Presseschau

bz Basel vom 24.11.2021

Kommt nun die ID-Pflicht?

Sicherheitsdirektorin Stephanie Eymann spricht sich für personalisierte Tickets aus. Das wirft Fragen auf.

Maximilian Karl Fankhauser

69 zu 13 Stimmen. So klar entschied sich das Basler Parlament 2013 gegen das verschärfte Hooligan-Konkordat. Der damalige SP-Grossrat Tobit Schäfer sagte gegenüber dem «Tages-Anzeiger», das revidierte Konkordat verletze das Prinzip der Verhältnismässigkeit und schränke die Freiheitsrechte der Fans stark ein.

Nun hat die Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren (KKJPD) am vergangenen Freitag entschieden, dass ab der kommenden Saison der Zutritt zu den Schweizer Fussballstadien nur noch in individualisierter Form möglich sein wird. Will heissen: Ab der Saison 2022/2023 sind die Tickets nur noch in Kombination mit einem Identitätsausweis erhältlich.

Als Beispiele, die eine Einführung personalisierter Eintrittskarten begünstigen sollen, werden zwei jüngere Ereignisse genannt: Anhänger des FC Zürich stürmten am 23. Oktober beim Zürcher Derby von ausserhalb des Stadions via Familien-Sektor auf die Tartan-Bahn und bewarfen den GC-Sektor mit Pyros. Einen Tag später randalierten Anhänger des FC St.Gallen nach der Niederlage in Luzern in Bussen, zerstörten diese und warfen Böller in Richtung der Polizei.

Ausweispflicht nicht an Beitritt zu Konkordat gebunden
Auch Stephanie Eymann, Vorsteherin des Justiz- und Sicherheitsdepartements (JSD) des Kanton Basel-Stadt, nahm an der Konferenz vom vergangenen Freitag teil. «Als Vorsteherin des JSD spreche ich mich für die Ausweispflicht aus», sagt sie nun auf Anfrage der bz. «Die KKJPD hat den Vorstoss der Konferenz der kantonalen Polizeikommandanten ernst genommen und zum Ausdruck gebracht, dass die Justiz- und Polizeidirektoren in der Ausweispflicht ein geeignetes Mittel sehen, um Gewalt in den Stadien zu verhindern oder den Tätern im Nachgang besser habhaft zu werden.»

Dass der Kanton Basel-Stadt nicht Teil des Hooligan-Konkordats ist, sei nicht relevant, da die von der KKJPD verlangte Ausweispflicht nicht an einen Beitritt ins Konkordat geknüpft sei. «Wir stehen noch ganz am Anfang: Am Freitag wurde kommuniziert, dass die Ausweispflicht verlangt wird. Nun ist es an den Arbeitsgruppen, die weiteren Schritte zu prüfen», sagt Eymann. Die Arbeitsgruppe Bewilligungsbehörde wird am 10. Dezember über den Antrag entscheiden. Im Kanton Basel-Stadt sei diese Bewilligungsbehörde die Kantonspolizei, sagt die Regierungsrätin. Doch wie immer, wenn es eine neue gesetzliche Grundlage braucht, geht das Geschäft vom federführenden Departement in den Regierungsrat, bevor es dem Grossen Rat beantragt wird.

Thomas Gander, Fraktionschef der SP im Grossen Rat, hofft bei dieser Thematik derweil auf Gespräche mit Experten, die sich mit der Fanpolitik in Basel seit Jahren auseinandersetzen. «Bei der Einführung einer ID-Pflicht an Fussballspielen wird es überparteiliche Fragezeichen geben», ist er sich sicher. Man habe sich damals bewusst gegen das verschärfte Konkordat entschieden, damit solche fragwürdigen Massnahmen nicht über die Köpfe hinweg aus Bern beschlossen werden könnten. «Basel-Stadt fährt bei dieser Thematik seit jeher einen anderen und erfolgreichen Kurs», sagt er.

Theoretisch könnte der Kanton Basel-Stadt eine Auflage wie die ID-Pflicht in die Bewilligung aufnehmen. Bis jetzt habe diesbezüglich politisch aber Einigkeit bestanden, dass solche einseitigen Massnahmen nicht im Sinne einer erfolgreichen Fanpolitik sind. «In Basel sind wir in den vergangenen Jahren sehr gut ohne das verschärfte Konkordat unterwegs gewesen», findet Gander.

Fanarbeit und FCB wollen sich nicht zur Thematik äussern
Der Verein Fanarbeit Basel will sich zur Thematik der personalisierten Tickets vorerst nicht äussern, hätte aber einige Fragen an die Initianten dieser Idee: «Geht man davon aus, dass Szenen wie diejenigen am letzten Zürcher Derby mit personalisierten Tickets nicht mehr stattfinden würden? Falls ja, auf welchen konkreten Überlegungen basierend entstehen diese Annahmen?», sind die wichtigsten Fragen, die sich die Fanarbeit Basel stellt. Hinzu käme der Gedanke, wie das Vorgehen bei einem ähnlichen Zwischenfall, wie er in Zürich passiert ist, trotz personalisierten Tickets aussehen würde. Des Weiteren stelle sich die Frage, wie aus 5000 anwesenden Personen in der Südkurve die 80 Verantwortlichen eruiert werden können. «Würde man die Namensliste überprüfen und in Papierhaufen sortiert nach Frauen, U15, Ü35 und potenzielle Täter aufteilen?» Man könne davon ausgehen, dass an diesem Derby sicher 2000 bis 3000 Personen als potenzielle Täter in Frage kämen, sagt die Fanarbeit Basel. «Würden diese dann alle von der Polizei zum Verhör eingeladen?» Auch Aktionen, die ausserhalb des Stadions für Ärger sorgen, werden thematisiert. «Können diese mit einem personalisierten Ticket verhindert werden?»

Auch von Seiten des FC Basel will man sich angesichts der vielen offenen Fragen noch nicht äussern. Der Verein hat aber in der Vergangenheit immer wieder betont, dass er sich an den Richtlinien der Behörden sowie der Swiss Football League orientiere und von sich aus keine entsprechenden Massnahmen plane.

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