Presseschau

Basler Zeitung vom 30.01.2023

Die Stimmung beim FC Basel nähert sich dem Gefrierpunkt

2:3-Niederlage gegen Luzern Der Club hatte für das Jahr 2023 grosse Hoffnungen. Doch nach nur zwei Spielen machen sich bei den Baslern statt Aufbruchsstimmung Resignation und Frust breit.

Tilman Pauls

Es sollte alles anders werden beim FC Basel. So hat David Degen das im November gesagt, wortwörtlich: «Wir werden in der Rückrunde einen anderen FCB sehen.»

Klar, wenn man es ganz genau nehmen will, dann hat die Rückrunde noch gar nicht begonnen, die ersten beiden Spiele gehörten ja offiziell zum alten Fussballjahr. Aber nach dem 1:1 in St. Gallen und dem 2:3 gegen den FC Luzern ist es schwer vorstellbar, dass bei den Baslern tatsächlich alles anders oder sogar besser wird. Da reicht ein kurzes Schweifen durch den St.-Jakob-Park.

Nach dem Abpfiff stehen Fabian Frei und Taulant Xhaka auf dem Rasen, der eine als gefrusteter Captain, der andere als gefrusteter Bankdrücker. Sie beklagen sich beim jeweils anderen über ein paar ihrer Mitspieler, die direkt in der Kabine verschwunden sind, ohne sich von den Fans zu verabschieden. Für Frei ein No-go, er sagt: «Wir haben irgendwie unser wahres Gesicht gezeigt.»

«Die Realität ist brutal»
In der Mixed-Zone steht ein paar Minuten später Marwin Hitz, der Basler Torhüter, der in seinen ersten Monaten in Basel nicht gerade durch seine markigen Analysen aufgefallen ist. Heute ist das anders: «Von Rang 2 zu sprechen, ist mutig, wenn die Leistung nicht stimmt. Die Realität ist brutal. Wir machen regelmässig Dinge, die im Erwachsenenfussball nichts verloren haben.» Während Frei die Themen Identifikation und Teamgeist streift, spricht der 35-jährige Hitz über die Jugendlichkeit des Kaders.

Wieder nur wenig später sitzt Alex Frei in der Pressekonferenz, was am Ende dieses Abends keine allzu angenehme Angelegenheit sein kann. Er nimmt die Schuld für die Niederlage auf sich, der Trainer sei in solchen Momenten immer schuld, sagt Frei. Aber angesprochen auf den Leistungsabfall seiner Spieler vor der Pause, sagt er auch: «Ich habe der Mannschaft gesagt, dass es nicht reichen wird, sondern wir müssen 20 Prozent draufpacken. Das hat anscheinend kein Gehör gefunden.»

In der Zwischenzeit hat sich aus London auch Granit Xhaka mal wieder via Instagram zugeschaltet, wie schon vor einem Jahr nach der Klassiker-Niederlage gegen den FC Zürich. «Schämen müsst ihr euch, was mit dem Verein passiert ist!!! Unglaublich!!!», tippt er nach dem Schlusspfiff in sein Handy, vermutlich zu gleichen Teilen gefrustet vom Ergebnis und der Tatsache, dass Bruder Taulant 90 Minuten auf der Bank zusehen muss.

Wenn man sich so umschaut an diesem Samstagabend, dann ist beim FC Basel nicht viel anders als noch im letzten Jahr. Oder, man kann es natürlich auch so formulieren: Der Frust und die Enttäuschung über eine weitere unnötige Niederlage sind sogar noch grösser als zuletzt. Und nach dem verpatzten Start ins neue Jahr ist hier und da auch so was wie Resignation herauszuspüren.

Der Plan lautet ja eigentlich, nach einer langen Winterpause mit neuem Elan ins Jahr 2023 starten, um schnell den Rückstand auf Platz 2 zu verringern. Mit allem, was dazugehört: Euphorie entfachen, die Fans mit attraktivem Fussball abholen, dazu mit neuem Erlebnis im Stadion - inklusive DJ und aufgemöbeltem Catering - jene gute Stimmung erzeugen, die der FCB gerade gut gebrauchen kann.

Doch nach nur 180 gespielten Minuten ist das komplette Gegenteil eingetroffen.

Statt des in Marbella beschworenen Teamgeists ist während des Spiels gegen Luzern und danach Ratlosigkeit zu erkennen. Spieler, die nach dem 1:2 mit hängenden Köpfen auf den Boden starren und kaum noch an sich zu glauben scheinen. Andi Zeqiri, der nach dem 2:2 ausgiebig feiert und erst von seinem Captain daran erinnert werden muss, dass ja noch genug Zeit wäre, um die Partie zu gewinnen. Und dann eben dieser vorzeitige Abgang einiger Spieler in den Kabinentrakt, während draussen die Pfiffe der Fans zu hören sind.

«Noch tausendmal üben»
Auch in den Worten von Alex Frei lässt sich der aktuelle Zustand gut heraushören. Zwar betont Frei, dass es die Realität sei, dass Abende wie dieser immer wieder mal vorkommen. Und dass man weitermachen werde, um sich zu verbessern, damit diese Realität so selten wie möglich eintrete. Aber auch bei ihm ist Ratlosigkeit zu spüren. Oder wie soll man es sonst nennen, wenn der Trainer sagt: «Wir haben tausendmal geübt, wie man das Tor von Jashari verteidigt - vergessen. Okay, noch tausendmal üben, das gehört zum Sport»?

Es ist nicht mal Februar, doch nach den ersten beiden Spielen sowie dem Aktien-Streit zwischen den Eigentümern und dem Verein ist die Stimmung rund um den FCB schon gefährlich nahe am atmosphärischen Gefrierpunkt. Der Glaube an sich selbst - falls es ihn denn wirklich je gegeben hat - scheint abhandengekommen zu sein. Und Zeit für Umstellungen oder grossflächige Eingriffe in das Spiel und die Köpfe der Spieler bleibt kaum.

Am Mittwoch spielt der FCB im Cup auswärts gegen GC und am Samstag gleich noch mal an gleicher Stelle gegen den gleichen Gegner, der in der Tabelle nur noch einen Punkt hinter den Baslern liegt. Zwei Siege könnten der Atmosphäre rund um den FCB eine mildere Note verleihen. Eine oder gar zwei Niederlagen im Letzigrund würde den Fehlstart ins Jahr 2023 hingegen perfekt machen.

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