Presseschau

bz Basel vom 08.02.2023

Kann sich der FC Basel das leisten?

Analyse zur Entlassung von Cheftrainer Alex Frei

Die Uhrzeit war schon weit fortgeschritten am vergangenen Mittwochabend. Der FC Basel hatte eben gegen GC 5:3 gewonnen und war in den Cup-Viertelfinal eingezogen. Ob dieses Erfolges war Freude erwartet worden vom Cheftrainer. Stattdessen sprach Alex Frei einen Satz, der rund eine halbe Woche später viel bedeutender ist, als man es in diesen Momenten erahnen konnte.

Auf die Frage, ob sein Team das Messer am Hals brauche, um über sich hinauszuwachsen, antwortete Frei: «Ich glaube eher, dass der Trainer beim FCB das Messer am Hals hat als die Mannschaft.» Vielleicht wusste oder spürte Frei da schon, was jetzt Tat­sache ist: Alles andere als ein weiterer Sieg bei GC würde ihn seinen Job kosten.

Am Montagabend erfuhr er von seiner Entlassung. Am Dienstagmorgen kommunizierte der FCB die Trennung. Es ist der dritte Trainer nach Patrick Rahmen und Guillermo Abascal, der unter der Führung von David Degen gehen muss. Aber: Kann sich der FC Basel das überhaupt leisten?

In erster Linie zielt diese Frage auf die Finanzen. Trotz einer prognostizierten knappen Null für das Geschäftsjahr 2022 schrieb der FCB einen Verlust von 1,2 Millionen Franken. Gedeckt werden sollte dieser mit Hilfe des Basisvereins. Eine Idee, die der Verwaltungsrat nach einem Sturm der Entrüstung verwarf. Dennoch zeigte es auf, wie prekär die finanzielle Situation ist.

Frei besitzt einen Vertrag bis Sommer 2024. Und obschon mit Heiko Vogel der Sport­direktor und damit einer, der bereits auf der Payroll steht, ad interim übernimmt, wird die Kasse der Basler erneut leiden, sollte ein neuer Trainer verpflichtet werden. Die Basler strapazieren ihre finanziellen Möglichkeiten. Man darf sich fragen, woher dieses Geld kommen soll. Und ob es nicht besser gewesen wäre, Geduld zu wahren und dem eingeschlagenen Weg zu vertrauen.

Der Klub argumentiert mit einer sportlich ernüchternden Entwicklung, welche die Trennung unumgänglich gemacht habe. Die Punkteausbeute (22), die Platzierung in der Tabelle (Rang 7) und der Punktevorsprung auf das Tabellenende (3) machen die Entscheidung gegen Frei durchaus nachvollziehbar.

Hinzu kommt, dass der FCB unter Frei zwar spielerisch interessante Ansätze aufwies, aber das Hauptproblem blieb: die mangelnde Torausbeute. Was nicht einer gewissen Ironie entbehrt, wenn man bedenkt, dass mit Alex Frei der Topskorer der Schweizer Fussballnationalmannschaft an der Seitenlinie stand.

Irgendwann drängte sich der Gedanke auf, ob eine mentale Blockade bei den Spielern vorhanden war. Oder aber, ob Frei seine Spieler nicht mehr erreichte. Zumindest ist aus gut unterrichteten Quellen zu hören, dass Frei einen Teil der Kabine zuletzt verloren hatte. Die Glaubwürdigkeit sei ihm abhanden gekommen.

Dennoch muss man sich fragen, ob sich der FCB – eben auch was die öffentliche Wahrnehmung angeht – diesen Schritt leisten kann. Die Führung um Degen stand nicht nur wegen des jüngsten Debakels um die Defizitdeckung in der Kritik. Degen und Co. verlieren seit Monaten kontinuierlich an Kredit. Sie schüren Unsicherheit, statt Vertrauen rund um den FC Basel zu schaffen.

Es ist kein klarer Weg, geschweige denn Kontinuität zu erkennen. Nicht nur deshalb war das Umfeld heikel, welches Frei bei seiner ersten Super-League-Station als Trainer vorfand. Frei musste nach aussen immer mehr sein als nur Chefcoach. Er musste sich zu strategischen Fragen äussern, zu Transfers, zum Verwaltungsrat. Alles Dinge, die nicht ins Aufgabenheft eines Fussballtrainers gehören.

Ausserdem musste er mit dem Druck der Führung klarkommen, nicht nur Resultate zu liefern, sondern jene Spieler, welche der Verein als Wertanlage erachtet, zu fördern und einzusetzen. Nicht von wenigen Seiten ist zu hören, dass Freis Aufstellungen oft von ebendiesen Wünschen der Vereinsleitung und damit dem «Chief Football Officer», David Degen, geprägt waren. Etwas, was ihm mannschaftsintern als Schwäche ausgelegt wurde. Der sonst so meinungsstarke Frei tat, was man tun musste.

All diese Faktoren, zusammen mit der nie mehr abebbenden Unruhe, schaffen ein Umfeld, in dem es keinem Trainer einfach gefallen wäre, zu reüssieren. Es ist ein Bild von Unbeständigkeit und der Unwägbarkeiten, welches der FCB auch unter Degen abgibt.

Passend dazu auch der fragwürdige Fakt, dass im gestrigen Communiqué kein Zitat der Klubführung – allen voran von Degen, der den Sport verantwortet – zu finden ist. Stattdessen spricht Sportdirektor Vogel von erhofften Impulsen durch den Trainerwechsel. Kommen sollen diese von – Achtung – Interimscoach Vogel.

Der FCB muss aufpassen, dass er unter der aktuellen Führung seine Vertrauenswürdigkeit nicht verliert. Schliesslich wiederholt sich mit Freis Entlassung ein Stück weit die Geschichte Rahmens, der ebenfalls nach vier Spielen im neuen Jahr gehen musste. Auch Kommunikations- und Handlungsweise gleichen sich: Druck aufsetzen, Rücken stärken, Interimsnachfolgekandidat holen, entlassen.

Das Image des FCB leidet. Die Demut, zu welcher der Klub zurückkehren wollte, ist nicht erkennbar. Dabei stünde sie dem Verein gut zu Gesicht. Ebenso wie Kontinuität. Vor allem Letztere. Nicht nur auf dem Platz. Sondern in Schlüsselpositionen, wie sie die eines Trainers nun einmal ist.

Céline Feller celine.feller@chmedia.ch

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