Presseschau

NZZ vom 27.09.2021

Der FCZ spielt, Basel gewinnt

Der FC Basel entscheidet den attraktiven Match dank der grösseren Effizienz 3:1

Stephan Ramming, Basel

Am Ende zeigte der Verlierer ein heiteres Gesicht. André Breitenreiter lief seinen Spielern entgegen, die sich nach dem 1:3 abgekämpft und frustriert bei den FCZ-Fans verabschiedet hatten. Der FCZ-Trainer nahm seinen Spieler Adrián Guerrero in den Arm und hielt ihm Zeigfinger und Daumen drei Zentimeter auseinander vors Gesicht. «So viel», sagte Breitenreiter, «so viel hat gefehlt!», drei Zentimeter, Breitenreiter wiederholte seine Geste und nahm seinen Spieler nochmals in den Arm. Diese drei Zentimeter hatten gefehlt in der 70. Minute beim Stand von 1:0 für Basel, als Guerrero den Pfosten getroffen hatte nach dem Zuspiel des eingewechselten Blerim Dzemaili. Es wäre der verdiente Ausgleich gewesen, das Spiel hätte wohl eine andere Wende genommen.

Der FCZ hatte eine gute, phasenweise formidable Leistung geboten gegen den FC Basel. Das wusste Breitenreiter, deshalb fiel es ihm wohl auch nicht besonders schwer, seine Spieler wieder aufzurichten. Die Richtung stimmt im FCZ, er zeigt attraktiven Fussball, die Mannschaft scheint ihrem Trainer zu folgen. «Uns fehlen noch ein paar Prozentpunkte, um gegen grosse Mannschaften wie YB oder Basel Punkte zu holen», sagte Breitenreiter. Schon gegen YB hatte der FCZ eine Stunde lang gut gespielt, am Ende aber 0:4 verloren. Immerhin habe seine Mannschaft nicht «aufgegeben und weitergespielt».

Bei der spielentscheidenden Szene jedoch hatte seine Mannschaft nicht weitergespielt, sondern kurz geschlafen. Das 3:1 in der 83. Minute war ein Tor, bei dem es nicht um Zentimeter ging, sondern um viele, viele Meter – fast so viele Meter, wie der St.-Jakob-Park hoch ist: Arthur Cabral war es, der nach einem FCZ-Corner im eigenen Strafraum den Ball vierzig, fünfzig Meter hoch in die Luft schlug. Gleichzeitig rannte der Mittelstürmer los und sah, wie der FCZ-Spieler Ousmane Doumbia davon ausging, dass der FCZ-Goalie Yanick Brecher den Ball klären wird. Doch Brecher blieb stehen, Doumbia merkte das zu spät, und so eilte Joelson Fernandes zum Ball, bediente den heranbrausenden Cabral, der sein 11. Meisterschaftstor schoss und das Spiel für den FCB entschied. «Es war ein Abstimmungsproblem», sagte Breitenreiter, aber er könne «keinem seiner Spieler einen Vorwurf machen».

Der FCB-Stürmer mit der Nummer 10 steht für das, was dem FCZ fehlt: Robustheit, Instinkt und vor allem Effizienz. «Effizienz» ist im Vokabular von Breitenreiter oft zu hören, wenn er von den Prozentpunkten spricht, die dem FCZ fehlen. Auch Antonio Marchesano, einmal mehr der Beste im FCZ, sprach von der «mangelhaften Genauigkeit und mehr Effizienz» vor dem gegnerischen Tor. Marchesano musste sich in dieser Beziehung keinen grossen Vorwurf machen. Nachdem er nach 12 Minuten vier Basler düpiert hatte, rettete der FCB-Goalie Heinz Lindner mit einer guten Parade. Auch die letzte Szene des Spiels gehörte Lindner und Marchesano – der FCB-Goalie wehrte einen Fallrückzieher des Spielgestalters ab.

Zwischen diesen beiden Szenen sahen die 27 200 Zuschauer im stimmungsvollen St.-Jakob-Park ein interessantes, attraktives Spiel, in dem der FCZ in der ersten Halbzeit dominierte. Der FCB hatte Mühe, gegen die defensiv gut organisierten Zürcher Lösungen zu finden, und war umgekehrt mehrfach am Rande der Überforderung, wenn der FCZ rasch nach vorne spielte und den etwas glücklosen Assan Ceesay lancierte. Der FCB-Trainer Patrick Rahmen musste sich kurz auf die Bank setzen und verwarf die Hände. «Ich hätte mir schon gewünscht, dass wir vor eigenem Publikum mehr bieten können», sagte er später über die erste Halbzeit.

Nach Liam Millars Führungstreffer – Guerrero hatte einen Ball unglücklich Dan Ndoye in die Füsse gespielt – war es wieder Ndoye, der das 2:0 erzielte (73.). Kurz davor aber waren es jene drei Zentimeter, die Guerrero zum Ausgleich gefehlt hatten. Breitenreiter wusste genau, wie wenig gefehlt hatte. Drei Zentimeter waren es, «so viel»!

Zurück 1637267