Presseschau

bz Basel vom 02.04.2024

Die alte Leier

Das 2:2 im Klassiker vor Rekordkulisse hilft dem FC Basel nicht weiter. Die Lage im Tabellenkeller bleibt prekär.

Christoph Kieslich

Als die letzte halbgare Basler Flanke geschlagen war und irgendwo im österlichen Nirgendwo landete, als der Abpfiff von Sandro Schärer das dritte Remis im Klassiker in dieser Saison (2:2, 0:0, 2:2) beglaubigte, konnte Fabio Celestini dieser Punkteteilung durchaus etwas Positives abgewinnen: Wenn man schon nicht gewinnen kann, darf man auch nicht verlieren.

Oder, wie es der Fussballphilosoph Fabian Frei, seines Zeichens Rekordspieler des FC Basel, auszudrücken beliebte: «Wenn man unbedingt gewinnen wollte, sind es zwei verlorene Punkte, wenn man nicht verlieren wollte, ist es ein gewonnener Punkt. Und der kann am Schluss Gold wert sein.»

Auf beiden Seiten war man unschlüssig, was von diesem Unentschieden zu halten ist. Ein spätes Luzerner Tor am Ostermontag sorgt dafür, dass sich die Zürcher noch nicht sicher in der Meisterrunde fühlen dürfen, und der FCB machte dank der GC-Heimniederlage sogar einen winzigen Schritt vorwärts im Tabellenkeller.

Basel feiert den Videoassistenten
Dabei hatte zwei Tage zuvor nicht viel gefehlt für ein tragisches Basler Ende im Schlussakt eines zwar spannenden, aber – von drei sehenswerten Toren abgesehen – wenig gehaltvollen Hin und Hers. Als Fabian Frei in der 85. Minute Jonathan Okita abräumte, hatte der souveräne Schiedsrichter bereits auf den Elfmeterpunkt gedeutet, nahm nach Intervention des VAR aber seine Entscheidung zurück, weil unmittelbar zuvor Fabian Rohner mit dem Ellbogen Dominik Schmid am Kopf getroffen hatte.

Schärers Verdikt nach kurzem Blick auf den Monitor am Spielfeldrand wurde vom Basler Anteil der Saison-Rekordkulisse gefeiert wie ein Tor. So, wie sich der FCB in der zweiten Halbzeit offensiv präsentierte – zwei Halbchancen für Anton Kade und Roméo Beney – wäre er wohl kaum ein zweites Mal zurückgekommen.

Celestinis Mannschaft zeigte mal wieder fast ihr komplettes Repertoire, legte in der Startphase jene Schlafmützigkeit an den Abend, die das Team nun schon längere Zeit nicht abschütteln kann. Die Basler waren defensiv anfällig, kassierten das erste Gegentor durch jenen Lindrit Kamberi, vor dessen Kopfballqualität der Trainer noch am Donnerstag eindringlich gewarnt hatte. Auch das zweite Gegentor entsprang einem Eckball, wobei Schmids unfreiwillige Vorlage eher Unglück denn Ungeschick war.

Dazwischen hatte es Basler Momente mit genialem Anstrich gegeben wie Leon Avdullahus 1:1, seinem ersten Tor in der Super League, und entschlossen beendete Kade seine viermonatige Schaffenspause mit dem vierten Saisontor zum 2:1.

Wenig schmeichelhafte Leistungsdaten
Beiden Treffern ebnete der über weite Strecken beste Basler, Thierno Barry, den Weg. Als auch er abtauchte, war es mit der Basler Präsenz in der Zürcher Hälfte jedoch vorbei. Am Ende stehen lediglich 44 Prozent Basler Ballbesitz zu Buche, die Passgenauigkeit von 72 Prozent (FCB) und 76 (FCZ) ist ebenso ein Hinweis auf die überschaubare Qualität der Partie, wie die Anzahl Ballverluste – 153 hier, 158 da – kein schmeichelhafter Wert sind. Drei Basler Abschlüssen aufs Tor stehen vier Zürcher gegenüber sowie Nikola Kadics Kunststück kurz vor der Pause, das leere Tor nicht zu treffen.

Die Basler können immerhin eine ordentliche Zweikampf­bilanz (55:41) für sich reklamieren sowie das kleine Comeback in Halbzeit eins. Ansonsten musste Celestini die alte Leier anstimmen: «Wir wollten mit Feuer und Energie beginnen, mit einem frühen Tor etwas für das Selbstvertrauen tun – das Gegenteil ist passiert.»

Der Trainer muss feststellen, dass er in dieser Hinsicht keine Besserung hinbekommt mit einer Truppe, der er einmal mehr Fragilität attestierte, und das, obwohl «ich jeden Tag im Training sehe, dass es die Jungs besser können». Und Celestini sah auch in der 29. Runde unverändert, dass «etwas fehlt». Somit bleibt die Lage für den FCB prekär.

Viel fürs Langzeitgedächtnis bleibt von diesem Klassiker, dem 256., wie vom «SRF» zusammengerechnet wurde, nicht hängen. Die Aktion der Muttenzerkurve gehört dazu, weil sie wohl nicht singulär bleiben wird. Mit dem Slogan «Bürogummis machen das Stadion unsicher» protestieren die Fans gegen das sogenannte Kaskadenmodell und deren Erfinder in den kantonalen Justiz- und Polizeidirektionen. Unmittelbar nach Anpfiff liessen sie Radiergummis aufs Spielfeld regnen.

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