Presseschau

bz Basel vom 30.01.2023

Ernüchterung und harte Worte

Der FC Basel verliert 2:3 gegen Luzern und zeigt im Anschluss, dass es im Klub aktuell an vielen Stellen brodelt.

Jakob Weber

Am Ende ist es der französische Debütant Hugo Vogel, der in der 89. Minute mit seinem Fehlpass im Aufbau und dem zu langsamen Rückzugsverhalten Luzern den Siegtreffer anbietet. Vogels Fehler ist der eine zu viel, denn er führt dazu, dass Luzern zum ersten Mal seit fast acht Jahren wieder in Basel gewinnt und der FCB die Hinrunde nur auf Rang sechs beendet.

Am Samstagabend schafft es der FCB nicht, die verdiente Pausenführung durch Zeki Amdouni (17.) in einen Sieg zu verwandeln. Und er schafft es auch nicht, nach dem 2:2-Ausgleich durch Andi Zeqiris Abstauber (78.) in der Schlussphase das Momentum zu nutzen. Am Ende gewinnt Luzern, weil es in einer Halbzeit dreimal vom FCB zu Toren eingeladen wurde. Beim 1:1 durch den ehemaligen FCB-Junior Pascal Schürpf (60., er trifft zum sechsten Mal gegen seinen Jugendklub) verhindert Anton Kade die Flanke nicht und am zweiten Pfosten ist die Zuordnung inexistent. Beim 2:1 durch Ardon Jashari (74.) darf sich Max Meyer nahe der Fünfmeterlinie sekundenlang drehen, ehe er den völlig freistehenden FCL-Captain findet. Und beim 2:3 in der 89. schläft nicht nur Vogel sondern auch Sergio López, der den erst am Montag verpflichteten Siegtorschützen Benjamin Kimpioka im Zentrum nicht übernimmt. «Das Abwehrverhalten war eigentlich nicht sinnbildlich. Heute haben wir gewisse taktische Aufgaben und Zuordnungen vergessen», erklärt Alex Frei.

Soweit in aller Kürze das Sportliche, denn zu reden gibt vor allem, was nach Schlusspfiff passiert. Zunächst wäre da ein auf dem Rasen ausgetragener Disput zwischen Fabian Frei und dem 90 Minuten auf der Bank schmorenden Taulant Xhaka. Auch aus der FCB-Kabine ist im Anschluss eine minutenlange Schimpftirade zu vernehmen. Es herrscht Wut über die Niederlage, die Leistung und auch darüber, dass einige Spieler die Ehrenrunde nach dem Spiel schwänzten. «Alles halb so wild», lässt Captain Frei später ausrichten. «Ich begrüsse Meinungsverschiedenheiten von Führungsspielern», sagt Trainer Alex Frei. Doch in der Öffentlichkeit geben die im Schweizer Fernsehen ersichtlichen Szenen ein ebenso schlechtes Bild ab wie Granit Xhakas neuerliche Instagrammeldung.

Wie schon nach dem 2:4 vor knapp einem Jahr in Zürich meldet sich der Nati-Captain – wohl auch aus der Emotion über die Nichtberücksichtigung seines Bruders – öffentlich zu Wort und schreibt unter anderem: «Unglaublich. Schämen müsst ihr euch, für das, was mit dem Verein passiert ist.»

Die Kurve appelliert an Degens Einsicht
Deutliche Worte präsentiert auch die Muttenzerkurve auf einem Banner: «D Zit isch koo, dr Verein als Basis z verstoo.» Damit distanzierten sich die Fans von den Verkaufsplänen von Vereinsanteilen, welche der Verwaltungsrat um Präsident David Degen auch nach dem Rückzieher vergangene Woche weiterhin durchsetzen will.

In den Katakomben hält FCB-Goalie Marwin Hitz nach dem Spiel trotz gewohnt leiser Stimme eine Brandrede. Zunächst beschränkt er sich auf das Spiel: «Wir haben den Faden komplett verloren. Wir waren ab der 35. Minute viel zu passiv, haben Zweikämpfe verloren, Möglichkeiten vergeben und den Gegner so aufgebaut. Wir spielen vogelwild, lassen Flanken zu und den Gegner im Strafraum frei. Das ist brutal. Es war heute von allem zu wenig.» Dann wird Hitz allgemein und noch deutlicher: «Wir schaffen es nie, Druckphasen zu durchbrechen. Das ist eine Katastrophe. Von Rang zwei zu sprechen, ist mutig, wenn die Leistung gar nicht stimmt. Die Realität ist brutal. Wir machen regelmässig Dinge, die im Erwachsenenfussball nichts verloren haben.»

Der Torwart spricht aus, was viele denken. Und seine Aussagen zeigen, dass der FCB überhaupt nicht dort ist, wo er gerne wäre. Auch Alex Frei ist nach der sechsten Saisonniederlage im 18. Ligaspiel frustriert. «Ich dachte, dass wir weiter sind. Die Anzeichen waren so. Aber ich kann der Realität ins Auge sehen. Und die ist, dass es solche Spiele immer wieder geben wird», sagt Frei, der in der nun abgelaufenen Hinrunde elf Punkte weniger als Patrick Rahmen vor einem Jahr und acht Punkte weniger als Ciriaco Sforza vor zwei Jahren geholt hat und vor dem Doppelauswärtsspiel gegen GC in Cup (Mittwoch) und Liga (Samstag) unbedingt Erfolge braucht. Denn sonst wird es auch für die Klublegende auf dem Trainerstuhl langsam eng.

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