Presseschau

Basler Zeitung vom 11.08.2022

Alex Frei begegnet der Millionen-Frage geladen

Der FCB vor dem Bröndby-Rückspiel Der FC Basel braucht einen Sieg, um die Chance auf die Conference League zu wahren. Trainer Alex Frei redet das keineswegs klein. Irgendwas braut sich zusammen.

Oliver Gut

Fussballtrainer sind keine Freunde von Hypothesen. Schon gar nicht, wenn es um Negativ-Szenarien geht. Gerne reden sie dann die Bedeutung von Ereignissen klein, indem sie um den Brei reden. Oder sagen wenig bis gar nichts zu jener Thematik, ihr so den Charakter eines Tabus gebend.

Auch Alex Frei mag lieber Realitäten als Hypothesen und negative Szenarien. Aber er wäre nicht Alex Frei, würde er diesen Dingen nicht auf seine ganz eigene Art begegnen.

Am Tag vor dem für den ganzen Club enorm wichtigen Rückspiel gegen Bröndby IF wartet er gar nicht, bis er selbst danach gefragt wird, was ein Scheitern bedeutete. Sondern er nimmt die Antwort vorweg, als ihn eine halbwegs damit verwandte Frage erreicht: «Das ist ein sehr wichtiges Spiel, das wissen alle. Aber es ist jetzt nicht so, dass wir bei einem Ausscheiden die Schlüssel abgeben und der FC Basel in der 5. Liga weitermacht.»

2,8 Millionen Euro Prämie
Im Prinzip ist damit schon alles gesagt. Ist erklärt, dass das Erreichen der Gruppenphase der Conference League für den FC Basel nicht nur sportlich, sondern auch wirtschaftlich von grosser Bedeutung ist. Mittel- bis langfristig, weil sich dort auch der Marktwert der vielen jungen Spieler steigern lässt. Und wohl noch mehr kurz- bis mittelfristig, weil die Uefa-Prämien benötigt werden: 2,8 Millionen Euro erhält, wer es in den Hauptbewerb schafft. Dazu kommen Prämien für Punkte in den sechs Gruppenspielen, wobei ein Sieg 500’000 Euro bringt. Zusätzlich gibt es Zahlungen für die Rangierung im Club-Ranking sowie aus dem Marketing-Pool. All das ist Geld, mit dem der FC Basel zumindest auf eine ausgeglichene Jahresrechnung kommt - und ohne das er sich im defizitären Bereich bewegt, den es dann anderweitig auszugleichen gälte.

Das ist viel Druck für einen Club, der sich von der Besitzer- über die Cheftrainer-Ebene bis hin zur Zusammensetzung der Mannschaft gerade wieder neu erfunden hat - und der im sportlichen Bereich noch auf das wartet, was Alex Frei «die Initialzündung» nennt.

«Es wächst etwas heran», stellt der Trainer fest - und es gibt nach den bisherigen Eindrücken keinen Grund, ihm zu widersprechen. Aber es steht nach dem Hinspiel in Kopenhagen auch 0:1 aus Sicht des FC Basel. Damit auf internationaler Ebene weiter gewachsen werden kann, ist nur dreieinhalb Wochen nach Saisonstart Pflicht, was der neusten rotblauen Ausgabe bisher schwerfiel: gegen einen soliden Gegner Tore erzielen und siegen. In seiner Vollständigkeit ist das in sechs Anläufen erst einmal gelungen, gegen eine Ansammlung nordirischer Halbprofis.

Alex Frei war Stürmer. Der Beste der Schweiz. Einer der Besten in Europa zu seiner Zeit. Und die Offensive war auch verbal schon immer eher sein Ding. Also attackiert er auch jetzt den weissen Elefanten, der da an der Vorschau-Medienkonferenz im Pressesaal steht, mit der ihm eigenen Leidenschaft.

Mal ist Alex Frei irritiert, dass sein Spieler Wouter Burger vor so einer wichtigen Partie zuerst über das Captain-Amt befragt wird, das er am Sonntag gegen YB ausübte. Mal kritisiert der Trainer des FC Basel, dass man zu wenig über den Sport und zu viel über die Clubfinanzen oder das Schaufenster Conference League rede.

Die Motivation der Spieler
Und ab und an, da widerspricht er dann selbst seiner zuvor geäusserten Kritik. Etwa, wenn er davon redet, dass er zwar für das Sportliche zuständig sei, ihn aber die finanzielle Situation des FC Basel durchaus beschäftige, er sich natürlich auch mit den Besitzern darüber unterhalten habe. Oder dann, als er die grosse Motivation seiner Spieler eben doch auch mit dem Schaufenster Conference League begründet.

Als nach einer halben Stunde alles vorbei ist, hat Alex Freis Auftritt ohne Frage Eindruck hinterlassen. Nur weiss man nicht recht, was für einen. Sicher ist nur: Gelassenheit hat er gar nicht erst vorzutäuschen versucht. Viel eher schwang jene Anspannung mit, die vor so einem wichtigen Spiel nur logisch ist. Und es bleibt beim Beobachter ein Gefühl, dass sich da irgendwas zusammenbraut im FC Basel, das sich gegen Bröndby entladen wird. Im optimalen Falle so, dass man diese wegweisende Partie später einmal «Initialzündung» nennt.

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