Presseschau

bz Basel vom 05.08.2021

Auf der Suche nach dem Glanz alter Tage

Der heutige FCB-Gegner Újpest Budapest hat eine glorreiche Geschichte hinter sich. Die Gegenwart präsentiert sich schwieriger.

Wenn der FC Basel heute Abend auf Újpest Budapest trifft, ist die Favoritenrolle vergeben. Allein der Marktwert von Arthur Cabral liegt über demjenigen des gesamten Kaders der Ungarn. Doch es gab eine Zeit, da wären die Rollen anders verteilt gewesen. Nur liegt die weit zurück.

Denn Újpest, nach dem gleichnamigen Stadtteil in Budapest benannt, ist einer der ältesten sowie erfolgreichsten Fussballvereine Ungarns. Zwischen 1969 und 1975 reihte der Verein sieben Meistertitel aneinander. 1974 drang Újpest auch in den Halbfinal des Europapokals der Landesmeister, die Vorgängerversion der Champions League, vor, musste sich dort aber Bayern München beugen. «Es war eine Zeit, in der viele ungarische Nationalspieler im Verein waren und attraktiven Fussball spielten», erinnert sich Bence Babják, der für die Zeitung «Nemzeti Sport» über Újpest berichtet. Insgesamt 20 Meistertitel zeugen vom Glanz vergangener Tage. Doch der letzte Meistertitel von 1998 zeigt: Im neuen Jahrtausend sind erst das Geld und dann der Erfolg abhandengekommen.

Vergangene Saison ist ein Spiegelbild davon. Im Januar dieses Jahres fand sich der 1885 gegründete Verein plötzlich auf einem Abstiegsplatz wider. Nicht alles war selbst verschuldet. Im Herbst musste Újpest die Startelf mit Jugendspielern auffüllen, weil sich ein Teil der Mannschaft mit dem Coronavirus infizierte. Ein Spiel ging gar Forfait verloren. Im Januar wurde Michael Oenning (Bild) als neuer Trainer geholt, mit der Aufgabe, den Traditionsverein zu retten.

Nach dem Fiasko kam die Wende
Doch der Deutsche, der auch schon den 1. FC Nürnberg und den Hamburger SV trainierte, erlebte in den ersten drei Spielen ein Fiasko: 0:5, 2:3, 0:4. Unter seiner Ägide rutschte der Verein auf den Abstiegsplatz ab. Doch die Wende kam. «Die Spieler begannen nach und nach, seine Taktik und Anweisungen zu verstehen», sagt Babják. Am Ende reichte es für Rang 6. Dass Újpest in der Qualifikation zur Conference League antritt, liegt daran, dass sich der Verein im Mai zum elften Mal zum ungarischen Cupsieger ­kürte.

Nach dem Erfolg über Vaduz in der 2. Runde der Qualifikation zur Conference League wäre ein Weiterkommen gegen Basel eine Sensation. «Basel ist das stärkere Team mit einer viel grösseren internationalen Erfahrung», sagt Babják. Tatsächlich präsentiert sich Újpest als eine Mannschaft mit hierzulande weitestgehend unbekannten Namen. Einzig Zoltán Stieber und Nemanja Antonov wecken Erinnerungen. Ersterer, weil er es auf 50 Spiele in der Bundesliga schaffte. Letzterer, weil er einst bei den Grasshoppers unter Vertrag stand.

Gänzlich ungefährlich ist Újpest aber nicht. «Wenn sie einen guten Tag erwischen, sind sie strukturiert und spielen offensiv einen guten Fussball», sagt Babják, der den Teamspirit als eine Stärke bezeichnet. «Es ist eine Mannschaft, bei der man aber nach zehn Minuten sieht, ob sie einen solchen guten Tag eingezogen hat. Wenn nicht, spielt sie ohne Kreativität.» Da hilft es nicht, dass sich am Wochenende im ersten Ligaspiel mit Giorgi Beridze auch noch der beste Stürmer verletzte. Sein Einsatz gegen Basel ist fraglich.

Ebenfalls ungelegen kommt der Mannschaft ein Protest ihrer treusten Anhänger. Weil diese mit der Transferpolitik und dem Management des belgischen Besitzers, Roderick Duchâtelet, unzufrieden sind, bleiben sie den Heimspielen fern.

Simon Leser

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