Presseschau

NZZ vom 12.05.2021

Bernhard Burgener ist gescheitert

ENTSCHEIDUNG IM MACHTKAMPF BEIM FC BASEL

Sebastian Bräuer

Als Medienunternehmer geht Bernhard Burgener juristischen Auseinandersetzungen selten aus dem Weg. Er hat Kontrahenten im Laufe seiner Karriere in zähe Streitigkeiten verwickelt, bis diese zermürbt aufgaben, und mit stoischer Ruhe ertragen, wenn sie öffentlich über ihn herzogen.

Als Präsident des FC Basel verhält sich Burgener nun völlig anders. Er vermeidet einen Rechtsstreit, verkauft seine Klubanteile an den ehemaligen Profifussballer David Degen und scheidet im Juni nach Saisonende aus. Es ist das plötzliche Ende eines grossen Missverständnisses.

Ab dem Tag seines Amtsantritts im Frühjahr 2017 schien Burgener nie einsehen zu wollen, dass ein Fussballverein anders geführt werden muss als ein gewöhnliches Unternehmen. Es genügt nicht, in der Gegenwart wirtschaftlich solide unterwegs zu sein, und es hilft auch wenig, an Ideen für die Zukunft zu tüfteln, solange beides nicht ausreichend erklärt wird. Fans müssen auf einer emotionalen Ebene angesprochen werden. Wer sie nicht begeistert, hat im Fussball einen sehr schweren Stand. Und Burgener versuchte es gar nicht erst. Bis zuletzt wich er in Interviews konkreten Fragen aus. Burgener redete von Eigenkapitalquoten und transitorischen Passiven, wenn es darum gegangen wäre, um Vertrauen zu werben und Transparenz zu schaffen.

So verlor der Präsident im Frühjahr 2021 endgültig die Gunst des zunächst noch geduldigen FCB-Umfelds. Bei einer Demonstration wurde eine ihm nachempfundene Stoffpuppe verbrannt, zuletzt landete ein abgetrennter Schweinskopf vor der Geschäftsstelle. Burgener beteuerte am Dienstag, all das habe seinen Verkaufsentscheid nicht beeinflusst. Doch das wäre, wenn es stimmen sollte, vor allem ein Beleg seiner Uneinsichtigkeit. Er konnte den Verein unter den entstandenen Umständen unmöglich weiter führen.

Die Macht der Fans wurde im Fussball lange unterschätzt. Zuletzt scheiterten internationale Topklubs mit dem Vorstoss, eine weitgehend geschlossene Liga zu gründen. Auch die Präsidenten der europaweit führenden Vereine von Madrid bis Turin wirkten überrumpelt vom ­Protest, der sich innerhalb weniger Stunden ­formierte.

Nach Jahren des Wachstums befindet sich der grösste Sport der Welt in einer Zäsur. Fernsehgelder und Transfererlöse sinken, fast alle Klubs im In- und Ausland müssen sparen. Burgener analysierte die Situation klarsichtiger als andere Funktionäre und gleiste Massnahmen auf, von denen er überzeugt war, dass sie dem FCB helfen würden. Er expandierte im E-Sports-­Sektor, um junge Zielgruppen anzusprechen, arbeitete in digitalen Fragen mit dem FC Bayern zusammen und beschloss zwecks Talentsichtung Kooperationen und Partnerschaften mit Klubs in Argentinien und Indien. All das war nicht zwingend falsch: Die Finanzkrise wird einigen Fussballklubs in nächster Zeit mehr Kreativität abverlangen, als diesen bis jetzt bewusst ist. Doch Burgener scheiterte in der Kommunikation seiner Ideen. Deswegen bleiben sie nun Stückwerk.

Eigentlich wollte der FCB-Präsident die Londoner Finanzfirma Centricus ins Boot holen, die dem Klub Investitionen in dreistelliger Millionenhöhe in Aussicht stellte. Warum Burgener sich öffentlich wochenlang nicht dazu bekannte, als die Fakten längst bekannt waren, bleibt rätselhaft.

Jetzt kommt es zu einer ironischen Pointe. Dass der neue Besitzer Degen einen Unterstützer mit vergleichbarer finanzieller Potenz hinter sich hätte, wäre unbekannt. Er muss zusammen mit seinem Team den von Burgener lancierten Sparkurs fortsetzen und tendenziell weiter verschärfen. Es geht nun beim FCB noch mehr um Kostendisziplin, als das der Fall gewesen wäre, hätte der Centricus-Deal geklappt.

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