Presseschau

Basler Zeitung vom 04.05.2021

Diese Rückkehr haben sich alle anders vorgestellt

In wenigen Wochen läuft der Leihvertrag von Innenverteidiger Timm Klose aus. Das erste Jahr nach seiner Rückkehr war kein einfaches. Jetzt stellt sich die Frage: Bleibt er? Oder geht er?

Tilman Pauls

Schuld war dieses Mal die Muskulatur im linken Oberschenkel. Nicht, dass am Ende noch irgendwelche Missverständnisse entstehen.

Timm Klose hat am Samstag gegen St. Gallen eine unschöne Serie gestartet: Zum zweiten Mal in Folge hat er es nicht über die Halbzeit hinaus geschafft. Schon in der 12. Minute fasste er sich nach einem Duell an den Oberschenkel, Patrick Rahmen wollte dann in der Halbzeit kein unnötiges Risiko eingehen. Klose blieb in der Kabine.

Eine Woche zuvor ist ihm bereits das Gleiche passiert - nur war alles anders. Der Verteidiger hatte in Lausanne keinen guten Tag erwischt, schon beim 0:1 sah er nicht gut aus und bekundete auch danach Mühe mit den Stürmern des Gegners. «Ein arrivierter Spieler kann mal einen schlechten Tag haben», sagte Rahmen nach dem Abpfiff.

Die Leichtigkeit verloren

Zwei Auswechslungen zur Halbzeit, ganz egal aus welchem Grund, das wünscht sich kein Fussballer. Doch im Fall von Klose haben seine beiden Kurzeinsätze dazu geführt, dass jetzt eine ganz grundsätzliche Frage gestellt wird: Wie geht es weiter mit ihm und dem FC Basel?

In wenigen Wochen läuft die Leihe des 32-Jährigen aus. Darauf hat man sich im letzten Jahr geeinigt: Eine Saison spielt Klose auf Leihbasis in Basel, danach hat der Verein die Möglichkeit, ihn längerfristig von Norwich City zu übernehmen, wo er noch einen Vertrag bis 2022 besitzt.

Damals klang es nach einer reinen Formsache. Wieso sollten die Basler nicht mit ihrem Rückkehrer verlängern wollen? Und was könnte es auf der anderen Seite schon für Gründe geben, dass Klose selbst sich gegen den FC Basel entscheidet? Doch inzwischen ist man sich aus mehreren Gründen nicht mehr sicher, was im Sommer passieren wird.

Sportlich gesehen, spielt Klose eine Saison, die man als «ausbaufähig» beschreiben muss. Es fing schon bei seinem ersten Auftritt für die Profis an, in Bern, gegen die Young Boys. Klose brach sich die Hand und konnte später den entscheidenden Treffer durch Meschack Elia nicht verhindern. In der Nachbetrachtung spielte es keine Rolle, dass Eray Cömert mit seinem riskanten Pass oder Edon Zhegrova mit seiner schwachen Annahme die Situation ermöglicht hatten. Klose war als letztes Glied der Kette der Schuldige.

Dieses Motiv zieht sich seitdem durch die Saison: Klose verliert irgendwo ein Laufduell, und wenig später dreht der Gegner jubelnd ab. Auch den hängenden Kopf von Klose und seine enttäuschten TV-Interviews kennt man in der Zwischenzeit allzu gut. Von der Leichtigkeit bei seiner Vorstellung ist nicht mehr viel übrig geblieben.

Klose selbst wäre vermutlich der Letzte, der seine bisherigen Leistungen schönreden würde. Auch er wird kaum zufrieden sein. Dabei hatte er nach seiner Ankunft in Basel doch gesagt: «Nun liegt es an mir, Argumente zu sammeln, damit sich der Club für eine definitive Übernahme entscheidet.» Für viele Betrachter hat Klose in den letzten sieben Monaten zu wenig Argumente geliefert, ihre Meinung ist gemacht: Klose genügt den sportlichen Ansprüchen nicht. «Zu langsam», «zu alt», «zu schwerfällig». Aber ganz so einfach ist die Sache dann doch nicht.

So wie Huggel, Streller, Frei

Im letzten Oktober hat Klose sich den grossen Wunsch nach einer Rückkehr zum FC Basel endlich erfüllen können. Jahrelang hat er immer wieder davon gesprochen, dass er eines Tages für seinen Herzensclub spielen werde, bei dem ihm Thorsten Fink einst den Aufstieg zu den Profis verwehrte. Kloses Traum war es, mit dem FCB vor vollen Rängen um Titel zu spielen, ähnlich wie damals Huggel, Streller und Frei. Er wollte dafür sorgen, dass es mit dem Club wieder aufwärtsgeht. Das sind ziemlich grosse Ziele, ziemlich hohe Erwartungen und ziemlich viel Druck. Besonders in der aktuellen Situation.

Der FCB versinkt ja gerade in seinen eigenen Problemen. Bernhard Burgener und David Degen streiten sich um die Aktienmehrheit an der FC Basel Holding AG, am 11. Mai trifft man sich vor dem Zivilgericht. Und schon zuvor hat sich das Verhalten der Führung negativ auf den Club und das Team ausgewirkt.

Klose ist ein Spieler, den all das besonders hart treffen dürfte. Nicht nur, weil er Basler ist und der FC Basel sein Verein. Schon in Nürnberg, Wolfsburg und Norwich hatte er zu Beginn seiner Zeit stets zu kämpfen mit der eigens aufgetürmten Erwartungshaltung. Aber in jedem Club hat er sich irgendwann durchgesetzt und seinen Wert bewiesen. Seine Leistungen brachte er jeweils dann, wenn der Druck abfiel und die Entspannung einsetzte. Die Frage ist nur: Wird er diesen Punkt beim FCB je erreichen?

Noch keine Gespräche

Klose ist Teil eines Teams, dessen Beziehung zu den Cluboberen belastet scheint, anders kann man sich die jüngsten Episoden nicht erklären. Der FCB bietet seiner Mannschaft kein Umfeld der Entspannung, sondern eher eines der Anspannung - auch wenn sich die Atmosphäre unter Patrick Rahmen zuletzt gebessert hat.

Es ist nicht die Atmosphäre, die Klose sich in all den Jahren für seine Rückkehr erträumt hat. Und darum geht es nicht mehr allein um die Frage, ob der FCB den Vertrag mit Klose verlängern sollte oder nicht. Man muss sich mittlerweile auch fragen, ob Klose überhaupt noch länger in Basel bleiben will. Seine Verbundenheit zum FCB ist gross, und Klose hat mehrmals gesagt, dass er sich vorstellen könnte, seine Karriere hier zu beenden. Aber gilt das auch unter den aktuellen Umständen und wenn vorerst keine Besserung in Sicht sein sollte?

Bislang haben keine Gespräche zwischen Klose und den Baslern über eine Verlängerung des Vertrages stattgefunden. Auch im Club wartet man auf den Gerichtstermin am 11. Mai und ein möglichst baldiges Ende im Streit um die Besitzverhältnisse.

Erst dann wird sich entscheiden, ob auch über den Sommer hinaus Platz für Timm Klose beim FC Basel besteht. Oder ob die lange ersehnte Rückkehr schon nach einem Jahr wieder beendet wird, weil es nicht so ist, wie er selbst es sich immer ausgemalt hatte.

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