Presseschau

bz Basel vom 22.06.2022

Der nicht erwünschte Aderlass

Nach dem Rücktritt von Danique Stein als Trainerin haben dem Frauenteam des FC Basel etliche Spielerinnen den Rücken gekehrt.

Isabel Langer

Trainerin Danique Stein, Capitaine Melanie Huber, Langzeit-FCB-Spielerin Marion Rey – die Liste der Abgänge der FCB-Frauen ist mittlerweile mit fast einem Dutzend Namen gefüllt. Während Stein aus persönlichen Gründen und wegen fehlenden Trainerdiploms zurückgetreten ist, Huber und auch Stürmerin Camille Surdez ihre Karrieren beendet haben, zieht es einige Spielerinnen wie Rey, Vanesa Hoti und Julia Matuschewski zu neuen Vereinen. Besonders bitter sind die Abgänge von Alayah Pilgrim und Eleni Markou, die nächste Saison für den Ligakonkurrenten und neuen Meister FC Zürich auflaufen werden.

«Wir wollten eigentlich das Kader grösstmöglich behalten, weil wir damit sehr erfolgreich waren», erklärt Sportchefin Elisabeth Mayr. In der vergangenen Saison schafften es die FCB-Frauen bis in die Halbfinals der Playoffs, die zum ersten Mal ausgetragen wurden und scheiterten dort erst im Penaltyschiessen gegen Titelverteidiger Servette.

Die Gründe für die vielen Abgänge seien nicht immer finanzieller Natur, so Mayr: «Oft haben wir mit den Beratern keinen gemeinsamen Konsens finden können und einige wie Marion Rey, die schon sehr lange für den FCB gespielt haben, möchten jetzt eine neue Herausforderung suchen. Aber das Ziel ist es natürlich nicht, dass man jedes Jahr so einen grossen Umbruch hat wie wir jetzt.»

Mit Stein fehlt die Integrationsfigur
Ein weiterer Grund für den Aderlass dürfte Steins Abgang sein. Sie legt nach nur einem Jahr als Cheftrainerin eine Pause ein, auch, weil sie keine Aufnahme in den SFV-Trainerlehrgang fand. Es ist kein Geheimnis, dass die Spielerinnen grosse Stücke auf Stein halten. Mittelfeld-Akteurin Jana Kaiser, deren Zukunft ebenfalls noch offen ist, sagte vor dem Halbfinale gegen Servette: «Es ist nicht üblich, dass eine Trainerin ein Team so im Griff hat. Dass sie jetzt aufhört, ist für uns auf allen Ebenen ein Verlust.» Stein hat aus dem Team eine Einheit gemacht und dafür gesorgt, dass die Spielerinnen sich verstehen und respektieren.

Das Potenzial ist noch nicht ausgeschöpft
Auch Capitaine Huber, die selbst noch mit Stein zusammen auf dem Platz stand, sagt: «Danique ist mit Herzblut dabei, sie brennt für den Verein und sie wird fehlen.» Auch die Tatsache, dass der Verein einige Zeit brauchte, um die Trainerposition neu zu besetzen, wird bei einigen ebenfalls eine Rolle gespielt haben. «Die Spielerinnen wollen planen und wissen, unter wem sie in der nächsten Saison auflaufen werden», sagt Mayr.

Für den Frauenfussball in der Region sind die Abgänge eher ein Rückschritt. Der ehemalige Vereinspräsident Reto Baumgartner, der sich für die Professionalisierung und Vermarktung der Frauenfussball-Bewegung einsetzt, sieht es als «unsere Aufgabe, mehr für den Frauenfussball in der Region zu tun». Das Potenzial dessen und die Effizienz, wie die zuletzt rund 800000 Franken jährlich für das Frauenteam eingesetzt wurden, «haben wir noch lange nicht ausgeschöpft».

«Gerade die Abgänge der Identifikationsfiguren und Langzeitspielerinnen Huber, Rey und auch Hoti werden ein Dämpfer sein. Dabei hatte der Verein im Zuge der Professionalisierung etwa Stellenprozente erhöht und Mayr als Sportchefin und Technische Leiterin eingestellt. Mit Flavia Näf wurde eine neue Nachwuchsleitung und Teamadministratorin zur Unterstützung geholt.»

Ab 1. Juli wird mit Katja Greulich die zehnte Cheftrainerin in 13 Jahren an der Seitenlinie der FCB-Frauen stehen. Zehn Tage später startet die Vorbereitung und es gilt aus dem verkleinerten Team wieder eine Einheit zu formen. Das will man im Zuge der sechswöchigen Vorbereitung mit einigen Teambuildingmassnahmen fördern. Dass das Team nun kleiner ist, war aber Teil des Planes, so Mayr: «Letztes Jahr hatten wir ein extrem grosses Kader, das wollen wir für nächste Saison etwas minimieren, damit die Trainingsqualität gewährleistet ist und jede auf ihre Spielminuten kommt.»

Mit Courtney Strode und der belgischen Nationalspielerin Kassandra Missipo gibt es zwei Zugänge, ein bis zwei weitere stünden schon fest, so Mayr. Darüber hinaus befinde man sich in Gesprächen für etwaige weitere Verpflichtungen. Das hätte Zeit bis zum 31. Juli, so lange ist das Transferfenster offen. «Da das Kader fast steht, denke ich, dass wir mit den Spielerinnen in die Vorbereitung starten, mit denen wir auch das erste Saisonspiel bestreiten werden.»

Dieses wird voraussichtlich am 21./22. August stattfinden. Bis dahin sei es noch nicht sinnvoll, sich Ziele zu stecken, so Mayr. «Ich glaube, man muss erst einmal starten und die Vorbereitung abwarten.» Allerdings kann man davon ausgehen, dass die Baslerinnen alles versuchen werden, dem FC Zürich die Meisterschaft streitig zu machen und wie in der vergangenen Saison oben mitzuspielen.

Mutationen bei den FCB-Frauen
Abgänge

Trainerin Danique Stein
Capitaine Melanie Huber (Karriereende)
Camille Surdez (Karriereende)
Clara Spiniello (Karriereende)
Julia Matuschewski (Ziel unbekannt)
Sina Hirschi (unbekannt)
Vanesa Hoti (unbekannt)
Mario Rey (unbekannt)
Alayah Pilgrim (FC Zürich)
Eleni Markou (FC Zürich)
Zugänge

Courtney Strode (Young Boys)
Kassandra Missipo (RSC Anderlecht)

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