Presseschau

Basler Zeitung vom 19.04.2021

Ganz viel Handschrift und ein Ausrufezeichen

Der FC Basel spielt unter dem Interimstrainer Patrick Rahmen wieder Fussball und kehrt nach dem zweiten Sieg im zweiten Spiel auf den zweiten Tabellenplatz zurück. Selten hatte ein Trainerwechsel einen grösseren Effekt.

Oliver Gut

Auch als es an diesem Sonntag später wird, ist es noch zu früh. Zu früh, um nach dem 5:0 -Sieg des FC Basel über den Servette FC eine Ode an Patrick Rahmen zu verfassen und in ihm den Trainer der Zukunft zu sehen, wenn es um die nächste Saison geht. Doch während sie beim BSC Young Boys gerade den vierten Meistertitel en suite feiern, gibt es in der rotblauen, fussballerischen Gegenwart zumindest einiges Erfreuliches, das erwähnt werden muss, wenn es um den neuen, interimistischen Übungsleiter geht.

In dessen zweitem Spiel als Cheftrainer hat der FCB seinen zweiten Sieg in Folge gefeiert - etwas, das zuvor unter Ciriaco Sforza nur einmal gelungen ist, als man im Dezember schliesslich gar dreimal in Serie gewann. Es genügt bereits, um dorthin zurückzukehren, wo diese Mannschaft auf dem Papier auch hingehört: auf den zweiten Platz der Super-League-Tabelle.

Nichts davon ist Zufall. Sondern es ist logisch. Denn der FC Basel hat dabei das getan, was er zuvor unter Sforza komplett abgestellt zu haben schien: Er hat Fussball gespielt. Mit Spass, Leidenschaft, Selbstvertrauen und einem klaren Plan. Die Rückkehr dieser Ingredienzien dürften viel mit dem Abgang des einen und der Installation des anderen Trainers zu tun haben.

Organisation und Ruhe

Hatte man zuvor während Wochen die Freude an der Arbeit vermisst und vergeblich nach der Handschrift des Trainers gesucht, weist sie Rahmens Equipe bereits jetzt deutlich auf.

Gegen Servette ist viel defensive Organisation und Ruhe, wo zuvor oft Chaos und Hektik herrschte, die nicht zuletzt durch ständige Rufe von der Seitenlinie befeuert wurde. Es führt dazu, dass Rotblau erstmals seit dem 20. Februar und einem 0:0 gegen Lausanne-Sport kein Gegentor kassiert. Dazu kommen in der Offensive viele, rasch gespielte Bälle hinter die gegnerische Abwehr, die nötige Tiefe im Angriffsspiel. Sie sorgen dafür, dass der Widersacher immer wieder in Verlegenheit gerät, weil die Basler in hoher Kadenz vernünftig in die Zone vor dem Genfer Tor vorstossen. Und sie münden schliesslich in Treffern und im höchsten Saisonsieg.

Es bedeutet in diesen 90 Minuten aber auch, dass der Gegner schon geschlagen ist, bevor er sich richtig auf die Attacken des FCB einstellen kann: Als Ricky van Wolfswinkel Servette-Torhüter Frick in der 9. Minute den Ball abluchst und ihn locker einschiebt, steht es bereits 3:0. Zuvor haben Fabian Frei per Elfmeter (3.) und Pajtim Kasami aus dem Spiel (6.) getroffen.

Die Partie plätschert in der Folge der Pause entgegen, hat aber ihren letzten, entscheidenden Moment noch davor: Sauthier kommt gegen Darian Males zu spät, grätscht diesem in den Knöchel und fliegt dafür mit einer eher strengen, direkten Roten Karte vom Platz.

Es läuft erst die 34. Minute, aber es ist klar, dass der Sieg diesem gefestigt wirkenden FCB unter diesen Umständen nicht mehr zu nehmen ist. Zwar verpassen die Basler nach der Pause gleich reihenweise gute Chancen. Doch weil in den Schlussminuten noch zweimal der eingewechselte Afimico Pululu trifft, steht am Ende ein Resultat, das dem Gezeigten entspricht. Und steht das, was Patrick Rahmen so formuliert: «Das war ein Ausrufezeichen!»

Burgener und Beben

Widersprechen mag man ihm nicht. Vielmehr ertappt man sich beim Gedanken, dass die rotblaue Geschichtsschreibung womöglich eine andere wäre, hätte Besitzer Bernhard Burgener im Juni 2019 nicht in letzter Sekunde einen Rückzieher gemacht, als es auf Betreiben von Sportdirektor Marco Streller darum ging, den damaligen Trainer Marcel Koller durch Rahmen zu ersetzen.

Man wird es nie herausfinden. Bekannt ist hingegen die tatsächliche Entwicklung des Clubs. Jene Kehrtwende führte zu Strellers Abgang und damit zur ersten heftigen Erschütterung in Burgeners FC Basel. Es war nur das erste von vielen Beben unterschiedlichen Ursprungs, die folgten. So, dass der Club nun tief gespalten ist, die Anhängerschaft sich weit von der Führung distanziert hat und ein Besitzerstreit mit David Degen im Gange ist, den Burgener womöglich für sich entscheiden, aber bei dem er eigentlich nichts gewinnen kann.

Gespannt darf man weiterverfolgen, wohin die Reise geht. Auf Führungsebene, aber auch auf dem grünen Rasen. Das ist dort, wo der FCB wieder Fussball spielt. Und man feststellen muss: Selten hatte ein Trainerwechsel einen grösseren Effekt, als man ihn bislang beim FC Basel erlebt.

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