Druck, schnell auf den Fussballplatz zurückzukehren, hat Hamoudi nicht. Der 30-Jährige besitzt einen Vertrag bis übernächsten Sommer.
Dänemark
Ebenfalls aufgrund einer Verletzung zuschauen muss Blas Riveros. Der linke Aussenverteidiger kuriert einen Bänderriss im Knie aus. Seine Mannschaft, Bröndby IF, scheint aber ganz gut ohne den 23-jährigen Neuzugang auszukommen. Nach dem 2:1 am Sonntagabend gegen Vejle steht der Club in der dänischen Superligaen an der Spitze.
Frankreich
Eine der grösseren Auszeichnungen im französischen Clubfussball ist die Aufnahme ins Team der Runde der Sportzeitung «L’Équipe». Jonas Omlin hat dieses Kunststück nun zum zweiten Mal in Serie geschafft. Beim 2:1-Sieg von Montpellier gegen Stade Rennes war der Goalie massgeblich am nächsten Sieg seiner Mannschaft beteiligt. Und neben den jüngsten zwei Auftritten ist der 27-Jährige ganz allgemein eine grosse Stütze für sein Team: Ende Januar sass der Keeper zwei Rotsperren ab, prompt gabs eine Niederlage und ein Remis. Seit seiner Rückkehr holte Montpellier nur noch Siege. Zurzeit steht das Team in der Ligue 1 auf Rang 9.
Spanien
Ein Abgang von Tomas Vaclik bei Sevilla (wo Ivan Rakitic jüngst die Captainbinde trug) wird immer klarer. Wie «El Desmarque» zu wissen scheint, kämpft Vaclik nach seiner Knieverletzung zwar um die Rückkehr ins Team. Doch ein neues Arbeitspapier liegt für den Tschechen, dessen Vertrag im Sommer ausläuft, nicht auf dem Tisch. Hingegen Angebote von anderen Clubs liegen laut dem spanischen Internetportal gleich einige auf dem Tisch. Teams aus Spanien und Italien sollen Interesse am 31-jährigen Goalie haben.
USA
Viel zu hören ist in diesen Tagen nicht von Raphael Wicky, der die Saisonpause der MLS nutzt, um zu planen und zu arbeiten, damit die nächste Spielzeit besser kommt als die vergangene. Chicago Fire (mit Sportdirektor Georg Heitz) verpasste letztes Jahr die Playoffs und stand am Schluss auf dem fünftletzten Gesamtrang. Dem Medienportal «Watson» gab Wicky Ende Januar ein ausführliches Interview über das Leben und den Fussball in den USA. Er sagte: «Es ist friedlicher, es geht um Show und Entertainment, es herrscht weniger Negativität. Kaum je wird der Gegner ausgepfiffen oder beschimpft.» Über den Erfolgsdruck sagte er: «Wenn ich diesen Druck nicht aushalten könnte, wäre ich im falschen Beruf. Druck und Trainerverschleiss in Europa sind bedenklich. Ein Trainer kriegt ja kaum noch Zeit. Das ist in den USA noch etwas besser. Wenn hier ein neuer Trainer engagiert wird, legt dieser oft einen Dreijahresplan vor. Und auch wenn der Erfolg sich nicht sofort einstellt, wird an diesem Plan eher festgehalten.» Und über die angespannte politische Lage in den USA sagte er: «Das Land ist traditionell gespalten. Man ist entweder Republikaner oder Demokrat. In den letzten vier Jahren sind die Gräben tiefer geworden, sagt meine Frau, die Amerikanerin ist. Aber jetzt ist es tatsächlich so, dass man selbst im Familien- und Freundeskreis nicht mehr über politische Angelegenheiten diskutiert, aus Angst, es könnte ausarten.»