Presseschau

Basler Zeitung vom 13.03.2021

Leuchtende Nächte, ein schwarzer Abend und ein lichtloses Joggeli

20 Jahre St.-Jakob-Park: In den letzten 20 Jahren hat der St.-Jakob-Park so manch geschichtsträchtigen Moment erlebt. Die BaZ erinnert sich an 20 besonders besondere Ereignisse.

Dominic Willimann

Am Montag feiert der St.-Jakob-Park seinen 20. Geburtstag. Das Stadion galt damals als die modernste Arena der Schweiz. Heute ist das Joggeli zwar etwas in die Jahre gekommen, doch nach wie vor das Zentrum des Basler Sports. Und ein Ort, der in den letzten zwei Dekaden so manch denkwürdigen Moment erlebt hat.

15. März 2001: Die Spiel-Premiere

Endlich weg vom Exil «Schützenmatte». Am 15. März 2001 zügelt der FC Basel in den St.-Jakob-Park. Das Eröffnungsspiel gegen Lausanne endet vor ausverkauften Rängen torlos. Doch bereits diese Partie zeigt, dass das neue Joggeli Rotblau andere Möglichkeiten bietet. Es öffnet die Tür zur grossen Fussballwelt, in die Basel in den folgenden Jahren eintauchen darf.

18. März 2001: Die Tor-Premiere

Im zweiten Pflichtspiel fällt das erste Tor. Allerdings erzielt es mit Christian Gimenez ein Spieler von Gegner Lugano. Am Ende siegt der FCB 4:1 und holt den ersten Heimsieg im neuen Stadion. Gimenez feiert später in Rotblau im Joggeli zahlreiche Tore und Erfolge, dennoch bleibt dieser Premierentreffer für den Angreifer aus Argentinien etwas ganz Spezielles, wie er erst kürzlich gegenüber SRF erzählte.

30. Juni 2001: Die Mini-Kulisse

Exakt 6843 Menschen sind es, die am 30. Juni 2001 ein Ticket lösen, um den FCB im Hinspiel der zweiten Runde des UI-Cups zu sehen. Der Gegner ist ein unbeschriebenes Blatt, heisst Grindavik und kommt aus Island.

An diesem Samstag beginnen in Basel die Sommerferien, das Interesse an diesem Vergleich ist auch deshalb überschaubar. Bis heute ist diese Partie jenes FCB-Heimspiel mit den wenigsten Fans - ausgenommen Corona. Und natürlich ausgenommen jener zwei Cupspiele gegen die unterklassigen Le Mont (6138) und YF Juventus (4606), die zwar im Joggeli stattfanden, bei denen der FCB aber als Gastmannschaft einlief.

6. Juli 2001: Die Bühnenshow

Es ist ein Freitagabend, der in einem Sommergewitter endet. Inmitten dieses Wetterspektakels rockt AC/DC die Joggeli-Bühne. Dort, wo früher Michael Jackson, Pink Floyd, die Rolling Stones, Supertramp, Prince, Simon & Garfunkel oder U2 das Stadion füllten, sind die Australier die Ersten, die im neuen Rund ihre Fans begeistern. Später tun es Bryan Adams und die Lovebugs (bei der offiziellen Eröffnung), Herbert Grönemeyer, Metallica oder Helene Fischer ihnen gleich.

Ebenso wird im Joggeli die Oper «Aida» aufgeführt. Doch den früheren Glanz als Musiktempel, als die Bässe bis weit ins Baselbiet zu hören waren und Tausende sich rund ums Stadion versammelten, hat dieser St.-Jakob-Park nicht mehr. Die grossen Konzerte finden anderswo statt.

8. Mai 2002: Der Meistertitel

Gigi Oeri prägt den FC Basel als Präsidentin zu Beginn dieses Jahrtausends. Die Mäzenin hilft kräftig mit, dass der FCB Jahre nach der glorreichen Ära Benthaus zu alter Stärke zurückfindet. Oeri finanziert nicht nur den Campus, sondern ist massgeblich daran beteiligt, dass 2002 der Meistertitel nach 22 Jahren wieder ans Rheinknie geht.

Nachdem Oeri bereits die Rückholaktion von Murat Yakin mitfinanziert hat, stemmt sie die Transfers von Christian Gimenez aus Lugano und Hakan Yakin von den Grasshoppers. Als Mit-Baumeisterin dieses ersten Titels in ihrer Ära geht sie im rotblauen Kostüm mit der Mannschaft bei der Meisterfeier baden. Eine Aktion, die für Aufsehen sorgte.

12. Mai 2002: Der Cupsieg

Im Mai 2002 reiht sich ein Höhepunkt an den anderen. Wenige Tage nach der rauschenden Meisterfeier trifft der FCB im Cupfinal im St.-Jakob-Park auf die Grasshoppers. Das Spiel entscheidet sich in der Verlängerung, als Boris Smiljanic den Ball für den geschlagenen GC-Goalie Fabrice Borer von der Linie wegfaustet. Murat Yakin läuft in der 113. Minute zum Elfmeter an und trifft zum 2:1.

Der FC Basel holt somit seinen ersten Cupsieg im neuen Stadion und gleichzeitig das Double.

28. August 2002: Die Königsklasse

Am 28. August 2002 schreibt der FC Basel Geschichte. Erstmals in der Clubhistorie und als zweiter Schweizer Verein überhaupt qualifiziert er sich für die Gruppenphase der Champions League. Auf ein 1:3 in Schottland folgt ein 2:0-Heimsieg gegen Celtic Glasgow. Die Begeisterung an diesem Abend im Joggeli scheint grenzenlos. Auch, weil die Partie an Spannung kaum zu überbieten ist und Chris Sutton mit seinem Fernschuss, der knapp am Tor vorbeischiesst, beinahe sämtliche Basler Königsklasse-Träume zerstört hätte. Das Celtic-Spiel darf im selben Atemzug genannt werden wie das spektakuläre 3:3 gegen Liverpool im November jenes Jahres, das die Qualifikation für die (damalige) Zwischenrunde bedeutet.

8. März 2003: Das Geisterspiel

Es sind unschöne Szenen, die sich am 1. Dezember 2002 im Heimspiel gegen GC ereignen. Aus der Muttenzerkurve fliegen Münzen und Feuerzeuge, ja, gar ein Tetrapack Eistee wird geworfen, das GC-Keeper Fabrice Borer trifft. Auch Linienrichter Francesco Buragina wird von Gegenständen getroffen.

Die Liga büsst den FCB mit 15’000 Franken und einer Vollsperrung des Stadions. In zweiter Instanz schliesslich wird aus der Voll- eine Teilsperrung. Folglich bleibt am 8. März 2003 beim Heimspiel gegen Servette die Muttenzerkurve leer. Ohne seine lautesten Anhänger gewinnt Basel 2:0 im ersten Joggeli-Geisterspiel.

15. Dezember 2003: Das Benefizspiel

«The Match Against Poverty» füllt das Joggeli. Der Erlös dieser Benefizpartie kommt den Armen dieser Welt zugute, rund eine Million Franken kann gespendet werden. Die Zuschauer kommen wegen der Stars in Scharen ins Joggeli, das bis auf den letzten Platz ausverkauft ist: Zidane, Beckham, Robinho, Ronaldo, Deco, Luis Figo, Aldair, Suker oder Eto’o spielen für einen guten Zweck.

Und natürlich darf auch der Basler Aspekt nicht fehlen: Christian Gross orchestriert an der Linie, Murat und Hakan Yakin sowie der jetzige FCB-Mitinhaber David Degen kicken auf dem Rasen.

12. September 2004: Der höchste Heimsieg

21. Minute Delgado 1:0. 32. Gimenez 2:0. 37. Petric 3:0. 43. Gimenez 4:0. 45. Gimenez 5:0. 58. Gimenez 6:0. 73. Rogerio 6:1. 86. Mesbah 7:1. 89. Carignano 8:1. Es sind die Tore, die zum bislang höchsten FCB-Sieg im St.-Jakob-Park führen, dieser Erfolg gilt als Ursprung der Wachablösung im Schweizer Fussball.

Herausragender Akteur im Basler Kollektiv ist Christian Gimenez mit vier Treffern. Im GC-Tor steht mit Marco Ambrosio ein italienischer Torwart, der von Chelsea an die Limmat gewechselt hat und über Premier- und Champions-League-Erfahrung verfügt.

13. Mai 2006: Die Schande von Basel

Es ist der schwärzeste Abend in der Geschichte des FC Basel. Im Direktduell um die Meisterschaft sichert sich der FC Zürich am 13. Mai 2006 in der 93. Minute den Titel. Danach brechen im Joggeli alle Dämme, und gewaltbereite Anhänger stürmen den Rasen.

Es kommt zu wüsten Krawallen. Die Bilanz: über 100 Verletzte und 400’000 Franken Sachschaden. Danach sind Verein, Stadionmanagement und Polizei gefordert. Eine der Auswirkungen vom 13. Mai 2006 ist der «Basler Weg», ein Dialog zwischen Fans, Behörden und Club.

23. November 2006: Der Stürmer als Goalie

Es ist eine dieser Geschichten, die den Fussball so faszinierend machen. Im Uefa-Cup-Spiel gegen Nancy sieht FCB-Goalie Franco Costanzo in der Nachspielzeit Rot. Da der FCB das Auswechselkontingent bereits ausgeschöpft hat, wird Feldspieler Mladen Petric zum Goalie umfunktioniert.

Der Verlegenheits-Torhüter wird zum Helden der Partie, da er den Penalty sensationell pariert und eine Niederlage seiner Farben verhindert. Der FCB spielt 2:2, und Petric sammelt für seinen Reflex viele, viele Schulterklopfer.

7. Juni 2008: Das EM-Eröffnungsspiel

Es ist an diesem 7. Juni alles angerichtet für ein Fussballfest. Die EM 2008 beginnt mit dem Spiel Schweiz gegen Tschechien in Basel. Die Kapazität des St.-Jakob-Parks ist in der Saison 2006/07 extra für dieses Turnier erweitert worden.

So sind beim Startspiel denn auch alle 39’730 Plätze besetzt. Die Zuschauer im Joggeli wie vor den Fernseh-Bildschirmen müssen mitansehen, wie der weinende Captain Alex Frei nach 42 Minuten verletzt vom Rasen humpelt. Die Schweiz fällt in eine Schockstarre, verliert die Eröffnungspartie 0:1 und schafft danach den Sprung in die zweite Turnierphase nicht.

7. Dezember 2011: «Dr Steini isch e Glatte »

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, um beim FC Basel Kultstatus zu erlangen. Markus Steinhöfer ist zwar nur zweieinhalb Jahre beim FCB angestellt, doch das reicht dem Deutschen, um ewig in rotblauer Erinnerung zu bleiben. Und alles nur deshalb, weil seine Direktabnahme, eine verunglückte Abwehraktion, am 7. Dezember 2011 im Champions-League-Spiel gegen Manchester United an der eigenen Querlatte landet.

Der FCB gewinnt 2:1, wirft ManU aus der Königsklasse, und Trainer Heiko Vogel sagt zur Steinhöfer-Aktion nach dem Spiel: «An guten Tagen macht er den rein.»

Und die Fans? Die singen seither: «Dr Steini isch e Glatte, dr Steini isch e Glatte, dr Steini schiesst dr Ball an d Latte!»

11. April 2013: Der Penalty ins Glück

Der vierte Penalty bringt die Entscheidung. Marcelo Diaz schickt Brad Friedel in die falsche Ecke. Da ist es 23.44 Uhr, und im St.-Jakob-Park brechen alle Dämme. Erstmals seit 35 Jahren und dem Grasshopper-Club qualifiziert sich mit dem FCB wieder ein Schweizer Team für einen Europacup-Halbfinal.

Dank des Erfolgs über Tottenham, der dem Joggeli eine weitere magische Nacht schenkt. Im Stadion herrscht Gänsehaut-Stimmung, die Party geht danach auf dem Barfi weiter. Die Nacht in der «Bodega» ist an diesem Donnerstag besonders lang.

14. April 2013: Der letzte Freistoss

Alex Frei sagt an diesem 14. April 2013 auf seine Art Adieu vom Profisport. Ein Blick, ein kurzer Anlauf, ein Schuss, und der Ball landet zwischen Torpfosten und Querlatte im Winkel. Gespielt sind zu diesem Zeitpunkt im Klassiker gegen den FCZ 58 Minuten, und der Schweizer Rekordtorschütze bekommt von den Rängen Standing Ovations.

Mit seinem 122. Tor im 217. Super-League-Spiel verlässt der Baselbieter die Bühne des Fussballs. Und sorgt mit seinem emotionalen Auftritt vor und dem Gezeigten im Spiel für einen würdigen Schlusspunkt einer grossen Laufbahn.

1. Oktober 2013: Der spektakuläre Protest

Das Transparent ist gelb. Und riesig. Darauf steht in grossen Lettern geschrieben: «Gazprom don’t foul the arctic». Aktivisten von Greenpeace schaffen es, vor dem Champions-League-Spiel gegen Schalke auf das Stadiondach zu gelangen.

Als die Partie läuft, seilen sie sich mit der Botschaft in Richtung Spielfeld ab. Die Konsequenz: Ein Unterbruch von fünf Minuten, Strafanzeige gegen die Aktivisten sowie eine Geldstrafe im fünfstelligen Bereich gegen den FC Basel, da dieser in der Spielorganisation nicht ausreichend für die Sicherheit gesorgt hat.

29. Mai 2015: Ein emotionaler Abschied

Granit Xhaka ist da. Alex Frei, Yann Sommer, Valentin Stocker und Benjamin Huggel ebenfalls. Alle haben sie ihm ein Präsent mitgebracht. Ihm, das ist Marco Streller. Jener FCBler, der seine schillernde Fussballkarriere mit einem emotionalen Abschied beendet. Auch Roger Federer meldet sich - mit einer Grussbotschaft vom French Open.

Beim bedeutngslosen 4:3 über den FC St. Gallen gelingt Streller sein letztes Tor, ehe er in der Schlussphase ausgewechselt wird. In der Muttenzerkurve brennts zum wiederholten Mal, eine nächste Choreo zu Ehren «ihrer» Nummer 9 wird präsentiert. Der letzte Applaus, die letzten Tränen.

2. Juni 2017: «Chapeau Bärni»

Der Rasen wird für einmal zur Bühne. Zur grossen Bühne. Um Bernhard Heusler zu verabschieden, der den FC Basel als Präsident fünfeinhalb Jahre erfolgreich geführt hat. «Chapeau Bärni!» steht auf dem Transparent, das die Anhänger in der 73. Minute der Partie gegen St. Gallen über das Feld tragen.

Heusler reagiert cool, schwenkt eine grosse FCB-Fahne und animiert die Platzstürmer dadurch, in ihren Sektor zurückzukehren. Danach sagt der abtretende Clubboss: «Wenn Menschen völlig gewaltfrei ihre Freude zum Ausdruck bringen, muss so etwas auch einmal Platz haben.»

3. März 2018: Der Stromausfall

Und plötzlich ist es dunkel. Die Lichter im St.-Jakob-Park gehen noch vor dem Anpfiff aus. Nikolaj Hänni wartet 45 Minuten. Doch es passiert nichts, der Unparteiische muss die Partie zwischen dem FC Basel und dem FC Zürich verschieben.

Was ist geschehen? Im Nachgang zum 3. März 2018 wird festgestellt, dass der Stromausfall auf einen Isolationsschaden auf der Stromschiene zurückzuführen ist. Da Manipulation oder Einwirkungen durch Wasser oder eine andere Ursache ausgeschlossen werden können, hat der Blackout keine Konsequenzen für den Gastgeber. Bei der Neuansetzung leuchtet das Flutlicht wie gewünscht - und der FCB schlägt im Klassiker des Schweizer Fussballs Zürich 3:0.

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