Presseschau

bz Basel vom 25.05.2023

Die Besten wird Basel verlieren

Was passiert im Kader des FCB nach dem Saisonfinale? Wer geht, wer kommt, wer bleibt? Eine Einschätzung.

Christoph Kieslich, Jakob Weber

David Degen geht davon aus, 90 Prozent des Basler Spielerkaders über die kommende Transferperiode hinaus halten zu können. So hat es der Klubchef des FCB vorige Woche vor den Mitgliedern bei der Generalversammlung gesagt. Dass derartige Ankündigungen rasch Schall und Rauch sein können, weiss Degen. Am 10. Juni öffnet sich offiziell das Wechselfenster, geschlossen wird es am 31. August.

Zu den zehn Prozent, die nicht zu halten sein werden, gehören mit allergrösster Wahrscheinlichkeit zwei der Besten dieser Mammutsaison: Zeki Amdouni und Andy Diouf. Aber immerhin: Die zu erwartenden Ablösesummen werden zum einen dem auf Kante genähten Budget des FCB zugute kommen, ein anderer Teil kann ins Team reinvestiert werden. Ein Überblick zum Stand der Dinge.

Die Begehrten
Kaum hatte der FC Basel bekannt gegeben, dass er die Anfang Saison ausgeliehenen Zeki Amdouni und Andy Diouf mit Verträgen jeweils bis 2027 fix übernommen hat – was für beide zusammen um die neun Millionen Franken gekostet haben soll – da ploppten auch schon die ersten Gerüchte auf. RB Leipzig etwa, dessen Sport-Geschäftsführer Max Eberl beim Europacup in Florenz auf der Tribüne sass, ist angeblich an beiden Shootingstars des FCB interessiert. Für Amdouni, wird kolportiert, soll Leipzig bereit sein, zwölf Millionen Ablöse auf den Tisch zu blättern. Ausserdem sollen Mönchengladbach und Hoffenheim, Frankfurt und Valladolid, Atlético Madrid und wer weiss noch mitbieten.

Sicher ist nur: Beide – mit jeweils 18 Treffern teamintern gleichauf an der Spitze – werden dem Basler calcio-mercato in diesem Transfersommer Schlagzeilen liefern. Zu halten werden sie nicht sein.

Die Hängepartien
Zum einen ist da Andi Zeqiri, dessen einjährige Leihe von Brighton & Hove Albion ebenso ausläuft wie jene von Darian Males, der vor zwei Jahren von Inter Mailand kam. Ihren sportlichen Wert rein nominell haben die beiden Offensivspieler. Zeqiri kommt in 48 Spielen auf 18 Tore (2 Assists), Males ist mit seinen 26 Punkten (11 Tore, 15 Assists) sogar der Topscorer über alle drei Wettbewerbe hinweg.

Brighton liess sich Zeqiri einst vier Millionen Euro Ablöse an Lausanne kosten, kommt aber ganz gut ohne den bald 24-Jährigen aus (Vertrag bis 2024) und beendet die Premier League auf einem erstaunlichen sechsten Platz. Löst der FCB noch vor Saisonende eine Kaufoption ein, wird es teuer, anschliessend muss deshalb aber noch nicht das letzte Wort gefallen sein. Zeqiris Agent hat dem Portal «SussexLive» erzählt, es gäbe Interesse aus der Serie A.

Der FC Luzern nahm einst für Males 2,5 Millionen von Inter Mailand ein, das ihn anschliessend über Genua nach Basel verlieh. Nun ist die grosse Frage, ob der Champions-League-Finalist irgendeine Verwendung für Males (Vertrag bis 2025) hat, ob der FCB es sich leisten kann, ihn fix zu übernehmen. Males betont, wie wohl er sich in Basel fühlt, und offenbar gibt es konstruktive Gespräche mit Heiko Vogel und David Degen. Die Angelegenheit könnte sich indes hinziehen, denn die neue Saison in Italien beginnt erst am 20. August und Verhandlungen mit Inter gestalten sich kompliziert.

Die Fragezeichen
Kasim Adams Nuhu lässt den Betrachter nach einer Leih-Saison, bislang 45 Spielen (3 Tore, 1 Assist) und einer Startelf-Quote in der Liga von 76 Prozent unentschieden zurück. Starke Präsenz hier, einige Böcke dort. Das Tischtuch mit seinem Vertragsklub Hoffenheim (bis 2024) und dessen Sportdirektor Alexander Rosen ist zerschnitten. Eine Weiterverpflichtung des bald 28-Jährigen, vorigen Sonntag gegen Lugano mit Taulant Xhaka und Wouter Burger Gast in der Muttenzerkurve, wäre einer für den altersmässigen Mittelbau des Teams. Letztlich ist es eine Frage des Preises – aber was ist das beim FCB nicht?

Dan Ndoye ist dasjenige Talent, bei dem vom ersten Tag an vorgerechnet wurde, welchen Transfergewinn der FCB mit ihm dereinst machen wird. Aktuell ist keine grosse Rede davon. 52 Spiele hat er bestritten, damit am drittmeisten hinter Pelmard (56) und Diouf (55), seine Scorerquote (6 Tore, 5 Assists) ist steigerungsfähig; jene der Gelben Karten, die seine Gegenspieler kassieren, wenn er seinen Speed ausspielt, kaum noch.

Besagter Andy Pelmard könnte sich, nach dem er zwischendurch ein bisschen orientierungslos durch die Mannschaftsteile geschoben worden war, mit seinem starken Frühling im Abwehrdreierblock wieder interessant gemacht haben für andere Klubs. Sein Nachteil: Er ist nicht der grösste aller Innenverteidiger.

Wouter Burger gehört auch zum Klub der Spieler, die 50 Mal und mehr im Kader standen, und hätte noch mehr gespielt, wenn er nicht drei Gelb-Sperren hätte absitzen müssen und zwei Mal Rot gesehen hätte. Er gehörte international mit einer Startelfqoute von 80 Prozent zu jenen, die bei den 20 Spielen in der Conference League auf sich aufmerksam machen konnten.

Davon kann bei Liam Millar nicht die Rede sein, der seit Frühling 2022 und einem Armbruch nicht mehr aus dem Formtief herausgefunden hat und bei einem mickrigen Tor (4 Assists) bei 44 Einsätzen steht. Bradley Fink wird zwar von seinem Jugendklub FC Luzern bezirzt, will in Basel aber, so heisst es, nicht vorschnell aufgeben.

Die Gebundenen
Ganz so fragwürdig, wie die Basler Personalpolitik hier und da schon hingestellt wurde, stellt sich die aktuelle Kadersituation nicht dar: Von den 32 in der Übersicht aufgelisteten Spielern ist der Grossteil über diese Saison gebunden, 20 Spieler bis 2025 und darüber hinaus.

Von den aktuell noch vier Spielern mit Status «ausgeliehen» steht neben Zeqiri, Males und Adams auch ein Fragezeichen hinter Hugo Novoa, der unter Heiko Vogel zuletzt einen schweren Stand hatte.

Die Auslaufmodelle
Für Liam Chipperfield gibt es keine Zukunft mehr beim FC Basel. Der Vertrag des 19-Jährigen mit dem berühmten Vater läuft aus. Von Kindesbeinen an spielte Chipperfield in Rotblau und absolvierte in der ersten Mannschaft 211 Minuten (8 Spiele, 1 Tor, 1 Assist).

Ein Rätsel blieb Kaly Sène in seiner Zeit mit Vertrag beim FCB (2020-‘23). In der Ära Burgener verpflichtet von Juventus Turin – zu einer Zeit, für die sich nun die italienische Staatsanwaltschaft interessiert wegen Bilanztricksereien – wurde der Senegalese erst zu Omonia Nikosia, dann an die Grasshoppers ausgeliehen, wo er zweifelsohne seine glücklichste Zeit verbrachte. Zurück beim FCB, brachte er nie richtig einen Fuss auf den Boden; 188 Minuten stehen in der laufenden Saison zu Buche (9 Einsätze, 1 Assist) und die Zeichen auf Abschied.

Für Tician Tushi, gerade mit Xamax abgestiegen ohne dabei nennenswert zum Einsatz gekommen zu sein, heisst es ebenfalls: muss sich was Neues suchen. Offen ist die Frage, was mit Goalie Nils de Mol und dessen auslaufendem Vertrag passiert. Gut möglich, dass er die Nummer 3 bleibt. Felix Gebhardt hat die Leihsaison in Halle nutzen können für viel Einsatzzeit und mit dem Drittligisten den Klassenerhalt geschafft. Dem Vernehmen wird beim FCB jedoch nicht mehr mit dem ehemaligen deutschen U20-Nationalgoalie aus Lörrach geplant.

Das gilt auch für Innenverteidiger Nasser Djiga (Vertrag bis 2025), der im Leihjahr zwar auf gewünschte Einsatzzeit kam, mit Nîmes aber dennoch aus der Ligue 2 absteigt. Und auch zu einer fixen Rückkehr des nach einem unglücklichen ersten Halbjahr zurück zu Winterthur (6 Startelfeinsätze, 1 Tor) verliehenen Sayfallah Ltaief dürfte es nach Stand der Dinge im Sommer kaum kommen.

Die Neuzugänge
Zu den Namen, die in der Gerüchteküche herumgereicht werden, zählen zwei Innenverteidiger: der Niederländer Finn van Breemen (20) vom Zweitdivisionär Ado Den Haag sowie Betim Fazliji (24), der 2022 von St. Gallen zum FC St. Pauli wechselte, als dort der neue FCB-Trainer Timo Schultz ein Wörtchen mitzureden hatte. Ausserdem ist Moritz Kwarteng ein Thema, Offensivspieler beim Zweitbundesligisten 1. FC Magdeburg (10 Tore), um den auch Bochum wirbt. Der 25-Jährige mit Wurzeln in Ghana wird mit einem Marktwert von knapp einer Million Euro gehandelt.

Quasi als Zugang wird man (hoffentlich) Arnau Comas bald begrüssen dürfen. Der Katalane, der vom FC Barcelona II kam, fällt seit Januar, einer hartnäckigen Verletzung im Oberschenkel und anschliessenden Komplikationen aus und das nach einem äusserst vielversprechenden ersten halben Jahr im FCB-Trikot.

Die Vertragslaufzeiten beim FC Basel
Vertrag bis 2023
Nils de Mol (22 Jahre, Tor), Kasim Adams (27, Abwehr, Leihe Hoffenheim), Darian Males (22, Offensive, Leihe Inter), Andi Zeqiri (23, Off., Leihe Brighton), Kaly Sène (21, Off.), Liam Chipperfield (19, Mittelfeld) – ausgeliehen: Tician Tushi (22, Off., Xamax), Andrin Hunziker (20, Off., Aarau).

2024
Mirko Salvi (29, Tor), Sergio López (24, Abwehr), Fabian Frei (34, Mittelfeld), Hugo Novoa (20, Offensive, Leihe Leipzig) – ausgeliehen: Felix Gebhardt (21, Tor, Halle)

2025
Marwin Hitz (35, Tor), Michael Lang (32, Abwehr), Andy Pelmard (23, Abwehr), Riccardo Calafiori (21, Abwehr), Wouter Burger (22, Mittelfeld), Liam Millar (23, Offensive), J.K. Augustin (25, Offensive), Adriano Onyegbule (16, Offensive, Leihe Leipzig) – ausgeliehen: Nasser Djiga (20, Abwehr, Nîmes)

2026
Arnau Comas (23, Abwehr), Hugo Vogel (19, Abwehr), Anton Kade (19, Abwehr), Emmanuel Essiam (19, Mittelfeld), Dan Ndoye (22, Offensive), Bradley Fink (20, Offensive) – ausgeliehen: Tim Spycher (19, Tor, Yverdon), Sayfallah Ltaeif (23, Offensive)

2027
Taulant Xhaka (32, Mittelfeld), Andy Diouf (20, Mittelfeld), Zeki Amdouni (22, Offensive)

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