Presseschau

Basler Zeitung vom 08.02.2023

Heiko Vogel ist wieder Trainer - obwohl er es gar nicht sein will

Vorläufiger Nachfolger von Alex Frei Der Interimstrainer des FCB heisst Heiko Vogel. Fachlich hat der 47-Jährige alle Mittel, um dem Team zu helfen. Doch seine Rückkehr an die Linie birgt auch Risiken.

Tilman Pauls

So sieht sie also aus, die Rückkehr des Trainers Heiko Vogel. Am Dienstagmorgen ist der angestammte Trainingsplatz der Basler um 10 Uhr noch leer, und hinten, auf dem Campus, wartet einzig der Transporter von Materialwart Roger Eglin auf die erste Einheit des Basler Interimstrainers. Zu sehen gibt es: noch nichts.

Aber klar ist auch so: Heiko Vogel ist wieder Trainer des FCB, zumindest vorläufig. Dabei wollte er gar nicht mehr Trainer sein. Im letzten Sommer hat seine Zeit bei der 2. Mannschaft von Borussia Mönchengladbach ein Ende gefunden. Vogel hat sich danach Zeit genommen und nachgedacht über das, was war, und das, was noch kommen soll. Er ist zu dem Schluss gekommen: «Wenn ich zurückkomme und es nach meinen Wünschen geht, dann als Sportchef.»

Das ist er seit einigen Wochen, Sportdirektor des FC Basel. Und seine neue Funktion hat es nun von ihm verlangt, die Trennung von Alex Frei mitzutragen, vorübergehend dessen Position zu übernehmen und in den kommenden Wochen einen Nachfolger für sich selbst zu suchen. Vogel, der nie mehr Trainer sein wollte, ist plötzlich Sportdirektor und Cheftrainer. Dabei braucht ihn das Team in erster Linie als Trainer.

Erfolgreiche Zeit beim FCB
Rund 25 Jahre hat der Deutsche diesen Beruf in verschiedenen Ausprägungen ausgeübt. Am Anfang im Nachwuchs des FC Bayern München, wo er Spieler wie Mats Hummels oder Thomas Müller auf einem Stück ihres Weges begleitete. Als Assistent von Thorsten Fink ging er nach Ingolstadt und kam zum FC Basel. Dort trennten sich die Wege des Duos, das auch darum so gut funktionierte, weil Fink viel Empathie mitbrachte und Vogel viel fussballerische Expertise.

Im Oktober 2011 wurde Vogel Interimstrainer für den nach Hamburg gewechselten Fink, zwei Monate später Cheftrainer. Zum ersten Mal im Profibereich. Er erlebte in Basel seine erfolgreichste Zeit: Meisterschaft, Cup, Siege gegen Manchester United und Bayern München. Die Zuneigung der Fans, «an guten Tagen macht er den». Im Oktober 2012 wurde er durch Murat Yakin ersetzt, weil es menschlich und sportlich nicht mehr passte.

Vogel ging erst zurück in den Nachwuchs der Bayern, er wurde nochmals Cheftrainer bei Sturm Graz, wo er den österreichischen Pokal gewann, und beim KFC Uerdingen unter dem undurchsichtigen Präsidenten Mikhail Ponomarev. Und zuletzt kam wieder der Schritt zurück: 2. Mannschaft von Borussia Mönchengladbach, wobei er auch dort einmal kurz als Interimslösung für den strauchelnden Profi-Trainer Marco Rose gehandelt wurde. Aber eben: So viel Erfolg als Cheftrainer einer Profimannschaft hatte er nach dem FCB nie mehr.

Vogel hat genug Erfahrungen als Trainer gesammelt, um nun für Frei einzuspringen. Er weiss, was es braucht, um eine Mannschaft wieder zu stabilisieren. Er weiss, an welchen Schrauben er drehen kann. Er kennt seine eigenen Schwächen. Er kennt aber auch die Basler Spieler seit einigen Wochen, er kennt den Präsidenten und den Club. Die Lösung liegt nahe, Vogel vorerst zu installieren. Und trotzdem die Frage: Kann das gut gehen?

Es ist genau das Szenario eingetreten, das man bei Vogels Vorstellung im Hinterkopf hatte: Dass er für Frei einspringt, seinen ehemaligen Spieler und Freund. Dass genau das passiert, was mit Guillermo Abascal bereits im Vorjahr passiert ist. David Degen hat es im Dezember ausdrücklich bestritten: «Die Möglichkeit, dass mit Heiko Vogel der Ersatztrainer bereitsteht, ist in keinster Weise ein Thema oder eine Diskussion.» Jetzt muss man zumindest mal kurz darüber sprechen.

Zwei anspruchsvolle Jobs
Vogel ist eine vorübergehende Lösung, das hat der Club klargemacht: «Der FCB strebt schnellstmöglich die Neubesetzung des Cheftrainerpostens an und wird zu gegebener Zeit darüber informieren.» Aber bis dahin ist die Situation halt so, dass der Deutsche zwei anspruchsvolle Jobs parallel ausübt: Er muss das Team wieder so aufrichten, dass der sportliche Erfolg zurückkehrt. Und er muss gleichzeitig, mit dem Rest der Technischen Kommission, dafür sorgen, dass die Basler wieder einen neuen Trainer finden.

Das kann theoretisch ganz schnell passieren, in ein oder zwei Wochen. Es kann aber auch sein, dass die Basler in der laufenden Saison keine Lösung finden, die ihnen auf lange Sicht denkbar erscheint, und Vogel bis zum Saisonende an der Linie steht. Dann wäre er in der öffentlichen Wahrnehmung kaum noch Sportdirektor, sondern wieder Trainer. Und dabei wollte er doch genau das nicht mehr sein.

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