Presseschau

bz Basel vom 19.04.2021

Hunderte folgen dem Protestaufruf

Am Samstag gaben mehr als 650 verzweifelte FC-Basel-Anhängerinnen und -Anhänger im Joggeli ihre Jahreskarten ab.

Nicolas Blust

Es ist kein ungewohntes Bild, das sich am Samstag rund um das Joggeli zeigt. Hunderte Fans stehen in der Schlange vor dem Kassenhäuschen. Es geht aber nicht darum, sich heiss begehrte Karten für ein Champions-League-Spiel zu ergattern. Im Gegenteil. Die Supporter geben aus Protest über die aktuelle Entwicklung beim FC Basel ihre Halbjahreskarten zurück.

Damit wird ein weiteres Kapitel geschrieben im Machtkampf zwischen den Fans und der FCB-Führungsetage. Am Samstag zwischen 11 und 12 Uhr versammeln sich Hunderte Anhängerinnen und Anhänger des FC Basel vor dem Joggeli, um ihre Halbjahreskarte abzugeben. Ursprünglich rief die Muttenzerkurve am vergangenen Mittwoch alle Fans dazu auf, am Samstag ihre Saisonkarte beim Fanshop zu retournieren. Damit wollte man seinen Unmut über den geplanten Verkauf der Aktien von Bernhard Burgener an die Briefkastenfirma Basel ­Dream & Visions AG kundtun.

Schliessung des Fanshops aus Angst vor Ansturm

Am Freitag sah sich der FC Basel aufgrund des drohenden Ansturms dazu gezwungen, den Fanshop bis auf Weiteres zu schliessen. Als Grund gab der FCB an, nicht abschätzen zu können, wie viele Fans dem Aufruf folgen würden. Deswegen gab der Verein bekannt, zum Schutz seiner Mitarbeiter den Fanshop beim Stadion sowie den Stadtlaade an der Schifflände geschlossen zu lassen.

Trotzdem ist es am Samstagmorgen möglich, seine Halbjahreskarte beim Stadion abzugeben. Hinter dem Sektor B ist das Kassenhäuschen geöffnet, wo die Fans ihre Karten abgeben können. Die Schlange zieht sich zwischenzeitlich vom Kassenhäuschen mehrere hundert Meter um das Stadion bis vor die Geschäftsstelle des FC Basel. Dabei werden die Abstände jeweils eingehalten, und alle Anwesenden tragen permanent eine Gesichtsmaske.

Die Botschaft der Fans ist klar: «Es kann so nicht weitergehen.» Das Tischtuch zwischen der Klubführung und der Basis scheint endgültig zerschnitten zu sein. Das Vertrauen in Mehrheitsaktionär Bernhard Burgener ist vollends aufgebraucht. Eine weitere Saison mit Burgener an der Spitze ist für den Grossteil der Fans nicht mehr vorstellbar. «Wir haben genug von Burgener und Heri», sagt ein enttäuschter Anhänger. Damit drückt er das aus, was den meisten an diesem Samstag auf dem rotblauen Herzen liegt.

Es ist für viele Fans der letzte Schritt

Es sei kein einfacher Schritt, sich von seiner geliebten Saisonkarte zu trennen: «Es tut mir schon weh, schliesslich haben wir seit über 20 Jahren eine Saisonkarte», sagt ein älterer Herr, der ­zusammen mit seiner Frau ansteht. «Es ist schwer», fügt ein weiterer Fan an, der hinter dem Ehepaar steht. In der aktuellen Situation sehen viele jedoch keine andere Möglichkeit, sich bei der FCB-Führung Gehör zu verschaffen.

«Das ist der letzte Schritt, den wir wählen», sagt ein Kartenbesitzer aus der Muttenzerkurve und erklärt: «Wir haben schon vieles versucht mit dem Fanmarsch, der Aktion Yystoo und den verschiedenen Plakataktionen.» Bis jetzt zeigten diese Aktionen jedoch keinen Effekt. Viele fühlen sich nicht ernst genommen.

Generationen- und sektorenübergreifend

«Ich sehe keinen anderen Weg, damit die Vereinsführung endlich auf uns hört», sagt ein Familienvater, der mit seinem Sohn ansteht. Deswegen greifen 657 Fans aus allen Sektoren nun zu diesem drastischen Mittel, der Grossteil davon (549) aus der Muttenzerkurve. Es ist schwer vorstellbar, dass es der aktuellen Führung noch gelingt, die Fans wieder auf ihre Seite zu holen. Zu viel ist in den vergangenen Wochen vorgefallen.

Die Hoffnung haben die Anhänger jedoch noch nicht verloren. «Es muss eine Basler Lösung her», wird von den Supportern gefordert. Viele hoffen, mit der jüngsten Aktion einen Verkauf an die Basel Dream & Visions AG verhindern zu können. Damit meinen sie aber auch eine Lösung, bei der Bernhard Burgener nicht mehr das Sagen hat. Erst dann komme für die Fans eine Rückkehr ins Joggeli wieder in Frage. Das letzte Kapitel im Machtkampf zwischen den Fans und der Klubführung ist noch lange nicht geschrieben.

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