Presseschau

bz Basel vom 17.03.2023

Elfmeter-Euphorie in Extremis

Der FCB schafft gegen Slovan Bratislava die unglaubliche Wende und steht im Viertelfinal der Conference League.

Céline Feller, Bratislava

Um 21.25 Uhr ist es soweit. Darian Males versenkt den vierten Basler Elfmeter. Es steht 4:1 – und der FC Basel ist weiter. Er steht im Viertelfinal der Conference League. Schafft zum ersten Mal seit drei Jahren den Sprung auf diese Stufe. Und man kann Taulant Xhaka nicht widersprechen, wenn er sagt: «Wir haben Geschichte geschrieben.»

Vor allem die Art und Weise, wie der FCB dieses Weiterkommen schafft, wird in Erinnerung bleiben. Denn die Basler müssen dafür einmal mehr eine Wende schaffen. In einer Partie, die gefühlt schon gelaufen war. Bis zur 93. Minute sieht der FCB wie der Verlierer aus. 1:2 steht es, Basel wäre raus. Und das, obschon in den Minuten zuvor Chancen da gewesen wären, um auf 2:2 zu stellen und zumindest die Verlängerung zu erreichen. Aber dann kommt Zeki Amdouni, haut den Ball aus zirka 23 Metern rein – und rettet den FCB in Extremis in die Verlängerung. Wahnsinn.

Geglaubt hat zu diesem Zeitpunkt kaum mehr jemand an das. Weil das Spiel gegen Basel läuft. Zwar sind die ersten zwei Minuten verheissungsvoll. Basel startet offensiv, erspielt sich gleich in Minute 2 eine erste Ecke. Aber so schnell der FCB in dieser Partie ankommt, so schnell ist er auch wieder komplett raus. Denn das Momentum kippt. Urplötzlich. In der 6. Minute vergibt Bratislava aus dem Nichts eine erste Grosschance, weil Marwin Hitz grandios reagiert. Und dieser Marwin Hitz, der wird später noch zum grossen Helden. Gleich zwei Mal pariert er im Penaltyschiessen und bricht so die Hoffnungen von Slovan Bratislava. Hoffnungen, dieses Spiel ganz am Ende doch noch zu gewinnen, nachdem die Slowaken früh wie die sicheren Sieger aussahen.

In der 11. und 17. überrennt Slovan den FCB nämlich förmlich. Das erste Tor fällt nach einer kurz gespielten Ecke, wo Zeki Amdouni das Kopfballduell gegen Juraj Kucka verliert, der legt für Malik Abubakari vor, und der Ghanaer trifft zum 1:0. Beim zweiten Gegentor verliert Riccardo Calafiori im Mittelfeld den Ball, Andy Pelmard grätscht beim Konter ins Leere und Taulant Xhakas Klärungsaktion ist so unglücklich, dass sie zur direkten Vorlage für Kucka wird, der das 2:0 schiesst.

Ein System, das nicht aufgeht
Der FCB wirkt in dieser Phase hilflos, planlos, verteidigt vogelwild. Es wirkt, als wüssten Spieler wie Anton Kade nicht, wo sie stehen müssten. Oder hat man bei Jean-Kévin Augustin das Gefühl, er sei ein Fremdkörper. Der Plan von Heiko Vogel geht nicht auf. Der Plan, der da lautet: Gegen den Ball in einem 4-4-2-System agieren, mit dem Ball schiebt Linksverteidiger Kade dann ins Zentrum neben Xhaka, Andy Diouf rückt eins nach vorne und die Abwehr wird zur Dreierkette. Was in der Theorie schon komplex klingt, funktioniert in der Praxis rein gar nicht.

Interimscoach Vogel justiert in der Pause, lässt Kade nicht mehr einrücken. Und siehe da, der FCB wird stabiler. In der 53. schaffen die Basler gar den Anschluss durch Calafiori. Und mit zunehmender Spieldauer wird der FCB besser. Er dominiert nicht, aber man kann zum ersten Mal sagen, dass er mitspielt und richtig dagegenhält. Der FCB kämpft sich so in die Verlängerung, ins Penaltyschiessen – und in den Viertelfinal.

Er tut das mit Nehmerqualitäten, mit einem Glauben daran, dass es irgendwie doch noch möglich ist. Und schafft damit ein weiteres Comeback in einer Saison, die vor beachtlichen Comebacks nur so strotzt. Aber dieses gegen Slovan, es ist vielleicht das imposanteste. Und es ist das bedeutendste. Denn so geht für den FCB diese europäische Reise weiter. Er wird am 13. und 20. April in den Viertelfinals der Conference League spielen. Wer dort der Gegner sein wird, das erfahren die Basler bereits heute. Die Fiorentina, West Ham, Nizza, Lech Posen, Alkmaar, Anderlecht oder Gent warten im Lostopf.

Doch bis zur Rückkehr nach Basel wird dieser Sieg einfach mal ausgekostet. Keine grosse Party, einfach ein oder zwei Bier, wie Xhaka sagt. Dann trabt er davon. Mit einem Grinsen, das nach diesem historischen Comeback breiter nicht sein könnte.

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