Presseschau

bz Basel vom 11.03.2025

Endspurt im engsten Titelkampf Europas

Selten war das Stöbern in Tabellen so interessant wie aktuell in der spannenden Super League, die langsam auf die Zielgerade biegt.

Jakob Weber

Sechs Runden noch, dann wird die Liga geteilt. Elf Runden noch, dann steht der schwächste Meister Europas fest. Wenn nicht doch noch ein Team einen fulminanten Saisonendspurt hinlegt. Denn aktuell ist Servette mit einem Punkteschnitt von 1,78 pro Spiel vor KF Egnatia aus Albanien (1,85) und Steaua Bukarest aus Rumänien (1,86) der Leader mit der geringsten Punkteausbeute Europas. Eine Auszeichnung, welche die Schweiz schon seit drei Monaten wacker verteidigt.

15 Leaderwechsel nach einer kompletten Runde sind in dieser Saison dabei ebenso spektakulär wie der Leaderfluch. Nur fünfmal konnte ein Tabellenerster am Folgespieltag gewinnen. Sieben von zwölf Teams grüssten zudem in dieser Saison bereits von ganz oben.

Die Ausgeglichenheit führt dazu, dass die Super League aktuell so spannend wie lange nicht ist und an jedem Spieltag mehrere Direktduelle im Titel-, Strich- oder Abstiegsrennen stattfinden. Sowohl der Strich- als auch der Meisterkampf sind völlig offen. Die ersten acht Klubs trennen nur elf Punkte, neun Mannschaften kämpfen noch um einen Platz in der Meisterrunde, wo es nur Platz für sechs Teams hat.

Doch nicht nur die reguläre Tabelle ist in diesen Tagen besonders interessant. Es lohnt sich, auch andere Ranglisten zu betrachten.

1. Die Heimtabelle
Auf dem Wankdorf-Plastik, aber auch nur da, ist Meister YB noch das Mass aller Dinge. 15:2 lautet das Torverhältnis der letzten fünf Heimspiele der Berner, in denen unter dem neuen Trainer Giorgio Contini 13 Punkte geholt wurden. Der Heimvorteil gilt für alle zwölf Super-League-Teams und könnte in der engen Saison am Ende das Zünglein an der Waage sein.

Umso interessanter wird auf die Spielplangestalter der Super League geschaut, die Ende April die Partien für die Meisterrunde möglichst fair ansetzen wollen. Klar ist bereits, dass es für den FC Basel, YB, Zürich, Lausanne und Lugano dann nur zwei Heimspiele geben sollten, weil sie in den ersten 33 Spielen ein Heimspiel mehr absolviert haben werden. Servette, St. Gallen und Luzern besitzen für die letzten fünf Runden Anrecht auf drei Heimspiele.

Es besteht allerdings die Möglichkeit, dass die Rechnung nicht aufgeht und ein oder auch mehrere Teams in dieser Saison mit einem Heimspiel mehr bevorteilt werden. Etwas, was der neue Modus mit sich bringt und was erst kommende Saison ausgeglichen werden könnte.

2. Die Auswärtstabelle
Servette, Basel und der FC Zürich punkten auch in der Fremde zuverlässig. Bei Basel und Zürich lässt sich das zum einen mit den vielen mitreisenden Gästefans erklären. Die Genfer freut möglicherweise, dass sich ihr Kombinationsfussball auf besserem Grün als der vom Pilz befallene Acker im Stade de Genève eher umsetzen lässt. Interessant aber nicht weiter verwunderlich ist auch, dass die Kunstrasenteams YB und Lausanne auf Naturrasen grössere Probleme bekunden.

3. Die Jahrestabelle
Servette hat zuletzt fünf Spiele in Folge gewonnen. Etwas, was in dieser Saison noch keinem anderen Team in der Liga gelungen ist. Niemand hat in diesem Jahr mehr Punkte geholt als die Genfer. Doch einen grossen Vorsprung haben Häberlis Grenats dennoch nicht.

Gut möglich, dass am Ende das Team den Titel holt, das in der Meisterrunde im Mai am besten punktet. Und mit einem guten Zwischen-Endspurt im April könnte sogar Sion noch den Sprung in die Top 6 schaffen.

4. Die Verspieler
Der Vorletzte GC wäre mit 51 Zählern Leader, wenn es alle Punkte nach Führungen ins Ziel gebracht hätte. Servette wäre bereits fünf Punkte enteilt und St. Gallen hätte YB und Lugano hinter sich gelassen. Auch der FC Basel hat bereits 13 Punkte nach Führungen verspielt. In diesem Jahr gegen Lausanne, St. Gallen und Luzern.

Ein grundsätzliches Problem sieht FCB-Trainer Fabio Celestini darin aber nicht. «Das Momentum wechselt in dieser Liga oft, denn die Differenz ist nicht gross. Wenn du oben stehen willst, muss du zwei Halbzeiten gut sein.» Das gelingt aber weder dem FCB noch der Konkurrenz regelmässig.

5. Die Aufholer
Am abgezocktesten ist der FC Lugano. 22 Punkte nach Rückständen sind einsame Spitze. Auch Luzern hat sich als Comeback-Team mit grosser Moral einen Namen gemacht. «Individuell ist uns der FCB überlegen, aber als Team und mit Tugenden wie Wille und Einsatz können wir mithalten», erklärt FCL-Trainer Mario Frick, der froh war, dass sein Team am Sonntag nach der Pause den Respekt vor dem grossen FC Basel ablegte.

Ob ein Team wie Lugano, dass öfter als Sion, GC und Yverdon in Rückstand gerät, am Ende Meister werden kann, ist mehr als fraglich. Zuletzt fehlte den Tessinern die Kraft, die Spiele noch zu drehen.

6. Die xG-Tabelle
Aufgrund der Torwahrscheinlichkeit der herausgespielten Abschlüsse sollte der FC Basel die Tabelle anführen. Er hat sich mit 46 Punkten auch ziemlich genau den Wert erspielt, der aufgrund der Chancen zu erwarten war. Servette ist dagegen das Team, das deutlich über den Verhältnissen spielt. Oder, um es positiv auszudrücken, aus seinen Chancen am meisten Profit schlägt.

7. Das Torverhältnis
Dass der Zweite in den Direktduellen mit dem Leader ein Torverhältnis von 10:3 hat, sagt auch einiges über die Super League aus. Immer noch hat der FC Basel mit 56 erzielten Toren vor Luzern (47) und Servette (45) die mit Abstand beste Offensive der Liga.

Auch hinten steht Rotblau relativ sicher. Nur 29 Gegentore sind vor YB (34) und Servette (36) ebenfalls mit Abstand Bestwert. Das Torverhältnis von plus 27 sucht seinesgleichen und könnte ein Basler Trumpf im Saisonfinale sein.

8. Die Achter-Liga
Um die Qualität in den Direktduellen der möglichen acht Meisterkandidaten zu analysieren, lohnt sich ein Blick auf eine fiktive Achterliga. Hierfür wurden alle Punkte aus Begegnungen gegen Winterthur, Yverdon, GC und Sion gestrichen. Wie Phönix aus der Asche steht so der FC St. Gallen ganz oben, der gegen Winterthur und Yverdon von 18 möglichen Punkten nur zwei geholt hat. Abgeschlagen sind in den Duellen mit der direkten Konkurrenz Lausanne und der FC Zürich.

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